Yakuza Graveyard

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Yakuza no hakaba: Kuchinashi no hana
Kategorie
Neo Noir
Land
JPN
Erscheinungsjahr
1976
Darsteller

Tetsuya Watari, Meiko Kaji, Tatsuo Unemiya, Hideo Murota, Jûkei Fujioka

Regie
Kinji Fukasaku
Farbe
Farbe
Laufzeit
96 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 

Osaka, Japan: Bei einem Baseballspiel kommt es im Eingangsbereich des Stadions zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern rivalisierender Yakuza-Clans, es fallen Schüsse… Tags darauf gibt Polizeipräsident Muramoto (Nagisa Ôshima) vor den Spitzen seiner Behörde eine Stellungnahme ab. Er weist darauf hin, dass die wirtschaftliche Rezession auch die Yakuza-Banden nötige, sich neue Finanzquellen zu erschließen, was sie in Revierkämpfe treibe. Man müsse die Situation entschärfen, ohne das in der Öffentlichkeit ohnehin geringe Ansehen der Polizei durch Gewaltanwendung weiter zu schädigen… In einer Pachinko-Halle im Bezirk Minami sitzt Kuroiwa Ryu (Tetsuya Watari) vor einem Automaten, als es in dem Lokal zum Streit kommt und ein Kunde des Betrugs bezichtigt und hinausgeworfen wird. Kuroiwa nutzt die Gunst der Stunde, sammelt die Pachinkokugeln des abwesenden Spielers ein und lässt sich an der Kasse auszahlen. Doch die Aufpasser sind im Nu zurück und machen ihm klar, dass sie seinen Betrugsversuch ebenfalls mitbekommen hätten. Reumütig gibt Kuroiwa Ryu ihrem Wortführer, Wakamoto Hideo (Jirô Yabuki), das Geldbündel, doch sind die fünf Kerle stets unzufrieden. Sie platzieren zwei Faustschläge in seine Magengrube: erst dann ziehen sie ihres Weges. Der eben noch kleinlaute, am Boden liegende Kuroiwa Ryu berappelt sich und zieht sich in Sekundenschnelle um, hat er die dafür notwendigen Utensilien doch dabei. Dann nimmt er von Wakamoto Hideo und dessen Kumpel Kusumuto Masaharu (Masataka Iwao) die Verfolgung auf... 

 

Hart und trostlos, wie man es von einem japanischen Yakuzafilm der 70er Jahre erwarten kann, nachdem die in Japan vergleichbar der italienischen Mafia in Clans aktive Verbrecherorganisation ab den 60er Jahren die historischen Samurai-Abenteuer im Kinofilm abgelöst hatte. Zugleich geht der in seiner Zeit bereits zur Meisterschaft gelangte Regisseur Kinji Fukasaku (Battles Without Honor And Humanity, JPN 1973) weit darüber hinaus. Seine vorerst letzte Produktion in dem Genre ist ein Zeitgemälde ohnegleichen, indem es sein Publikum in einer für das Land seiner Entstehung außergewöhnlichen Weise über Korruption, Rassismus und Armut ins Bild setzt. Bald wird deutlich, dass der im Ausbruch befindliche Konflikt zwischen dem Yamashiro-Clan und einem kleineren, Nishida benannten Syndikat ein ungleicher ist, darin es um Finanzströme geht, mit denen ihre Oberhäupter sich die Gunst der Mächtigen in Politik und Verwaltung erkaufen. Manche lassen sich gar von beiden Seiten aushalten, indessen sie darüber entscheiden, wer am Ende als Gewinner und wer als Verlierer dasteht. Kuroiwa Ryu ist ein Polizist, der ehrlich bleiben will, jedoch zu physischer Gewalt neigt und in seinen Methoden nicht anders als ein Yakuza vorgeht. Er ist ein Kind der Straße, nach deren Gesetzen er urteilt und handelt, wie vor ihm Police Detective Jimmy "Popeye“ Doyle (Gene Hackman) in William Friedkins Brennpunkt Brooklyn / French Connection (USA 1971) oder Inspektor Harry Callahan (Clint Eastwood) in Don Siegels Dirty Harry (USA 1971). Aber sowohl mit der Ehrlichkeit als auch mit den Methoden kommt er seinen Vorgesetzten in die Quere, die ihre eigene Agenda umsetzen wollen. Sein Chef Akama (Nobuo Kaneko) steht auf der Lohnliste von Sugi Masaki (Takuya Fujioka), dem Oberhaupt der Nishida. Der Polizeipräsident lässt sich jedoch auf einen Deal mit dem Yamashiro-Clan ein, dessen Finanzverwalter der skrupellose Teramitsu Abara (Kei Sato) ist, zugleich Vizepräsident der städtischen Polizei. Je mehr Kuroiwa Ryu in seiner Besessenheit dem Clan zu Leibe rückt, desto mehr ist jener darauf aus ihn kaltzustellen. 

 

© Rapid Eye Movies

“The 1976 yakuza neo-noir Yakuza Graveyard (…) is one of the films that helped to usher in the new era of gritty, violent yakuza crime films”, schreibt Brandon A. Duhamel für Theater Byte in seiner Besprechung des Films. Tatsächlich übernahm 13 Jahre später Takeshi Kitano vom erkrankten Kinji Fukasaku die Regie für Violent Cop (JPN 1989) und lieferte damit seinen ersten eigenen Neo Noir mit ihm selbst vor und hinter der Kamera ab. Die Einflüsse des Älteren auf quasi seinen Nachfolger sind unübersehbar. So unterhält Kuroiwa Ryu aus Verantwortung ein Verhältnis mit Hatsue Arai (Takako Yagi), die er vor dem Selbstmord bewahrte, nachdem er als Polizist ihren Liebhaber, einen Gangster, erschossen hatte. Als Kuroiwa Ryu im Zug seiner Ermittlungen sich in Matsunaga Heiko (Meiko Kaji) verliebt, muss er feststellen, dass die nach außen starke Schatzmeisterin des Hishida-Clans unter dem Rassismus leidet, dem sie als halbe Koreanerin ausgesetzt ist und der sie in die Heroinabhängigkeit trieb. Ausgerechnet in Iwata Goro (Tatsuo Unemiya), im Nishida-Clan Sugi Masakis Mann fürs Grobe, findet Kuroiwa Ryu schließlich einen aufrichtigen Seelenverwandten... Tôru Nakajimas Kameraarbeit an Drehorten inmitten der Stadt sorgt für einen ungewöhnlichen Mix aus wilden, pseudodokumentarischen Straßenszenen und puktgenau inszenierten Bildkompositionen – mal auf engstem Raum, mal unter freiem Himmel. Yakuza Graveyard ist für mich nicht das Meisterwerk, zu dem es durch Quentin Tarantino & Co. heute hochstilisiert wird. Doch bleibt es ein bemerkenswertes Stück Kinogeschichte, dass im Betrachter lange nachwirkt und definitiv einen ganz eigenwilligen Stil fürs sich markiert. Sehenswert! 

 

Die deutsche DVD-Edition (2006) der Rapid Eye Movies als Digipack im Pappschuber wird dem Anspruch mehr als gerecht: exzellente Bild- und Tonqualität sowie ungekürzt und im Originalformat, das Ganze auf Japanisch mit optional englischen oder deutschen Untertiteln. Hinzu kommt eine opulente Ausstattung inkl. Poster und Postkarten, dazu ein Interview mit dem Japan-Experten Mark Schilling und der Kinotrailer als Extras. Später erschien der Film nochmals in Rapid Eye Movies‘ Serie Nippon Classics als DVD (2011), diesmal ohne Poster und Karten. Eine Blu-ray disc (2022) gibt es bis dato nur international.

 


 

Neo Noir | 1976 | International | Kinji Fukasaku | Tetsuya Watari | Kin Sugai

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