Peter van Eyck, Betta St. John, Mandy Miller, Grégoire Aslan, William Franklyn
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
In einer britischen Villa an der italienischen Riviera nahe San Remo läuft des Nachts auf dem Grammophon ein Walzer, bevor eine Hand in Gummihandschuhen die Stahlnadel aus der Leerrille der Schellackplatte nimmt. Paul Decker (Peter van Eyck) schließt Tür- und Fensterrahmen des Zimmers mit einem Klebeband luftdicht ab und drapiert einen zusammengerollten Teppich vor der Flügeltür zum angrenzenden Raum. Er nimmt zwei Gläser, in denen sich Milch befindet, eines nahezu leer, und trägt sie in ein angrenzendes Badezimmer. Dort gießt er die Milch ins Waschbecken, spült die Gläser aus und stellt sie in den Arzneischrank zurück. Erneut geht Decker ins Wohnzimmer, prüft seine Vorkehrungen und zieht aus der Hosentasche einen Schlüssel, mit dem er das unterste Fach eines Schranks aufschließt. Daraus entnimmt er zwei lange, aufgerollte Gummischläuche, bevor er mit dem Schraubenzieher eine unter einem Teppich verborgene Falltür im Holzboden öffnet. Er kriecht in einen darunter liegenden, niedrigen Raum und schraubt die Schläuche mittels der daran befestigten Schlauchklemmen an die Enden einer Luftleitung, die ins Freie führt. Als er der Geheimkammer, darin er nur liegen kann, entsteigt, ist seine Kleidung verstaubt. Sorgsam löscht Decker die Gaslaternen, die das Zimmer bislang erhellten. Sodann blickt er auf seine Ehefrau auf dem Canapé, die er mittels eines Mittels in der Milch betäubte und dreht die Gasleitungen nach und nach wieder auf, bevor er die Enden der Luftschläuche auf eine Taucherbrille montiert…
International bekommt dieser britische Thriller der Hammer Films viel Aufmerksamkeit und positive Bewertungen. Mich hat er nicht sehr begeistern können. Im Grunde dreht sich alles um den Gimmick der gelungenen Eingangssequenz. Der skrupellose Paul Decker ermordet seine Ehefrau mithilfe von Gas. Dank einer Vorrichtung, die es ihm erlaubt sich in einem Versteck unter den Dielen mit Luft zu versorgen, sind der Inspektor der örtlichen Polizei (Grégoire Aslan) und Mr. Wilson (William Franklyn), ein an der Riviera lebender Beamter des britischen Konsulats, jedoch überzeugt, dass er nicht anwesend war und seine Ehefrau Selbstmord begangen habe. Jenseits davon geht es einzig um die Frage, ob Wilson, die Polizei und die ihrem Stiefvater feindlich gesonnene Candy Brown (Mandy Miller) Decker überführen können oder nicht. Dazu bringen Drehbuch und Regie den Teenager in die gleiche Lage, in der sich bereits Tommy Woodry (Bobby Driscoll) in Ted Tetzlaffs Film Noir Das unheimliche Fenster (USA 1949) nach einer Kurzgeschichte Cornell Woolrichs befand. Niemand schenkt Candy Glauben. Nun war sie am Abend des Mordes zwar persönlich nicht anwesend. Doch hat sie einige Jahre zuvor miterleben müssen, wie Decker ihren leiblichen Vater bei einem vermeintlichen Bootsunglück ertränkte, bevor er dessen Witwe, Candys Mutter, ehelichte. Schon damals hatte den Schilderungen der Achtjährigen niemand Glauben geschenkt. Das gilt jetzt auch für ihren Verdacht, dass Erbschleicher Paul hinterm Tod ihrer Mutter stecke, die nach ihrer Auffassung keinesfalls Suizid begangen und ihre Tochter sich selbst überlassen hätte. Um Candys Zwangslage – die Erwachsenen schätzen und mögen sie, glauben ihr aber nicht, indessen Paul bald auch sie loswerden will – über eine zähe Strecke von 91 Minuten zu bringen, wird das Ganze zunehmend hanebüchen. Während Candy Paul langsam auf die Schliche kommt, sind der Inspektor, die langjährige Freundin des Hauses Jean Ewards (Betta St. John) und Wilson konsequent mit Blindheit geschlagen.
Das Maß an Inkompetenz und Leichtgäubigkeit, dank dessen sich alle gegenseitig davon überzeugen, dass Mrs. Decker sich umgebracht habe und der erfolglose Schriftsteller Paul, nach dem Unfalltod ihres ersten Gatten in dessen Beisein wiederum ihr Ehemann, welcher in den Genuss ihres Vermögens kommen wird, völlig unschuldig sei, ist absurd. Auch ansonsten hapert es. Peter van Eyck war ein guter Schauspieler, die 13-jährige Mandy Miller nicht so sehr. Das erkennt man sofort in ihrer ersten Szene, wenn sie am Morgen nach der Tat aus England kommend unerwartet in der Villa und damit am Tatort eintrifft. Ihre Erregung und Trauer wirken forciert, und auch Jean Edwards erscheint bei weitem zu kontrolliert und gefasst. Abgesehen vom Schnorchel als Gimmick erinnert manches an Michael Curtiz‘ Film Noir The Unsuspected (USA 1947). Auch hier kennt man den Mörder von Anbeginn, indessen die Mitglieder seines Haushalts ihm vollends vertrauen, allerdings inklusive seiner reichen Nichte Mathilda Frazier (Joan Caulfield), deren Vormund der Onkel nur noch für kurze Zeit sein soll… Diesem heute geschätzten Klassiker kann Der Schnorchel nicht das Wasser reichen, der seinerzeit an der Kinokasse floppte. Wer einen vertrackten, ebenfalls an einer Küste Südeuropas angesiedelten Thriller in Schwarzweiß sehen möchte, greift besser zu Michael Andersons Flüsternde Schatten (UK 1958) mit Anne Baxter, Richard Todd und Herbert Lom.
Unterm Originaltitel The Snorkel gibt es in Großbritannien eine Blu-ray Disc (2021) und zwar von Powerhouse Films Ltd. in deren Indicator Series mit dem Film ungekürzt im Originaformat, sowohl bild- als auch tontechnisch topp restauriert. Die Extras umfassen die Features Undercover Killer: Inside The Snorkel, Hammer’s Women: Kat Ellinger on Betta St John, Peter Allchorne and Hugh Harlow Remember The Snorkel und Four-Note Fear: David Huckvale on Composer Francis Chagrin and The Snorkel. Dazu gibt es den original Kinotrailer, das ursprüngliche Finale und Ende des Werks und eine Bildergalerie. Für einen Film dieser Liga fast schon unglaublich. Als DVD liegt der Film als La máscara submarina in einer spanischen Ausgabe (2016) von La casa del cine para todos vor und zwar mit Originalton und optional spanischen Untertiteln. Er ist zudem Teil der mit 6 Filmen bestückten 3-DVD Hammer Films: The Icons of Suspense Collection (2010) und der auch sechs Filme beinaltenden 2-DVD Hammer Film Collection – Volume Two (2016) – beide via Sony Pictures Home Entertainment nur in den USA veröffentlicht und damit Regionalcode 1.