Heißes Pflaster

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Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Rogue Cop
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1954
Darsteller

Robert Taylor, Janet Leigh, George Raft, Steve Forrest, Anne Francis

Regie
Roy Rowland
Farbe
s/w
Laufzeit
92 min
Bildformat
Vollbild

 


 

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© Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.

Eine Frau verlässt den Hintereingang eines Theaters und geht zügigen Schritts einen Boulevard hinunter, bis sie eine Penny Arcade betritt und ein Mann am Flipper bei ihrem Anblick flugs in eine benachbarte Telefonzelle huscht. Dort verstaut er ein gefaltetes Papier und kommt wieder heraus. Sodann geht die Frau hinein, schließt die Tür und nimmt das Päckchen, bevor sie unterm Wandapparat einige Banknoten hinterlegt. Kaum hat sie den Ort ihres Drogenkaufs verlassen, tritt George “Wrinkles“ Fallon (Peter Brocco) hinzu, zückt ein Messer und ersticht den Dealer, nachdem er ihn noch wissen ließ, dass er im falschen Gebiet unterwegs sei. Als Fallon in seinen vor der Tür geparkten Wagen einsteigt, klärt ihn Streifenpolizist Eddie Delaney (Steve Forrest) darüber auf, dass er seine Parkerlaubnis überzogen und deshalb eine Strafgebühr zu zahlen habe. Fallon versucht eben den Beamten zu beschwichtigen, als aus der Spielhalle Schreie ertönen und Delaney sich veranlasst sieht, dem auf den Grund zu gehen, was George Fallon die Gelegenheit gibt, sich aus dem Staub zu machen… Als Police Detective Sidney Y. Myers (Robert Ellenstein) um halb zehn ins Revier kommt, sitzt Detective Sergeant Christopher Kelvaney (Robert Taylor) von der Mordkommission im Aufenthaltsraum beim Poker. Myers erwähnt gegenüber Chris Kelvaney, dass dessen Bruder Eddie in einem Mordfall den Hauptverdächtigen gesehen habe. Chris fragt verblüfft nach, ob er ihn auch identifizieren könne, während Myers einem der Spieler ein Sandwich abkauft…

 

Roy Rowlands Heißes Pflaster erschien im gleichen Jahr wie Howard W. Kochs Freibrief für Mord (USA 1954) und Richard Quines Schachmatt (USA 1954). Amtsmissbrauch und Korruption im Staatsapparat, namentlich in der Polizeibehörde, ist in diesen drei dem Film Noir zugehörigen Produktionen das zentrale Thema. Als Polizist ist man in einer US-amerikanischen Metropole einem hohen Berufsrisiko ausgesetzt und die Besoldung durch Vater Staat lässt einen in Zukunft nie über die Grenzen einer kleinbürgerlichen Existenz hinauskommen, wo für Frau und Kinder bestenfalls das Nötigste drin wäre. Aus dem Dilemma gibt es für Detective Sergeant Christopher Kelvaney einen Ausweg, der sich geradewegs anbietet und alles andere als kompliziert ist. Er lässt sich als Polizeibeamter vom organisierten Verbrechen ein zweites, bedeutend höheres Gehalt zahlen, übernimmt hier und dort Gefälligkeiten, die den Stand der Dinge stabilisieren helfen, und sieht sich in der Lage, einen gänzlich anderen Lebensstil zu führen. Der unverheiratete Mittvierziger Kelvaney, desillusioniert und streetwise, ist ein Einzelgänger, und dass das Verhältnis zum jüngeren Bruder Eddie (Steve Forrest), dem ehrlichen und linientreuen Beamten aus einer langen Polizistendynastie, etwas getrübt und sporadisch wurde, stört ihn nicht weiter. Doch eines Tages macht sein Kontakt zur Unterwelt, der mächtige Dan Beaumonte (George Raft), dem von ihm geschmierten Kelvaney klar, dass jener vom diensteifrigen Bruder an einem Tatort gesichtete Ganove George Fallon nicht identifiziert werden und aus der Untersuchungshaft entlassen werden müsse. Chris muss folglich Eddie überreden, gleichermaßen zwei Augen zuzudrücken, was womöglich nicht funktionieren und für sie bedrohlich werden könnte, denn das Syndikat wird auf keinen Fall ein Risiko eingehen.

 

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© Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.

Metro-Goldwyn-Mayers Film Noir Heißes Pflaster beginnt ungemein stark, baut in seinem ersten Drittel ein vielversprechendes Szenario auf, voller Härten und Zynismen, die wie einst bei Sam Spade oder Philip Marlowe aus Chris Kelvaney hervorsprudeln. In der Folge verflacht der Film: Christopher Kelvaney ist nun im Minutentakt bei Karen Stephanson (Janet Leigh), Nachtclubsängerin und ex-Verlobte des inzwischen ermordeten Eddie Kelvaneys zu Besuch – beschimpft und demütigt sie, bringt die Zeugin Nancy Corlane (Anne Francis) bei ihr unter oder hat sonst einen Grund. Dann verschwindet Karen sang- und klanglos aus dem Film, und in einem hastigen Finale wird der gordische Knoten per Waffengewalt zerschlagen. Nach seiner Katharsis kehrt ein reumütiger und fortan ehrlicher Christopher Kelvaney in den Staatsdienst zurück. Kurzum, der Film banalisiert die in seiner ersten Hälfte als vermeintlich komplex zur Schau gestellten Verhältnisse zwischen Staatsgewalt und organisierter Kriminalität. Er führt die Zuschauer schnurstracks auf das sichere Terrain von Gut vs. Böse zurück, so wie es in der McCarthy-Ära dem Kinopublikum fast immer verkauft wurde. Damit ist Heißes Pflaster trotz seiner Härten ein Abklatsch besserer Werke aus dem Kanon des Film Noirs und so konservativ wie sein Hauptdarsteller Robert Taylor, der einst vor dem House Committee on Un-American Activities (HUAC) aus blindem Patriotismus Kollegen denunziert hatte und dafür in Hollywood von ebensolchen Kollegen verachtet wurde. Für den Film-Noir-Freund gilt: Kann man, muss man sich aber nicht anschauen.

 

Unterm italienischen Titel Senza Scampo existiert eine bild- und tontechnisch halbwegs akzeptable italienische DVD-Ausgabe (2018) von A&R Productions S.a.s., ungekürzt und im Originalformat mit dem englischen Originalton und der italienischen oder spanischen Kinosynchronisation, den original Kinotrailer und eine Bildergalerie mit Werbematerial als Extras. Obwohl dieser Tage weltweit zweitklassige Krimis und andere Werke der 40er und 50er Jahre als “Film Noir“ etikettiert werden und auf Blu-ray erscheinen, gibt es von Heißes Pflaster, einem waschechten Film Noir seiner Zeit, nur diese alles andere als hochwertige Edition.

 


Film Noir | 1954 | USA | Roy Rowland | John F. Seitz | Anthony Ross | George Raft | Peter Brocco | Ray Teal | Robert Taylor | Vince Edwards | Janet Leigh

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