Mrtvý mezi zivými

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
****
Originaltitel
Mrtvý mezi zivými
Kategorie
Film Noir
Land
CSK
Erscheinungsjahr
1947
Darsteller

Karel Höger, Zdenka Procházková, Lída Matoušková, Eduard Dubský, Václav Irmanov

Regie
Bořivoj Zeman
Farbe
s/w
Laufzeit
84 min
Bildformat
Vollbild

 


 

 Dead Man Among The Living-Poster-web1_0.jpgDead Man Among The Living-Poster-web3.jpgDead Man Among The Living-Poster-web2.jpgDead Man Among The Living-Poster-web4.jpg

 

Die Kleinstadt Liderice in der Tschechoslowakei hat ein Postamt, wo am heutigen Spätnachmittag kurz vor sechs Uhr der Postbeamte Robert Munk (Eduard Dubsky) sehnsüchtig zur Wanduhr blickt, indessen seine Kollegen Jiří Valta (Karel Höger) und Emil Klecka (Milos Hájek) hinter ihren Schaltern fleißig weiterarbeiten. Valta stempelt für einen Kunden sogar noch dessen Brief, nachdem Munk seinen Schalter um Punkt sechs geschlossen und jenem die Gefälligkeit verweigert hatte. Ferner Donner kündigt ein Gewitter an und alle haben es eilig nach Hause zu kommen, ohne nass zu werden, vor allem Robert Munk. Mit seinem Schlüsselbund macht der Wärter (Jindrich Láznicka) die Runde und verschließt alle Türen bis auf den Haupteinang zur Straße hinaus, in der er seinen Bund auf der Innenseite stecken lässt, wie er den zurückbleibenden Beamten mitteilt, bevor er selbst sich auf den Heimweg begibt. Munk, Valta und Klecka müssen noch das im Postamt verbleibende Bargeld in seinen mit Banderolen verschnürten Bündeln zählen, etwa 50.000 Kronen in drei metallenen Geldkassetten, bevor auch sie ihren Feierabend antreten können. Es beginnt zu regnen und noch immer sind sie beschäftigt, als die Klinke der Eingangstür von außen gedrückt wird, ohne dass sie es bemerken. Als Jiří Valta nicht im Raum ist, sieht Emil Klecka plötzlich den Lauf einer Pistole auf sich gerichtet, schlägt jedoch mit einem Aschenbecher auf den Eindringling ein, bevor er selbst niedergeschlagen wird und bewusstlos zu Boden geht….

 

“The director Bořivoj Zeman (…) attracted attention with his feature debut, the psychological drama with detective elements, A Dead Man Among the Living”, schreibt Veronika Zýková in ihrer Beschreibung des Werks im Programm des Noir Film Festivals 2022 in Český Šternberk, Tschechien, und erwähnt damit auch den internationalen Titel, unter dem der Film heute aufgeführt wird. Der genügsame und mit der Gärtnerin Helena Fejfarová (Zdenka Procházková) glücklich verlobte Postangestellte Jiří Valta wird durch den Überfall auf seine Filiale in Liderice aus seinem Alltagstrott geworfen und für die Polzei zu einem Verdächtigen und für die Gemeinde zu einem Mitschuldigen. Weil nämlich seine Kollegen Emil Klecka und Robert Munk entweder getötet oder zumindest leicht verwundet wurden, werden sie zu Helden stilisiert, die den bewaffneten Gangstern das ihnen anvertraute Geld nicht aushändigten, sondern es verteidigten. Valta jedoch, der in Anbetracht von zwei auf ihn gerichteten Pistolen seine Geldkassette kampflos übergab, wird schon bald von Jung und Alt der Feigheit bezichtigt. Ist man eingangs froh, dass er das schreckliche Ereignis überlebte, macht im Städtchen bald niemand einen Hehl aus seiner Verachtung für jenen Beamten, der in der Minute, die über sein Leben oder seinen Tod entschied, das Weiterleben für sich wählte. Indessen die Sache sich zuspitzt und seine Isolation bis in die eigenen vier Wände vordringt, sucht Valta kurzzeitig sein Heil im Alkohol, um bald Marta Klecková (Lída Matoušková) und deren achtjähriger Tochter Janka (Jana Hrdlicková) zu helfen, die trotz des Heldenruhms ihres verstorbenen Ehemanns und Vaters von der staatlichen Fürsorge im Stich gelassen werden. Als die Situation auf dem Postamt für ihn unerträglich wird, fährt Jiří Valta fortan mit dem Postzug übers Land und bezieht Quartier in Prag.

 

 

Interessanterweise basiert der Film auf dem Roman Zwei Lebende und ein Toter (EA 1931, auf Deutsch 1932) des norwegischen Autors Sigurd Christiansen, der sechs Jahre nach Erscheinen in seiner Heimat verfilmt worden war und zwar unterm Originaltitel To levende og en død (NOR 1937). Bořivoj Zemans beeindruckende Adaption ist die zweite, welcher in kommenden Jahrzehnten fürs Kino und fürs Fernsehen weitere nachfolgten, u.a. jene von Anthony Asquith als Two Living, One Dead (UK 1961) mit Patrick McGoohan in der Hauptrolle. In der tschechoslowakischen Verfilmung stechen sowohl Petr Rovnýs Kameraarbeit, der immer zuverlässige Karel Höger (Zde jsou lvi, CSK 1958) und einzelne Szenen wie Emil Kleckas Tod im Krankenhaus deutlich heraus. Nach den ersten zwei Drittteln geht es mit der Handlungsentwicklung leider bergab, welche die Zuschauer zuletzt etwas ratlos zurücklässt. Ist der Film über weite Strecken eine feinsinnige Charakterstudie und eine Enttarnung von Scheinheiligkeit und Speichelleckerei in kleinbürgerlichen Mikrokosmen voller Engstirnigkeit, gerät der Schlussakkord ein wenig banal und allzu leicht. Im Ganzen bleibt Mrtvý mezi zivými dennoch ein dunkles und fein inszeniertes Drama und belegt, wieviel Klasse das tschechoslowakische Nachkriegskino im Kontext des Kriminalfilms und des Film Noirs stets zu bieten hat.

 

Eine DVD-Edition (2022) des Noir Film Festivals in Tschechien und des Národní filmový archiv bringt den Film unter dem Originaltitel Mrtvý mezi zivými ungekürzt und im Originalformat mit dem tschechischen Ton und mit optional englischen und tschechischen Untertiteln, bild- und tontechnisch exzellent restauriert und unbedingt empfehlenswert. Als Extra gibt es das Feature Noir Film Festival – against the flow of time.

 


Film Noir | 1947 | International | Bořivoj Zeman | Eduard Dubský | Karel Höger | Rudolf Deyl

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.