Fat Man, The

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
****
Originaltitel
The Fat Man
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1951
Darsteller

J. Scott Smart, Julie London, Rock Hudson, Clint Sundberg, Jayne Meadows

Regie
William Castle
Farbe
s/w
Laufzeit
95 min
Bildformat
Vollbild

 


 

The Fat Man-Poster-web2.jpg The Fat Man-Poster-web1.jpg The Fat Man-Poster-web3.jpg

© Universal-International Pictures Inc.

New York: Ein Mann im Anzug, Hände in Handschuhen und auf dem Kopf einen Fedora, begibt sich am späten Abend ins Westbrook Hotel, wo er über den feuchten Kachelboden der Lobby und mitten durch die dort arbeitenden Putzkräfte läuft. Vor der Anzeigentafel stehend sieht er, dass Zahnarzt Dr. Henry Bromley (Ken Niles), Teilnehmer an der Dental Convention, in Zimmer 1812 wohnt. Er klopft an und Bromley öffnet ihm persönlich. Nachdem er sich vergewissert hat, dass jener wirklich der Zahnarzt ist, schlägt der Besucher ihn nieder. Sofort beginnt er Dr. Bromleys Arbeitspapiere zu inspizieren, bis er in einem Kuvert findet, wonach er sucht, die Röntgenaufnahme von den Zähnen eines Patienten. Er nimmt den Umschlag an sich, steckt die anderen zurück und flößt Bromley, den er bewusstlos in einem Sessel platzierte, aus einem mitgebrachten Flakon ein Schlafmittel ein, das er mit dessen Fingerabdrücken versehen auf dem Schreibtisch platziert. Sodann öffnet er ein Fenster in den Hof, reißt eine Gardine herab, die er Bromley um den Arm wickelt, und stößt den Bewusstlosen in die Tiefe und in den Tod. In dem mechanischen Gang, der ihn herbrachte, verlässt der Mann das Zimmer und geht in den Korridor hinaus, wo in dem Augenblick der Aufzug ankommt. Dr. Bromleys langjährige Sekretärin Jane Adams (Jayne Meadows) tritt aus dem Lift, indessen der Mörder ihres Arbeitgebers einsteigt… Für Police Detectice O’Halloran (Parley Baer) und für Frank (Charles Sherlock), den Mann von der Spurensicherung, ist die Sache eindeutig ein Unfall…

 

Von Januar 1946 bis zum September 1951 lief bei ABC Radio Network die Hörspielreihe The Fat Man, die mit dem Slogan “Dashiell Hammett’s most exciting character“ vom berühmten Autoren des in den 30er und 40er Jahren mehrfach verfilmten Kriminalromans The Maltese Falcon (EA 1931, auf Deutsch 1955 als Der Malteser Falke) beworben wurde. Sprecher des New Yorker Privatdetektivs Brad Runyon, zentrale Figur aller Erzählungen, war der über 130 Kilogramm schwere J.Scott Smart, und mit Ed Begley, Paul Stewart und Betty Garde fanden sich einige namhafte Hollywoodschauspieler im Ensemble. Es ist jedoch fraglich, inwieweit der Detektiv tatsächlich auf Dashiell Hammett zurückgeht, der weder Kurzgeschichten noch Romane mit und über Runyon verfasste und dessen Mitwirkung an der Rundfunkserie nicht belegt ist. Man darf davon ausgehen, dass ein solcher Charakter aus der Feder des Mannes, der mit The Thin Man (EA 1934, auf Deutsch 1952 als Der dünne Mann), der ja ebenfalls Privatdetektiv war, längst seinen letzten Roman verfasst hatte, zu schön war (gewesen wäre), um auf diese Werbung zu verzichten. Im Mai 1951 trat The Fat Man aus dem Dunkel des Äthers heraus und war auf der Kinoleinwand zu sehen und zwar in einer Produktion der Universal-International Pictures mit William Castle auf dem Regiestuhl und mit J. Scott Smart persönlich in seiner Rolle des Radiodetektivs. Zudem verortete man ein Werk mit solchen Wurzeln in der Sparte des stets populären Film Noirs. Julie London trat im legendären Kleid Ava Gardners aus Robert Siodmaks Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) vor die Kamera. Jerome Cowan, in John Hustons Dashiell-Hammett-Adaption Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941) des Privatdetektivs Sam Spades (Humphrey Bogart) glückloser Partner Miles Archer, verkörperte Police Lieutenant Stark. Als Dreingabe gab es einen 25-jährigen Rock Hudson in seiner ersten wirklich nennenswerten Filmrolle.

 

The Fat Man-lc-web1.jpg The Fat Man-lc-web3.jpg The Fat Man-lc-web2.jpg

© Universal-International Pictures Inc.

„You couldn’t really call it a beginning. First time I met Roy was more like a finish for me.” Der Film ist eine B-Produktion, relativ dialoglastig und nicht alle humorigen Einlagen sind exquisit. Dennoch war ich positiv überrascht. Der Einfluss Robert Siodmaks geht über das Kleid des Callgirls Pat Boyd (Julie London) klar hinaus. In einer Rückblende werden die Zuschauer Zeuge eines spektakulären Überfalls auf einen Geldtransport, der demjenigen in Gewagtes Alibi (USA 1949) ebenbürtig ist, und die Zahl der verschachtelten Rückblenden tritt zu Rächer der Unterwelt / Die Killer (USA 1946) in Konkurrenz. Auch ist die erste Einstellung, darin der Schattenriss des Killers mit Hut auf dem Asphalt sichbar wird, eindeutig eine Hommage an Robert Siodmaks Meisterwerk. Im Übrigen gibt J. Scott Smart den Privatdetektiv mit dem Charme des erfahrenen Theaterschauspielers und glänzt trotz seines Körpergewichts mit einer Tanzeinlage von Rang. Das Ensemble der Nebendarsteller ist perfekt gewählt - neben Cowan überzeugen Robert Osterloh, John Russell und Jayne Meadows; die Beteiligung des seinerzeit berühmtesten Zirkusclowns Emmett Kelly ist ein weiterer Bonus. Überraschend hart und teils tragisch ist The Fat Man ein Beleg dafür, dass William Castle als ein für die Ära klassischen Film Noirs relevanter Regisseur gesehen werden sollte, in seinem Stellenwert bis auf den heutigen Tag unterschätzt. Castles Dramaturgie und die Inszenierung mittels Kameramann Irving Glassberg (The Web, USA 1947) sind erstklassig. Ironie des Schicksals: Nachdem Dashiell Hammett sich geweigert hatte, vor dem House Committee on Un-American Activities (HUAC) die Namen vermeintlicher Kommunisten preiszugeben, wurde er (wegen Missachtung des Gerichts) zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt. In den USA der McCarthy-Ära war sein Ruf damit ruiniert. ABC Radio Network stellte die Rundfunkreihe The Fat Man im September 1951 ein. Auch zu einer Fortsetzung dieses ersten Films mit Private Eye Brad Runyon, der nirgendwo in Vor- oder Abspann Dashiell Hammetts Namen nennt, kam es nicht.

 

Bis heute (2022) gibt es weltweit keine BD- oder DVD-Edition des inzwischen in der Public Domain befindlichen Films, der online ungekürzt in einer bild- und tontechnisch unterdurchschnittlichen Fassung mit dem Originalton ohne Untertitel und im korrekten Bildformat zur Verfügung steht.

 


Film Noir | 1951 | USA | William Castle | Dashiell Hammett | Charles Drake | Jerome Cowan | John Russell | Marvin Miller | Peter Brocco | Robert Osterloh | Rock Hudson | Julie London

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.