Adele Mara, Mark Roberts, Lorna Gray, Robert Armstrong, William Haade
Los Angeles, Kalifornien: Zur Mittagsstunde geht Privatdetektivin Belinda Prentice (Adele Mara) wie gewohnt ins Deauville Restaurant, wo sie Oberkellner Larry (Larry Steers) sogleich begrüßt und ihr einen Tisch zuweist. Kaum hat der Kellner Arnold (George Davis) ihre Bestellung entgegengenommen, setzt sich ein Fremder (Bob Steele) ungefragt zu ihr an den Tisch und legt seinen Hut vor sich auf die Platzdecke. Miss Prentice ist darüber nicht gerade amüsiert, aber der Rüpel zeigt ihr eine Pistole, die er unter seinem Hut versteckt hält. Dann informiert er die junge Frau darüber, dass sie das Wochenende in Gesellschaft verbringen werde, und weist sie an, mit ihm gemeinsam das Restaurant zu verlassen. Auf der Treppe kommt ihnen ein Mann (William Haade) entgegen, der wie zum Gruß kurz den Hut hebt, aber schon stehen Belinda Prentice und ihr Kidnapper vor der Tür, und der Fremde möchte, dass sie in ein bereitstehendes Auto einsteigt. In dem Moment wird er hinterrücks von Iggy Broty, jenem Mann von der Treppe und der Detektivin rechte Hand, überwältigt und entwaffnet. Niemand als Iggy steigt nun mit dem Kidnapper in dessen Wagen und fährt mit ihm ins Büro der Detektei, indessen Belinda Prentice auf der Stelle kehrtmacht, um endlich ihr Mittagessen zu genießen. Als sie kurz darauf selbst ihre Büroräume betritt, ist ihre Sekretärin Emmy (Joyce Compton) im Vorzimmer an einen Stuhl gefesselt, während auf dem Teppich in ihrem Büro Iggy gerade zu sich kommt. Der Gangster konnte entkommen…
“You didn’t pass 4th grade drawing. You wouldn't know an Old Master from a whitewashed barn. Now, what’s the dice?” Es ist leider fast die einzige, wirklich pointiert witzige Zeile in einem gähnend langweiligen Routine-Krimi, der obendrein kaum die Qualitäten aufweist, um in diesem Portal als “Film Noir“ geführt zu werden. Warum ist er trotzdem gelistet und besprochen? Weil er mit der weiblichen Privatdetektivin Belinda Prentice eine für die 40er Jahre erstaunlich seltene Spezies aufweist, gehört der Privatdetektiv à la Sam Spade, Philip Marlowe oder Mike Hammer als zur Ikone des Film Noirs gewordene Figur in jener Zeit quasi zum Kernbestand der Filmproduktion. Rein numerisch gibt es zwar nicht so viele Klassiker, deren zentrale Figur ein “Private Eye“ ist. Dennoch werden berühmte Hauptdarsteller wie Humphrey Bogart, Robert Mitchum oder Dick Powell vor allem mit ebendieser Berufsgruppe in Verbindung gebracht. Aber auch die anderen Detektive mit Privatlizenz waren in jenen Jahren männlich: Lloyd Nolan, Alan Curtis, Zachary Scott, George Montgomery oder Richard Conte schlüpften mindestens einmal in eine solche Rolle. In dieser Riege ist Belinda Prentice eine Ausnahme, ist sie doch selbstständige Privatdetektivin mit eigener Lizenz und mit zwei Angestellten. Die wenigen sonstigen weiblichen Detektive des Film Noirs waren Privatpersonen, wie Philppa Gates in ihrem Artikel The Maritorious Melodrama: Film Noir with a Female Detective (EA 2009) bereits feststellte. Darin nimmt sie den Spürsinn von Carol Richman (Ella Raines) in Robert Siodmaks Zeuge gesucht (USA 1944), von Catherine Marlowe (June Vincent) in Roy William Neills Vergessene Stunde / Schwarzer Engel (USA 1946) und von Eleanor Johnson (Ann Sheridan) in Norman Fosters Einer weiß zuviel (USA 1950) unter die Lupe.
In den 30er Jahren waren weibliche Detektive stets Männern zugeordnet: Die Millionenerbin Nora Charles (Myrna Loy) ehelicht Privatdetektiv Nick Charles (William Powell) und ab W.S. Van Dykes Der dünne Mann (USA 1934) nach Dashiell Hammetts Romanvorlage (EA 1934) lösen sie (bis 1947 in insgesamt 6 Filmen) ihre Fälle gemeinsam. In Nancy Drew - Detective (USA 1938) spielt Bonita Granville die seit 1930 mit Carolyn Keenes Kriminalromanen berühmt gewordene Amateurdetektivin, hier und in drei weiteren Verfilmungen stets Tochter des Rechtsanwalts Carson Drew (John Lithel). Und die handfeste Reporterin Torchy Blane (Glenda Farrell) verlässt sich im Zweifelsfall auf Police Lieutenant Steve McBride (Barton Mac Lane), ihren Freund, der ihr zwischen 1936 und 1939 in sieben Filmen zur Seite stand. George Blairs Exposed hätte folglich die Chance nutzen können Neuland zu beschreiten. Aber auch Belinda Prentice ist eine Tochter, nämlich diejenige von Police Inspector Prentice (Robert Armstrong), der nicht müde wird sie zu erziehen: “Don’t get sassy!“ Adele Mara beweist als “Private Eye“ zwar einiges an Potential, aber die Filmhandlung selbst ist ebenso wirr wie langweilig, die Kameraarbeit von William Bradford so uninspiriert wie Blairs Dramaturgie, und bis auf Robert Armstrong konnten mich die männlichen Darsteller an Adele Maras Seite allesamt nicht überzeugen. Schade!
Bis heute (2022) gibt es weltweit keine BD- oder DVD-Edition des Films, der aktuell zumindest online in einer bild- und tontechnisch unterdurchschnittlichen Fassung mit dem Originalton ohne Untertitel, ungekürzt und im korrekten Bildformat zur Verfügung steht.