31 Grad im Schatten

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Bewertung
****
Originaltitel
90° In The Shade / Třicet jedna ve stínu
Kategorie
Post Noir
Land
CSK/UK
Erscheinungsjahr
1965
Darsteller

Anne Heywood, James Booth, Rudolf Hrusínský, Donald Wolfit, Ann Todd

Regie
Jiří Weiss
Farbe
s/w
Laufzeit
87 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Prag, Hauptstadt der Tschechoslowakei, im Hochsommer: Eine Straßenbahn hält auf der Moldaubrücke Čechův most und der Wirtschaftsprüfer Dr. Rudolf Kurka (Rudolf Hrusínský) steigt mit seiner Aktentasche aus. Er blickt hinab auf das am Flussufer gelegene Freibad, wo zahllose Badegäste sich in der Moldau kühlen, und er setzt sich auf die Terrasse des dortigen Lokals. Auch die hübsche Alena Winter (Anne Heywood), von Beruf Angestellte in einem staatlichen Lebensmittelgeschäft, liegt heute im Badeanzug in der Sonne. Sie blickt auf ihre Uhr und macht sich auf den Weg, indessen sie vom Wurst essenden Kurka beobachtet wird. Als er versucht, gleichfalls noch die Straßenbahnlinie 17 zu erwischen, ist er zu spät und geht daher zu Fuß. Mit seinem Kollegen Bazant (Donald Wolfit) tritt Rudolf Kurka später in den Laden, darin auch Alena Winter eine Stelle innehat. Der umgängliche Bazant ist dort bekannt, begrüßt die Verkäuferinnen Jana (Jorga Kotrbová) und Rosa (Vera Tichánková) wie Freundinnen und lässt sich angesichts der Hitze sogar ein kühles Bier geben. Kurka hingegen, erst seit kurzem Bazants Vorgesetzter, bleibt betont sachlich. Er möchte wissen, wo sich Vorell (James Booth), der Geschäftsführer des Ladens aufhält, als Alena Winter in ihrer Funktion als seine Stellvertreterin aus dem Lagerraum kommend hereintritt. Sie und Rudolf Kurka scheinen von ihrer Begegnung irritiert, vor allem Kurka wirkt befangen, bevor Alena sich schnell wieder zurückzieht und ein dringendes Telefonat erledigen will…

 

“As a comparison between Western and Eastern (at the time) concepts and styles in film noir, bolstered by the choice of actors, this is an extremely interesting curio”, schreibt Jason Pirodsky für The Prague Reporter und bringt aktuell diesen vergessenen Film auch Freunden klassischen Thriller-Kinos in Erinnerung. Letzteres ist vonnöten, denn 31 Grad im Schatten, der im Juni 1965 auf den Berliner Filmfestspielen auch im Westen der geteilten Stadt gezeigt und für den Jiří Weiss ausgezeichnet wurde, war lange eine seltene Obskurität. Als eine britisch-tschechische Co-Produktion zu Zeiten des Kalten Krieges und des eisernen Vorhangs ist er von vornherein eine Besonderheit. Mit seinen Schauplätzen in Prag, dem tschechischen Regisseur und Autor der Vorlage Jiří Weiss sowie neben Rudolf Hrusínský unter Beteiligung der Darsteller Jorga Kotrbová und Vladimír Mensík und des Kameramanns Bedrich Batka und mit einem feurigen Jazz-Soundtrack von Ludek Hula ist es ein Film in und aus der damaligen Tschechislowakei. Zugleich war es der britische Filmproduzent Raymond Stross, Ehemann von Hauptdarstellerin Anne Heywood, der die Fäden in der Hand hielt. Neben Anne Heywood fungieren die englischen Schauspieler Ann Todd, James Booth und Donald Wolfit in tragenden Rollen, indessen David Mercer das Drehbuch verfasste. So ist 31 Grad im Schatten tatsächlich eine echte Co-Produktion, die vor 6 ½ Jahren in England via Odeon Entertainment als Ninety Degrees in the Shades in deren The Best Of British Collection auch als DVD veröffentlicht wurde, mit der englischen Tonspur ohne Untertitel. Allerdings hat in Anbetracht dieser Edition Filmjournalist Anthony Nield für seine Rezension in The Digital Fix recherchiert, dass der Film nie im englischen Kino lief und wohl auch nie im britischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, demgegenüber er neben der Berliner Aufführung sowohl in der Tschechoslowakei als auch in Ungarn und in den USA zu sehen war.

 

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Der Disponent eines Lebensmittelgeschäfts unterschlägt aus dem westlichen Ausland stammenden Cognac, den er auf dem Schwarzmarkt verhökert, indessen die Flaschen des hochpreisigen und kaum verkäuflichen Alkohols im Lager mit Tee aufgefüllt werden. Dazu nutzt er die Dienste seiner ebenfalls angestellten Geliebten, während er als verheirateter Familienvater auch privat ein Doppelleben führt. Als einem Wirtschaftsprüfer der Schwindel auffällt, geraten die Betrüger ernsthaft in die Klemme… Mit seinem kontrastreichen Schwarzweiß, zahlreichen Rückblenden und dem Blick für die Charaktere hinter ihren Funktionen lässt der zunehmend dunkle Thriller von Jiří Weiss manche Erinnerung an den klassischen Film Noir aufblitzen. So wie Leona Stevenson (Barbara Stanwyck) in Du lebst noch 105 Minuten (USA 1948) oder Ellen Jones (Loretta Young) in Cause For Alarm! (USA 1951) ist auch Alena Winter nicht in der Lage, sich aus den Fängen ihres Liebhabers Vorell zu befreien, von dem sie wohl ahnt, dass er auch sie betrügen und zugunsten seiner eigenen Sicherheit in Beruf und Familie als Opfer darbringen wird. 31 Grad im Schatten ist eine sehenswerte Ergänzung des Kanons des Post Noirs jener Mittsechziger und gehört für mich neben Mickey One (USA 1965) und Nachtzug (POL 1959) zu den unvergleichlichen Werken des späten Schwarzweißkinos.

 

Bild- und tontechnisch hervorragend restaurierete DVD-Edition (2011) in der Serie The Best Of British Collection via Odeon Entertainment, ungekürzt im Originalformat mit dem gut verständlichen englischen Originalton ohne Untertitel und auch ohne weitere Extras.

 


Post Noir | 1965 | International | Jiří Weiss | James Booth | Rudolf Hrušínský | Ann Todd

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