Jô Shishido, Misako Watanebe, Tamio Kawachi, Minacho Katsuki, Daizaburô Hirata
Tokio: Vor dem Hotel Yamamoto, wo sich mehr und mehr Schaulustige versammeln, hat die Polizei die Straße abgesperrt. In einem Zimmer haben sich eine junge Frau namens Tamiko und ihr verheirateter Geliebter (Ichirô Kijima) gemeinsan mit einer Überdosis Schlaftabletten umgebracht. Die Frau schrieb einen Abschiedbrief dazu, und die Polizeibeamten Yamada (Akira Hisamatsu) und Hirokawa (Seijun Suzuki) stellen fest, dass es sich bei dem Unbekannten um einen Kollegen, den Police Detective Koichi Takeshita handelt… In einem vom Nomoto-Clan beherrschten Viertel der Stadt schlägt der mysteriöse Joji Mizuno (Jô Shishido) am helllichten Tag gleich mehrere Kriminelle nieder, unter ihnen auch Ishizaki Ken (Shirô Yanase). Als er sich am Abend in einem dort ansässigen, kostspieligen Nachtclub einfindet, setzt er sein dezidiert schlechtes Benehmen fort und ist bald von mehreren Animierdamen umringt, bis er einer von ihnen einen Kübel mit Eiswürfeln ins Kleid leert. Er ahnt scheinbar nicht, dass er durch Spiegel von einem benachbarten Raum aus beobachtet wird. Als Mizuno von einigen Männern aufgefordert wird, Ihnen zu folgen, um nach Begleichen der Rechnung den Club zu verlassen, gesteht er ihnen, dass er kein Geld besitze. Sie bringen ihn in das im Untergeschoss gelegene, schalldichte Büro, einer von ihnen mit einer Pistole im Anschlag. Hier erwarten ihn unter anderem eine Frau (Minako Katsuki), die an dem Fremden Gefallen findet, und Shigeru Takechi (Eiji Gô) vom Nomoto-Clan mit einiger Neugier…
Erst ein klassischer Gangsterfilm, so scheint es, dann ein Rachefilm mit einem überladenen Plot, der tief in der Film-Noir-Tradition verwurzelt ist. Gerade im Mittelteil erweist sich so manche Wendung der Handlung als verwirrend, was andererseits den Zuschauer bei der Stange hält, denn nur das Prügeln und Schießen der allseits wortkargen, ultracoolen Gangstertypen wäre trotz der regulären Spielzeit von 92 Minuten doch zu wenig. Aber Seijun Suzuki packt ungemein viel Dynamik in die Handlungsentwicklung und verschiebt im Fortschreiten des Plans von Joji Mizuno auch den Fokus, so dass stets neue, unerwartete Charaktere die Bühne des Geschehens betreten und ihrerseits ein Puzzlestück zur Lösung des Ganzen beifügen. In den USA erschien der Film 2005 als DVD in der renommierten Criterion Collection und zwar nicht als Teil des 5DVD-Boxsets Nikkatsu Noir, die ihrerseits Teil der Eclipse Series ist, sondern als Einzelausgabe. Der Grund hierfür ist in erster Linie wohl nicht die Filmhandlung, sind nicht unbedingt die Schauspieler, gleichwohl Jô Shishido eindeutig eine seiner besten Leistungen zeigt. Nein, der Grund hierfür sind die Inszenierung und die Kameraarbeit. Beides ist ungewöhnlich, denn Youth Of The Beast ist so verblüffend vertraut und fremd zugleich wie (zu der Zeit in den USA) manche Kunstwerke Andy Warhols und 1963 bereits ein Bestandteil des Zeitalters von Pop und Psychedelic. In seiner überraschenden visuellen Brillanz der eigenen Zeit voraus, sind u.a. auch die Einflüsse von Jean-Pierre Melvilles Der Teufel mit der weißen Weste (FRA 1962) sichtbar. Aber selbst mit Blick auf eine Brutalität, die bereits blutig und explizit zum Tragen kommt, war dieses Werk vor allem für die Spätsechziger stilbildend und wirkt bis heute einerseits überdreht, zugleich kaum angestaubt.
“The widescreen color cinematography (…) and Suzuki's increasingly confident and creative compositions indicate a growing fluidity, maturity and daring by that point in his career”, schlussfolgert David Blakeslee für Criterion Reflections und tut es exemplarisch für viele heutige Cineasten, die den Pop Appeal und die rasante Handlungsdynamik des Films so schätzen. Aber Youth Of The Beast ist auch ein Film, dessen Härte und Gefühlskälte der beteiligten Akteure eine gerade im Finale schier grenzenlose Desillusionierung nahelegen. Jeder betrügt jeden, ein Menschenleben zählt nichts, Werthaltungen mit Blick auf Freundschaft oder gar Liebe sind Erinnerungen, die in der Rückblende einzig deren Scheitern thematisieren, den Punkt der Wende ins hier und heute. Weil niemand ist, der er oder sie zu sein vorgibt, wird am Ende keiner der Toten vermisst werden - der Protagonist Mizuno humpelt über Leichen in die Freiheit einer Welt, darin die Behörde jetzt die Scherben zusammenkehrt, basta. Auch Seijun Suzukis Filme, die nicht dem Film Noir zugehörig sind, etwa Nackt und verdammt (JPN 1965) oder Fighting Elegy (JPN 1966), zeigen wie solche Jean-Pierre Melvilles eine durchweg archaische Moderne, darin einzig das Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ das eigene Überleben sichern kann.
Erstklassige DVD-Edition (2005) der Criterion Collection (USA) mit dem Film bild- und tontechnisch topp restauriert, also japanische Tonspur inklusive englischer Unterzitel, das Ganze im Originalformat und ungekürzt, den Kinotrailer, Interviews mit Jô Shishido und Seijun Suzuki sowie ein achtseitiges Booklet mit Standfotos und mit einem Filmessay Howard Hamptons als Extras. Empfehlenswert!