Jagd auf Dillinger

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Bewertung
***
Originaltitel
Dillinger
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1945
Darsteller

Lawrence Tierney, Edmund Lowe, Anne Jeffreys, Eduardo Ciannelli, Marc Lawrence

Regie
Max Nosseck
Farbe
s/w
Laufzeit
70 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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© Verlag für Filmschriften Christian Unucka 
 
In einem Kino sieht das Publikum eine Dokumentation über die Untaten der Bande um den Bankräuber John Dillinger (Lawrence Tierney), nach deren Ende Dillingers Vater (Victor Kilian) auf die Bühne kommt und die Lebensgeschichte seines Sohnes zum Besten gibt… Schon früh hatte sich der impulsive, ungebändigte John außer Hauses begeben, um in seiner Heimatstadt Indianapolis sein Glück zu machen. In einer Bar spielte er sich vor seiner Damenbegleitung auf, doch als der Kellner (Lou Lubin) ihm keinen Scheck einlösen will, überfällt er einen Zeitungs- und Tabakkiosk, wo er 7 Dollar und 20 Cents erbeutet und von einem Streifenpolizisten gerschnappt wird. Im Gefängnis teilt er sich die Zelle mit dem Bankräuber Specs Green (Edmund Lowe). Der kluge Kopf vertritt nicht nur eine eigene Ethik des Berufsverbrechens, sondern zählt auch die Häftlinge Kirk Otto (Elisha Cook jr.), Marc Minelli (Eduardi Ciannelli) und Doc Madison (Marc Lawrence) zu seinen Freunden. John Dillinger - geschwätzig und unsicher - macht sich bei der Bande lieb Kind und verspricht, sie aus dem Gefängnis herauszuholen, sobald er selbst auf freiem Fuß ist. Als es soweit ist, besucht Dillinger als Erstes eine Filmvorführung im Kino, beraubt beim Verlassen dessen die Kassiererin Helen Rogers (Anne Jeffreys) und wird von ihr beim Sichten aller Verdächtigen in der Polizeikartei auch prompt wiedererkannt. Doch bei einer Gegenüberstellung auf dem Revier macht die junge Frau überraschend eine Falschaussage…
 
Der Gangster John Dillinger steht im Zentrum dieses Films, er gibt ihm seinen Namen. Doch der Schauspieler Lawrence Tierney hat außer Stoizismus und schlechtem Benehmen nichts zu bieten, um die Rolle auszufüllen. Genau daran scheitert der ansonsten flott erzählte und mit einigen exzellenten Darstellern besetzte Streifen, die Tierney allesamt die Butter vom Brot nehmen - von Edmund Lowe über Eduardo Ciannelli und Marc Lawrence bis zu Elisha Cook jr. Auch Anne Jeffreys ist in der Rolle der Dillinger-Freundin Helen Rogers halbwegs solide, obgleich ihr Zusammenkommen zu Beginn des Films gänzlich unglaubwürdig dargestellt wird. Max Nossecks Jagd auf Dillinger war der erste Film, der sich mit dem Mythos des 1934 in Chicago erschossenen Gangsters befasste, zugleich ist er historisch inakurat. Genaugenommen ist seine Geschichte großteils Fantasie. Das Philip Yordans Drehbuch eine Nominierung für den Oscar einheimste, erscheint aus heutiger Sicht erstaunlich. Trotz des forcierten Tempos seiner 70 Minuten sind die Dialoge im Film rein funktional und fade. Im Gegensatz zu vielen 1945 bereits agierenden Film-Noir-Charakteren, - abgebrühte Großstadtmenschen, wie sie Alan Ladd, Dick Powell, Dana Andrews, Humphrey Bogart oder Fred MacMurray portraitierten - spricht Lawrence Tierneys Dillinger keinen einzigen Satz, der es wert wäre zitiert zu werden. Außer “This is a stickup.“ oder “I’ll take that. Give me the rest. I’m not fooling.“ bekommt er nichts in den Mund gelegt. Insofern ist Jagd auf Dillinger deutlich schwächer als die US-amerikanischen Gangsterfilme der Frühdreißiger, als James Cagney, Paul Muni und Edward G. Robinson noch von einer laxen Gangart der Zensurbehörde profitierten.
 
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© Warner Bros.
 
Der Film, mit einem sichtbar schmalen Budget von Monogram Pictures produziert, erschien 2005 (in den USA) via Warner Bros. Entertainment Inc. in der zweiten 5-DVD-Edition von deren Film Noir Classic Collection. Er hat neben dem ebenfalls beinhalteten, eher schwachen Fritz-Lang-Melodram Vor dem neuen Tag (USA 1952) aber wenig mit Film Noir zu tun. Zwar wird die Erzählung in Form einer Rückblende dargeboten, aber die meisten Charaktere bleiben zweidimensional und sind bis auf Lowes Specs Green kaum durch besondere Merkmale oder Eigenschaften gekennzeichnet. John Dillinger selbst ist ein fieser, arroganter Mordbube und mehr nicht. Von den deutschstämmigen Exilanten in Hollywood ist Max Nosseck heute der am wenigsten bekannte. Er arbeitete wie Edgar G. Ulmer fast nur für Poverty-Row-Studios und hinterließ keinen Film als nennenswertes Markenzeichen seiner selbst. Der Banküberfall auf die Farmer’s Trust and Savings Bank ist 1 zu 1 aus Fitz Langs Gehetzt (USA 1937) kopiert, was kaum als respektvolles Zitat sondern als Zeichen von Einfallslosigkeit zu werten ist. Jagd auf Dillinger hat einen gewissen Unterhaltungswert, ist rasant erzählt und solide umgesetzt. Für Film-Noir-Freunde oder für andere Cineasten gibt es allerdings nicht viel zu sehen. Das Werk ist im Vergleich mit den besseren Film Noirs seiner Zeit bloß ein lauwarmer B-Film unter vielen. In Rupert Wainwrights Fernsehfilm Dillinger - Staatsfeind Nr. 1 (USA 1991) hatte Lawrence Tierney einen Cameo-Auftritt als Sheriff Sarber.
 
Gute DVD-Edition (2005) aus den USA von Warner Bros. (Regionalcode 1) mit dem Film – bildtechnisch nicht brillant, aber gut - ungekürzt im Originalformat, dazu die englische Tonspur plus optional englische, spanische, französische Untertitel, einen Audiokommentar vom Regisseur des Remakes von Dillinger (USA 1973), John Milius, und den Kinotrailer als Extras.
 

Film Noir | 1945 | USA | Max Nosseck | Eduardo Ciannelli | Elisha Cook jr. | Lawrence Tierney | Lou Lubin | Marc Lawrence | Sam McDaniel

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