Bewertung
****
Originaltitel
Viva Riva!
Kategorie
Neo Noir
Land
COD/FRA/BEL
Erscheinungsjahr
2010
Darsteller
Patsha Bay, Manie Malone, Hoji Fortuna, Marlene Longange, Diplome Amekindra
Regie
Djo Tunda Wa Munga
Farbe
Farbe
Laufzeit
94 min
Bildformat
Widescreen
© Summiteer Films
Der Kriminelle Riva (Patsha Bay) kehrt nach 10 Jahren in Angola in die Republik Kongo zurück und das mit einer großen Ladung Benzin, die er seinem Boss César (Hoji Fortuna) gestohlen hat. In der Hauptstadt Kinshasa spitzt sich die Lage just dramatisch zu. Benzin ist extrem knapp und teuer; alle wollen es und niemand hat es. Direkt nach seiner Ankunft besucht Riva seinen alten Freund J.M. (Alex Herabo), der inzwischen geheiratet und eine Tochter hat. Die beiden werfen sich in Schale und begeben sich ins Nachtleben Kinshasas, nachdem Riva beim Hehler G.O. (Romain Ndomba) seinen Lkw mit den Fässern abgeliefert und einen Vorschuss auf das zu erwartende große Geld einkassiert hat. In einem Tanzlokal unter freiem Himmel, wo Musiker nach einem Stromausfall die Tänzer live unterhalten, sieht Riva an diesem Abend die schöne Nora (Manie Malone) und verfällt ihr. Doch die Tänzerin ist die Frau von Gangsterboss Azor (Diplome Amekindra), der ihr eigens zwei Bodyguards zur Seite gestellt hat, die Nora sicher nach Hause geleiten. Obwohl Nora Riva persönlich eine Abfuhr gab, versucht jener, nachdem J.M. und er sich für den Rest der Nacht bei Mere Edo (Nzita Tumba) mit einigen Huren vergnügten, mithilfe des kleinen Anto (Jordan N’Tunga) an die Frau heran zu kommen. Zeitgleich ist César aus Angola auf der Suche nach Riva, um ihm das gestohlene Benzin abzunehmen und sich zu rächen. Cesar erpresst die Kommandantin des örtlichen Militärs (Marlene Longange) mit einem Brief ihrer Schwester Rosie, so dass sie ihn zu unterstützen verspricht. Als erstes befragen Cesar und seine Schläger den Fahrer, der Riva half, das Benzin nach Kinshasa zu bringen, und als der nicht sprechen mag, helfen sie ein wenig nach…
„Viva Riva is a brilliant crime thriller following the makings of a neo-noir film that would keep you wondering if you were really watching something made out of Africa”, heißt es in einem Blog von Sankofa, dabei ist es genau dieser kongolesische Autor und Regisseur Djo Tunda Wa Munga, der dem Rest der Welt zeigt, wie man einen solchen Film heute zu inszenieren hat, damit er nicht nach dem Immergleichen schmeckt. Das Neo-Noir-Kinos Quentin Tarantinos & Co., mit dem Viva Riva - Zu viel ist nie genug so gern verglichen wird, erscheint neben diesem afrikanischen Film wie eine unaufgeräumte Kinderstube. Dort gibt es keinen Sex, weil Hollywood den nicht erlaubt, und das Übermaß an Gewalt ist nur das Krakeelen um medienwirksame Aufmerksamkeit - Tabubruch, der längst keiner ist. Vom Ekklektizismus und dem aalglatten Zynismus der Tarantino-Figuren sind Riva, Nora, J.M. und César Lichtjahre entfernt. Sie leben in einer Welt ohne Glamour, wo nur der nächste Augenblick zählt, schon der übernächste kann der letzte sein. Was sieben Jahre zuvor City Of God (BRA 2003) dem Westen an Überraschung bescherte, tat dieser Neo Noir 2010 aus nahezu dem gleichen Grund, weil er nämlich ohne Stars in den Straßen Kinshasas von einem unbekannten Regisseur inszeniert wurde und mit seiner rohen Dynamik die vermeintliche Cleverness des überzüchteten, westlichen Thrillerkinos an die Wand drückt.
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„You know, as for us, we’re looking for money“, erklärt Riva seiner Nora in einer sehr schönen Szene, die aufscheinen lässt, dass es auch in ihrer Welt um mehr als um Macht und den schnellen Kick geht. Allemal ist Vorsicht geboten! Viva Riva - Zu viel ist nie genug ist nicht allein sexuell explizit – mit einem Akt in der Badewanne, der an Superfly (USA 1973) von Gordon Parks jr. erinnert – sondern auch schmerzhaft gewalttätig, so dass man empfindsame Gemüter vor diesem Film warnen sollte. Besonders in der zweiten Hälfte geraten die Kontrahenten aneinander, und der Zuschauer erfährt, dass in Kinshasa ein Menschenleben nichts zählt, weil es für niemanden außer seinem Inhaber einen Wert darstellt. Doch die Energie und die Gewalt des Films, darin es für die Beteiligten um eben alles oder nichts geht, sind mitreißend und was dabei vor allem zu Boden geht, ist die Fassade der Romantik und Wohlanständigkeit aus kommerziellem Kalkül, dahinter die Filmproduktion nach westlichem Standard sich stets zu verbergen weiß. Viva Riva - Zu viel ist nie genug braucht sich vor diesen Standards nicht zu verstecken, ohne dass man in Anbetracht von Geschichte, Schauspielern oder Kameraarbeit hier in Jubelgeschrei ausbrechen müsste. Regisseur Djo Tunda Wa Munga beherrscht und lenkt all das in guter Weise, doch sein Film lebt vor allem von der Kraft seiner Schauplätze und Charaktere. Seine Geschichte mag zu guter Letzt simpel erscheinen, doch er bringt sie konsequent zum Abschluss – auf einem Ton, der nachschwingt: “You know, Riva. Money is like poison. In the very end.”
Sehr gute BD und DVD von Summiteer Films (2012), München, ungekürzt im Originalformat und bildtechnisch topp, wahlweise Tonspuren auf Deutsch oder Französisch/Lingala, optional deutsche Untertitel, den Kinotrailer als Extra. Die auf dem Cover angegebene Laufzeit von 97 Minuten ist nicht korrekt. Wie die englische Edition von Metrodome Distribution (2011) hat die deutsche BD- bzw. DVD-Fassung exakt 94 Minuten Spielzeit. Und nirgendwo auf dem Cover liest man die Namen des Regisseurs und der Darsteller, stattdessen findet sich auch hier ein Pressezitat mit Verweis auf "Tarantino". Dennoch unbedingt sehenswert!