Bewertung
*****
Originaltitel
Salinui chueok
Kategorie
Neo Noir
Land
KOR
Erscheinungsjahr
2003
Darsteller
Song Kang-ho, Kim Sang-kyung, Kim Roe-ha, Song Jae-ho, Byeon Hie-bong
Regie
Joon-ho Bong
Farbe
Farbe
Laufzeit
132 min
Bildformat
Widescreen
Es ist das Jahr 1986 in der Provinz Gyunggi, Südkorea, das stets unter der Herrschaft der Militärdiktatur steht. Detective Park Doo-man (Song Kang-ho) wird zu einem in den Weizenfeldern gelegenen Tatort gerufen. Dort liegt unter der Abdeckung eines Bewässerungsgrabens die Leiche einer jungen Frau, gefesselt und geknebelt und auch vergewaltigt, wie die Obduktion ergibt. Es ist der zweite Mord an einer Frau in kurzer Zeit und die Umstände der Taten gleichen sich aufs Haar. Beim Verhör der Tatverdächtigen gehen Park Doo-man und sein Kollege Detective Cho Yong-koo (Kim Roe-ha) nicht gerade zimperlich vor. Doo-Man Park geht mit einem akribischen Eifer ans Werk und erstellt ein Buch, darin er die Portraits und Lebensdaten aller Verhörten von eigener Hand sammelt. Doch der Täter hat so gut wie keine Spuren hinterlassen und die Ermittlungen kommen partout nicht voran. Da stoßen die beiden auf den verrückten, offenbar harmlosen Baek Kwang-ho (Park Noh-shik), Sohn eines örtlichen Restauranteigentümers, der in naiver Art Details aus der Mordnacht des ersten Opfers berichtet, die außer dem Mörder selbst niemand wissen kann. Zumindest glauben das die Polizisten und versuchen unter allen Umständen, von Kwang-ho Baek ein Geständnis zu erpressen. Zeitgleich erreicht ein Sonderermittler aus Seoul die Provinz Gyunggi, der junge Detective Seo Tae-yoon (Kim Sang-kyung). Er hält wenig von den Methoden der ortsansässigen Polizisten und macht keinen Hehl daraus. Schnell hat er festgestellt, dass alle Mordopfer zur Tatzeit ein rotes Kleid trugen und dass die Morde bei Regenwetter verübt wurden. Zudem ist Seo Tae-yoon überzeugt, dass es ein drittes Opfer gibt, das man nur noch nicht gefunden hat…
Das ist definitiv einer der 10 besten Neo-Noir-Thriller des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend – ein Meilenstein nicht nur des koreanischen Filmschaffens. Sein Autor und Regisseur Joon-ho Bong beweist eine verblüffende Meisterschaft in so ziemlich alle Registern, allen voran in dem der Dramaturgie. Zudem geht die Filmhandlung, zugrunde gelegt in einem präzise getakteten Drehbuch, an keiner einzigen Stelle den typischen Fallen auf den Leim, die mit einer „Hatz nach dem Möder“ in so einer Art Kriminalfilm allemal verknüpft sind. Entsprechend erinnert Memories Of Murder, der sich im Finale bis zum Ende treu bleibt und uns staunend zurück lässt, an die größten Beispiele solcher Filmtradition, an Arthur Penns bis heute verkanntes Meisterstück Die heiße Spur (USA 1975) und an David Finchers ebenso zeitlosen Thriller Sieben (USA 1995). Wie seinerzeit Penn ist Joon-ho Bong nämlich auf etwas ganz anderes aus, als wir eingangs überhaupt annehmen können. Und der Regisseur erreicht das selbst gesteckte Ziel tastsächlich, indem er seinen Film einerseits im Stil verwurzelt - während eines Verhörs wird u.a. Lawrence Kasdans Neo Noir Body Heat (USA 1981) explizit genannt und der Humor der Anspielung ist unüberhörbar – und andererseits gänzlich frei damit umgeht. Die Hauptdarsteller Kang-ho Song und Sang-kyung Kim sind als ungleiches Polizistenduo schlicht großartig. Ihre Verschiedenheit und ihre Entwicklung stehen im Mittelpunkt dieses Thrillers, dessen Botschaft ein Kernthema des Film Noirs der Vierziger erneut zum Tragen bringt: Nicht ist, was es zu sein scheint. Ergo gibt es nichts und niemanden, dem man vertrauen könnte.
Gut 98% aller Filme, die jährlich in deutsche Kinos gespült werden, sind Unterhaltungsjunk. Ob es sie gibt oder nicht, ist nur für diejenigen wichtig, die damit Geld gewinnen oder Geld verlieren. Ein Film, der im Register seiner Produktion eine eigene Saite anschlägt, ist so selten wie jene Nadel im Heuhaufen. Memories Of Murder ist so ein Film. Er zeigt klar, dass sich das fernöstliche Kino in der Nachfolge von Johnny To, Hiroshi Teshigahara oder Akira Kurosawa vom westlichen Standard Made in Hollywood vollends emanzipiert hat. Die Souveränität, mit der Memories Of Murder aus dem Schatten seiner Einflüsse heraus tritt, stünde mancher neuen Produktion aus Europa oder aus den USA gut zu Gesicht. Lokalkolorit, Kameraarbeit, Darsteller, Dialoge und Dramaturgie! Die 132 Minuten dieses Werks rasen nur so dahin, trotz aller Ruhe und Kühle enorm lebendig und hoch emotional. Seine Handlung beruht auf wahren Begebenheiten, die sich zwischen 1986 und 1991 in der Provinz Gyunggi abgespielt haben. Dem Drehbeginn an Originalschauplätzen ging eine einjährige Phase der Recherche und Planung vorher. Memories Of Murder heimste seinerzeit auf internationalen Filmfestivals mehrere Preise ein und blieb in diesen Zeiten der Comic- und Action-Blockbuster dennoch ein Geheimtipp. Unbedingt anschauen!
Exzellente DVD-Edition von Störkanal / I-On New Media GmbH (2011), bildtechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, wahlweise deutsche oder koreanische Tonspur, dazu optional deutsche Untertitel. Ich rate von der Synchronisation allemal ab und empfehle einmal mehr O-Ton mit Untertiteln.