Film Noir
| USA
| 1950
| Joseph L. Mankiewicz
| Milton R. Krasner
| Bert Freed
| Davis Roberts
| Harry Bellaver
| Jack Kruschen
| Ralph Dunn
| Ray Teal
| Richard Widmark
| Sidney Poitier
| Stanley Ridges
| Stephen McNally
| Will Wright
| Betsy Blair
| Linda Darnell
| Ruby Dee
Bewertung
*****
Originaltitel
No Way Out
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1950
Darsteller
Richard Widmark, Linda Darnell, Stephen McNally, Sidney Poitier, Mildred Joanne Smith
Regie
Joseph L. Mankiewicz
Farbe
s/w
Laufzeit
106 min
Bildformat
Vollbild
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Bei einer Schießerei mit der Polizei werden die vorbestraften Brüder John (Dick Paxton) und Ray Biddle (Richard Widmark) jeweils durch Schüsse ins Bein verwundet. Bei ihrer Ankunft im County Hospital hat der frisch promovierte Arzt Luther Brooks (Sidney Poitier) seinen ersten Tag in der Notaufnahme des „Prison Ward“. Sein Vorgesetzter und Mentor, Chefarzt Dan Wharton (Stephen McNally), hält viel von Brooks, der Farbiger ist. Schon bei Einweisung erweist sich Ray Biddle, die Brüder leben im herunter gekommenen Arbeiterviertel Beaver Canal, als aggressiver Rassist und er schreit nach einem Arzt an Stelle eines „Niggers“. Luther Brooks lässt die beiden in einen Raum der Notaufnahme fahren und nimmt eine erste Untersuchung vor. Dabei fällt ihm der desolate Zustand John Biddles auf, der kaum bei Bewusstsein scheint, zudem Zeichen einer Desorientierung der Sinne zeigt. Brooks hat den Verdacht eines Gehirntumors und will dem Patienten zwecks Analyse etwas Rückenmarksflüssigkeit entnehmen. Aber vor den Augen seines Bruders stirbt John unerwartet und Ray Biddle bezichtigt den jungen Arzt des vorsätzlichen Mordes aus niederen Motiven. Chefarzt Wharton hält die Diagnose von Brooks für möglich. Aber nur eine Autopsie kann Gewissheit schaffen. Dazu benötigte Brooks entweder die Einwilligung Ray Biddles, der das empört ablehnt, oder diejenige des Klinikchefs Dr. Sam Moreland (Stanley Ridges), der sie aus politischen Gründen verweigert, da er das Ansehen des Hospitals in den Augen der Stadtoberen gefährdet sieht. Indessen sinnt Ray Biddle auf blutige Rache…
Joseph L. Mankiewicz’ frühe Filme zeichnet schon die sich zügig steigernde, hochwertige Autorschaft seiner Drehbücher aus. Die seinerzeit brisante Thematik des Rassismus‘ und der Rassentrennung in Bereichen öffentlichen Lebens wird auf intelligente weil vielschichtige und dramaturgisch zupackende Weise gehandhabt. Als Ray Biddle liefert Richard Widmark eine darstellerische Leistung, für die er den Oscar als bester Hauptdarsteller verdient gehabt hätte. Auch Sidney Poitier (23 Jahre alt) hätte nach diesem Film in Hollywood ein Star werden können. De facto aber ist zum Auftakt der erzkonservativen McCarthy-Ära überhaupt das Zustandekommen eines solchen Film Noirs nahezu ebenso ein Wunder wie im Fall von Jules Dassins Die Ratte von Soho (UK 1950, ebenfalls mit Widmark) oder von William Wylers Polizeirevier 21 (USA 1951). Zudem war die thematische Setzung für ihre Zeit provokant und in Elia Kazans Pinky (USA 1949) erstmals behandelt worden. Edward Dmytryk und auch Elias Kazan waren darüber hinaus für ihre unverblümt sozialkritischem Filmwerke zum Antisemitismus in den USA – Kreuzverhör (USA 1947) und Tabu der Gerechten (USA 1947) - just vor das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) bestellt und bedroht worden.
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Neben Skript, Regie und seinen exzellenten Darstellern – Stephen McNally solide, aber Linda Darnell als Edie Johnson ganz hervorragend! – fällt auch Kameramann Milton R. Krasner ins Gewicht. Seine Nachtbilder, insbesondere eine Massenschlägerei zwischen Schwarz und Weiß auf einem Schrottplatz, sind schlicht großartig. Mit Leuchtspurmunition aus Beständen des Zweiten Weltkriegs, da Farbige und Weiße in Europa gemeinsam kämpften, inszeniert Mankiewicz im „White Trash“-Bezirk Beaver Canal einen Bürgerkrieg. Pointiert geschriebene und fein gespielte Rollencharaktere, der auffällige Verzicht auf jedwede Klischees – nein, keine Lovestory zwischen Straßengöre und Oberarzt, dem Autorenteam sei Dank! - und Milton Krasners Kameraarbeit an Originalschauplätzen der (namenlosen) Großstadt lassen Der Hass ist blind (im Original No Way Out) über seine Spielzeit von 106 Minuten zum Meisterstück reifen. Das Finale (leider nicht das bittere und harte der ersten Fassung von Samuel Lessers Buch, das selbst Produzent und Studioboss Darryl F. Zanuck ursprünglich mochte) ist vorhersehbar, allemal gespickt mit kontroversen Zeilen, und dennoch kein bisschen schal. In den USA erschien die DVD in der Serie Fox Film Noir (2005); die spanische Edition der Fox-Reihe Studio Classics (2005) hat sogar ein deutsches Titelmenü, doch weder deutsche Tonspur noch deutsche Untertitel. Für alle an klassischem Kino interessierte Cineasten ist dieser Film Noir ein Muss!
Sowohl die spanische DVD-Ausgabe (2007) der Studio Classics, zumal natürlich die US-Edition von 20th Century Fox Home Entertainment, sind bildtechnisch exzellent: original englische Tonspur plus wahlweise 7 verschiedene Untertitel, ungekürzt im Originalformat, den US-Kinotrailer als Extra.
No Way Out / Der Hass ist blind
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Lief am 17.12.2017 auf ARTE in einer hervorragend restaurierten HD-Fassung im OmU. Grandioser Film!