Post Noir
| International
| 1963
| Ed McBain
| Akira Kurosawa
| Eijirô Tôno
| Kamatari Fujiwara
| Kôji Mitsui
| Kyû Sazanka
| Takashi Shimura
| Tatsuya Mihashi
| Toshirô Mifune
| Kin Sugai
| Kyôko Kagawa
Bewertung
*****
Originaltitel
Tengoku to jigoku
Kategorie
Post Noir
Land
JPN
Erscheinungsjahr
1963
Darsteller
Toshirô Mifune, Tatsuya Nakadai, Kyôko Kagawa, Tatsuya Mihashi, Tsutomu Yamazaki
Regie
Akira Kurosawa
Farbe
s/w
Laufzeit
143 min
Bildformat
Widescreen
Tokio: Kingo Gondo (Toshirô Mifune) ist Manager und Anteilseigner eines der größten Schuhhersteller Japans, des Konzerns National Shoes. Im letzten Geschäftsjahr verzeichnete die Bilanz einen deutlichen Abschwung, wie auch der Marketingleiter Kamiya (Jun Tazaki), der Chefdesigner Ishimaru (Nobuo Nakamura) und der Manager Baba (Yûnosuke Itô) ihm zu verstehen geben, als sie Gondo ihren Besuch abstatten. Ziel ihrer Unterredung, an der auch Gondos ehrgeiziger Assistent Kawanishi (Tatsuya Mihashi) teilnimmt, ist die Entmachtung des Vorstandschefs, der den Zeichen der Zeit widersteht, sowie die Produktion billiger Modelle, um die Konkurrenz auszuschalten. Die drei Angestellten, selbst auch Anteilseigner, könnten sich mit Gondos Hilfe durchsetzen. Aber Gondo, der die Fehler des Alten erkennt, hält ihre Strategie für falsch und betrügerisch und wirft sie hinaus. Kurz darauf stößt er mit seiner Frau Reiko (Kyôko Kagawa) und Kawanishi an, denn er ist ohne Wissen seiner drei Gegenspieler dabei, so viele Anteile von National Shoes aufzukaufen, dass er sich allein wird behaupten können. Kawanishi soll noch heute nach Osaka fliegen und das Geschäft unter Dach und Fach bringen, für das Gondo Haus und Hof verpfändet hat. Doch als Kawanishi aufbrechen will, erhält Gondo einen Anruf. Eine anonyme Stimme informiert den Geschäftsmann, dass man soeben seinen Sohn Jun (Toshio Egi), der während der Besprechung mit Shinchi (Masahiko Shimazu), dem Sohn von Gondos Chauffeur Aoki (Yutaka Sada), vor dem Haus spielte, entführt habe. Der Mann am Telefon verlangt 30 Millionen Yen Lösegeld, sofern Gondo sein Kind lebend wiedersehen wolle. Der Schock ist groß, als Jun plötzlich im Haus erscheint. Shinchi allerdings, dem er sein Cowboy-Kostüm geliehen hat, habe er nicht mehr gesehen, sagt der Kleine…
Der 53jährige Meisterregisseur Akira Kurosawa blickte im Jahr 1963 auf eine bereits über 20 Jahre währende Karriere als Filmschaffender zurück, als er mit Zwischen Himmel und Hölle nach einem Kriminalroman von Ed McBain sein letztes, deutlich vom Film Noir beeinflusstes Drama schuf. Schon Engel der Verlorenen / Der trunkene Engel (1948), Ein streunender Hund / Ein herrenloser Hund (1949) und Die Bösen schlafen gut (1960) waren großartige, extrem innovative Film Noirs gewesen, demgegenüber Kurosawa nach Rashomon (1950) und Die sieben Samurai (1955) in der westlichen Hemisphäre vor allem für seine historischen Epen berühmt wurde und es bis heute blieb. Mit Toshirô Mifune in einer Haupt- und Takashi Shimura in einer Nebenrolle bringt er zwei zentrale Darsteller seiner Samurai-Epen, doch sind es nicht zuletzt Tatsuya Nakadai und Tsutomu Yamazaki, die hier in frühen Rollen ihrer Karriere zu glänzen wissen. Zwischen Himmel und Hölle ist 143 Minuten lang, davon spielen die ersten 55 Minuten nahezu vollständig in einem Raum, demgegenüber die Bildkompositionen Kurosawas keinen Moment einen statischen Eindruck zulassen. Nach dieser knappen Stunde explodiert der Film in eine vollends unerwartete Dynamik, die den Zuschauer für weitere, kontinuierlichen Steigerungen unterworfene 1 ½ Stunden ins Getümmel inner- und außerhalb der Metropole Tokio reißt. Akira Kurosawa ist Drehbuchautor, Regisseur und ausführender Produzent in Personalunion und schuf mit Zwischen Himmel und Hölle einen Film Noir, von dem das US-Kinoplakat seinerzeit versprach: „One of the best detective thrillers ever filmed.“
„This is an astoundingly modern-feeling film, in which Mifune once again exudes authority, humility and gravitas“, heißt es bei Alexander Ballinger und Danny Graydon in deren The Rough Guide to Film Noir (2007). Tatsächlich schafft Kurosawas Verzicht auf Studiorequisiten und der Sprung ins pulsierende Leben Tokios eine Atmosphäre, die viele Neo-Noir-Filme Europas und der USA erst ab den Siebzigern auszeichnen. Die Polizeiarbeit im Finale erinnert z.B. an John Frankenheimers French Connection II (USA 1975), wobei die Richtung der Inspiration umgekehrt erfolgt sein müsste. Neben Carol Reed und Jean-Pierre Melville hat kein Regisseur außerhalb der USA dem internationalen Film Noir ab den Spätvierzigern derart seinen Stempel aufgedrückt wie Akira Kurosawa mit seinen vier dazugehörigen Meisterwerken. Zwischen Himmel und Hölle ist letztendlich formal und inhaltlich, technisch und darstellerisch für jeden Cineasten klassischer Prägung ein Muss!
Erstklassige DVD (EA 1998 und Neuedition 2008) sowie inzwischen BD (2011) im Rahmen der Criterion Collection (USA), die den Film in perfekter Ausstattung bringt: ungekürzt im Originalformat, bildtechnisch topp restauriert, Originalton mit englischen Untertiteln, als Extras Interviews mit Toshirô Mifune und Tsutomu Yamazaki, eine Dokumentation über die Dreharbeiten, den japanischen und den US-Kinotrailer, sowie ein 24seitiges Booklet mit einem Essay von Filmkritiker Geoffrey O’Brien. Auch die DVD vom British Film Institute (BFI, 2005) bringt den Film ungekürzt in exzellenter Qualität, ohne Extras, doch mit dem typischen achtseitigen Booklet inkl. Standfotos und einem Essay. In Deutschland gibt es von alledem nichts.