Post Noir
| France
| 1962
| Anatole Litvak
| Albert Rémy
| Anthony Perkins
| Gig Young
| Sophia Loren
Bewertung
***
Originaltitel
Le couteau dans la plaie
Kategorie
Post Noir
Land
FRA/ITA
Erscheinungsjahr
1962
Darsteller
Anthony Perkins, Sophia Loren, Gig Young, Jean-Pierre Aumont, Yolande Finch
Regie
Anatole Litvak
Farbe
s/w
Laufzeit
104 min
Bildformat
Widescreen
In einem Pariser Jazzclub tanzen die Gäste durch die Nacht und besonders die hübsche Lisa (Sophia Loren) genießt es in vollen Zügen. Ein junger Mann kommt die Treppe herunter und veranlasst die Frau, mit ihm das Lokal zu verlassen. Er heißt Robert Macklin (Anthony Perkins) und er ist Lisas Ehemann. Robert ist Amerikaner, Lisa Italienerin und beide leben in Paris. Er ist krankhaft eifersüchtig, so dass für Lisa ihre Ehe eine Qual geworden ist. Noch bevor sie in dieser Nacht nach Hause kommen, schlägt er sie. Plötzlich jedoch ist der Mann voller Reue und versichert sie eindringlich seiner Liebe. Am nächsten Tag muss er geschäftlich nach Casablanca reisen. Aufgrund seiner Flugangst schließt er am Flughafen eine Versicherung ab. Lisa jedoch hat ihr Leben zu zweit gründlich satt und kündigt Robert an, sich von ihm zu trennen. Nach Roberts Abreise trifft sie abends Alan Stewart (Jean-Pierre Aumont), einen alten Freund, dem sie von ihrer Absicht einer Scheidung erzählt. Doch als dessen Haushälterin die Post bringt, erhalten sie eine unerwartete Nachricht…
Das Problem des Films ist schnell erklärt. Roberts Flugzeug stürzt ab, doch er selbst überlebt als einziger leicht verletzt. In der Nacht nach dem Unglück taucht er in Paris bei Lisa auf – in den Klamotten der Reise, sauber gescheitelt, trotz Verletzungen zu Fuß unterwegs und unerkannt: „Don’t be scared, honey. It’s only me.“ Äh, hallo? Selbst wer sich bewusst darauf einlässt, mit einer bereits distanzierten Sicht auf den Plot schaut, muss sich fragen, ob Autor und Regisseur das seinerzeit ernst meinten. Die Art der Inszenierung legt das nahe. Die dritte Dimension zeigt die faszinierende Beziehung zweier grundverschiedener Charaktere ohne Spur von Humor als einem Element vorzeitiger Entlastung. Faszinierend ist die Beziehung, weil genau sie in ihren Facetten eingangs unglaubwürdig erscheint, – Was denn, solch schöne Frau ist dieser Kanaille verfallen? – doch im Lauf des Films zunehmend die Abgründigkeit im Charakter eben der Frau aufdeckt. Sowohl Anthony Perkins als auch Sophia Loren spielen ihre Rollencharaktere bis zum Finale adäquat durch. Trotzdem urteilen Filmfreunde bis heute, dass ihre Darsteller fehlbesetzt seien. Warum? Weil man zwar mit Perkins den Norman Bates aus Psycho (USA 1960) verbindet, aber mit Sophia Loren nur das freche Liebchen leichtgewichtiger Unterhaltungsfilme, das stets darauf wartet vom richtigen Mann gepflückt zu werden. In Die dritte Dinmension zeigt Sophia Loren, dass sie weitaus mehr drauf hatte als ihre jährliche Standardrolle. Genau die Differenz, der Riss schon im Erscheinen der beiden als Paar machen die Wahl Litvaks auf den zweiten Blick spannend. Dies macht die Qualität des Films aus.
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So bleibt das Problem dasjenige der zwei Ebenen, die nicht zueinander finden. Die Prämisse der Story, Flugzeugabsturz und Einkassieren der Versicherungssumme in der Manier von Frau ohne Gewissen (1944), derweil sich Robert, offiziell tot, in Lisas Wohnung versteckt halten muss, ist einfach unglaubwürdig und das beschädigt den Film. Die Psychodynamik der beiden Protagonisten ist mit Blick auf deren Entwicklung im gelungen konsequenten Finale ebenso vielschichtig wie einzigartig. Die Rolle Gig Youngs, der das Rätsel in der Beziehung der ungleichen Ehepartner sowenig zu lösen weiß wie der Zuschauer, ist ein wenig schmal geraten – auch sonst erscheinen die Nebenfiguren blass. Wunderbar ist das versierte Schwarzweiß von Film-Noir-Veteran Anatol Litvak (Du lebst noch 105 Minuten, 1949) und dessen Kameramann Henri Alekan, ebenso wie die Filmmusik von Mikis Theodorakis. Ein zwiespältiger Film, der dennoch zu beeindrucken versteht. Die dritte Dimension hat einen französischen Originaltitel - Le couteau dans la plaie – und ist in Frankreich gedreht, doch der Originalton ist Englisch. Die deutsche Altsynchronisation ist richtiggehend furchtbar und zwar sowohl mit Blick auf die Übersetzung im Ganzen als auch bzgl. sonstiger Freiheiten - aus „Alan“ wird „Erich“, etc.
Exzellente Edition auf DVD (2008) von Carol Media Home Entertainment: Originalformat und ungekürzte Laufzeit von 104 Minuten, Tonspuren auf Deutsch (unbedingt zu vermeiden) und Englisch, dazu den original Kinotrailer als Extra.