Sean Penn, Tim Robbins, Kevin Bacon, Emmy Rossum, Laurence Fishburne
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© Warner Bros.
Boston, Massachusetts, im Sommer des Jahres 1975: Im irisch-amerikanischen Arbeiterviertel Charlestown spielen Dave Boyle (Cameron Bowen), James “Jimmy“ Markum (Jason Kelly) und Sean Devine (Connor Paolo), drei Jungs im Alter von 11 bis 12 Jahren, auf der Straße Hockey. Dave steht im Tor und hält einen Schuss, aber der Ball rollt durch eine im Bordstein befindliche Öffnung in die Kanalisation und Sean, der es zumindest mal versucht, erwischt ihn nicht mehr. Jimmy stellt sich vor, wie es wäre mit einem Auto, wo noch der Schlüssel steckte, um den Block zu fahren, aber die anderen sind dagegen. In einer abgesperrten Baustelle auf dem Trottoir findet sich ein frisch mit Zement ausgegossenes Quadrat und Jimmy kratzt mit einem Holzstück seinen Namen hinein. Um sich für immer darin verewigt zu finden, folgt ihm damit auch Sean, aber als Dave an der Reihe ist, hören sie hinter sich eine Stimme und ein Mann in Zivil (John Doman), Handschellen am Gürtel, erkundigt sich, ob sie es in Ordnung fänden, öffentliches Eigentum zu beschädigen. Er winkt sie herbei und fragt die eingeschüchterten Jungs, wo sie wohnen. Dave ist als letzter dran. Als einziger lebt er nicht genau hier sondern in der Rester Street. Der Cop erklärt, dass er mit seiner Mutter sprechen wolle, und zwingt Dave ins Auto einzusteigen, um ihn nach Hause zu fahren... Als die beiden zurückbleibenden Jungs kurz darauf von ihrem Erlebnis berichten, werden Seans und Jimmys Vater (Miles Herter, T. Bruce Page) sofort misstrauisch und sind alarmiert…
“Maybe some day you forget what it's like to be human and maybe then, it's ok.” Vier Tage lang wird der junge Teenager Dave Boyle von den zwei Peinigern, die ihn als falsche Polizeibeamte entführten, vielfach vergewaltigt. Dann gelingt es ihm zu fliehen, und er kommt zurück nach Hause. Aber Dave ist für sein Leben gezeichnet und traumatisiert. Er ist nicht mehr, der er war, und er wird es nie wieder sein… 25 Jahre später ist Sean Devine (Kevin Bacon) ein erfolgreicher Detective der Mordkommission im Dienst der Massachusetts State Police. Jimmy Markum ist Inhaber eines Gemischtwarenladens, nachdem er wegen Raubüberfalls einige Jahre im Gefängnis verbrachte. Mit dem irischen Mob der Stadt ist er stets gut vernetzt. Dave Boyle ist Fabrikarbeiter, ein gebrochener Mann, der sich mehr schlecht als recht über Wasser hält. Alle sind sie auch verheiratet. Indessen Seans Frau ihren Gatten just in der Zeit ihrer ersten Schwangerschaft verlässt, spielen Annabeth Markum (Laura Linney) und Celeste Boyle (Marcia Gay Harden) im Leben ihrer Männer je eine bedeutende Rolle. Als Katie Markum (Emmy Rossum), Jimmys 19-jährige Tochter aus einer ersten Ehe, eines Nachts ermordet wird, geht nicht allein ihr Vater durchs Fegefeuer. Die drei Freunde von einst sind in Katies Schicksal und in die Aufklärung der Bluttat alle verwickelt. Schuld und Sühne, Loyalität und Verachtung, Moral und Egoismus brechen sich Bahn und schleudern die Akteure in einen Strudel von Ereignissen, den sie immer weniger unter Kontrolle haben, obgleich sie das Gegenteil dessen beabsichtigen. Clint Eastwoods Verfilmung des gleichnamigen Romans von Dennis Lehane (EA 2001, auf Deutsch 2002 als Spur der Wölfe) ist ein abgrundtief dunkler Neo Noir, der sich konträr zu vielen Hollywoodfilmen des 21. Jahrhunderts nicht scheut den Härten und der Tragik seiner Geschichte Raum zu geben. Das Kunststück des Films liegt in der präzisen und aufrüttelnden Darstellung all der Missverständnisse und Fehlschlüsse, welche diejenigen, die so nachvollziehbar und teils redlich ein hehres Ziel verfolgen, schließlich in Konflikte und in offene Feindschaft straucheln lässt, die fatale Konsequenzen nach sich zieht. Hier trifft das Drama neuralgische Punkte und erreicht in der Umsetzung ein Maß an Glaubwürdigkeit, das sowohl den Köpfen hinter der Kamera als auch den Personen davor geschuldet ist, denn sie alle agieren auf den Punkt genau nach Maß.
“Their daddy's a king. And a king knows what to do and does it. Even when it's hard.“ Ein Essay zur Premiere des Films erschien im Oktober 2003 in der New York Times, geschrieben von A.O. Scott und betitelt Ms. Macbeth and her cousin: The women of Mystic River. Man muss den Text nicht wörtlich zitieren, um zu erkennen, dass der Vergleich von Annabeth Markum mit jener dämonischen Figur der Literaturgeschichte exquisit gewählt ist. Nicht nur reichen in dieser Geschichte die Blutsbande tief. Sie lassen aus dem Kern der Liebe zudem ihr Magma ausbrechen, und dafür ist Annabeth Markum jedes Mittel recht… Als Schauspieler und als Regisseur hat Clint Eastwood über Jahrzehnte hinweg Stärken und Schwächen offenbart. Ich erwähne letztere, denn Eastwood hat sich vor und hinter der Kamera für Schrott und Irrtümer nicht nur hergegeben, wie es in Hollywood ja die Regel ist, er hat solche (City Heat - Der Bulle und der Schnüffler, USA 1984) auch herbeigeführt. Mystic River aber ist sein Meisterwerk: daran gibt es nichts zu rütteln. Bis zur letzten Minute passt jede Nuance zur vorherigen. Immerzu hält die Inszenierung das sofort mit der ersten Szene eingestellte Niveau. Als preisgekrönte Hollywood-Produktion der Warner Bros. Pictures ist solches Werk der Glücksfall eines Neo Noirs, der keine Kompromisse eingeht und sich nicht aus Geschäftsinteresse ans Publikum anzubiedern sucht. Lehanes Erzählung ist auch in der Adaption für die Kinoleinwand starker Tobak. Zuletzt ist es, was die Qualität des Films ausmacht, der einem noch über Tage hinweg nicht aus dem Kopf geht. Mit Beginn der 2000er verwoben The Deep End – Trügerische Stille (USA 2001) von David Siegel und Scott McGehee oder Lantana (AUS/GER 2001) von Ray Lawrence ihre Geschichten mit Abgründen von Liebe und Tod in Familien. Clint Eastwoods Mystic River nach Dennis Lehanes Roman hebt solches auf ein Niveau, wie es dem Neo Noir im 21. Jahrhundert nur selten vergönnt war und selten vergönnt ist.
Es gibt eine deutsche BD-Ausgabe (2010) der Warner Bros. Entertainment GmbH mit dem Film ungekürzt (FSK 16) im Originalformal, bild- und tontechnisch topp mit dem englischen Originalton, dazu die deutsche, italienische, französische, spanische, ungarische Synchronisation, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Als Bonus gibt es einen Audiokommentar von Tim Robbins und Kevin Bacon, das Feature Mystic River: Unter der Oberfläche, das Bravo-TV-Special Mystic River - Vom Buch zum Film und The Charlie Rose Show: Interviews mit Clint Eastwood, Tim Robbins, Kevin Bacon, zudem den US-Kinotrailer. Die deutsche DVD-Edition (2004) der Warner Bros. Entertainment GmbH beinhaltet Tonspuren und UT lediglich auf Deutsch und/oder Englisch und bietet die Bonus-Features lediglich in einer Edition als 2-DVD-Set.