City Heat – Der Bulle und der Schnüffler

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
City Heat
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1984
Darsteller

Clint Eastwood, Burt Reynolds, Jane Alexander, Madeline Kahn, Rip Torn

Regie
Richard Benjamin
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
98 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 © Warner Bros.

Kansas City im Jahr 1933: In einer regnerischen Nacht betritt Police Lieutenant Speer (Clint Eastwood) Louis‘ Diner, wo sein Erscheinen einige der anwesenden Gäste in Unruhe versetzt. Bei Inhaber Louis (Robert Cole) bestellt er am Tresen einen Kaffee, als draußen ein Wagen vorfährt und direkt vor dem Lokal parkt. Der Beifahrer (Bruce M. Fischer), ein hünenhafter Grobian, steigt aus und betritt nun ebenfalls Louis' Diner. Er fragt Louis, ob ein gewisser Mike Murphy (Burt Reynolds) sich heute Abend schon habe blicken lassen, doch Louis spielt den Unwissenden. Das lässt der Schläger, der von Murphys Gewohnheiten weiß, sich nicht gefallen, und als er seiner Frage mehr Nachdruck verleiht, ohne dass Speer sich genötigt sieht einzugreifen, entgegnet Louis, dass er noch nicht da war. Kurz darauf fährt Privatdektiv Mike Murphy in seinem Ford Model A vor, mit offenem Verdeck und einem Regenschirm, der sich nicht mehr einklappen lässt. Er kauft im strömenden Regen beim Blumenhändler ein Veilchen, das er sich ins Revers klemmt und betritt Louis‘ Diner. Der Wirt spricht Murphy als Archie an, und jener versteht, dass etwas nicht zu stimmt, doch dann gesellt sich auch der zweite Schläger (Art LaFleur) zum ersten und weist darauf hin, dass draußen Murphys Wagen stünde. Sofort entsteht eine Prügelei, bei der Speer, der Murphy als ehemaligen Kollegen im Polizeidienst kennt, trotz Louis‘ Aufforderung noch immer nicht mitmischt. Erst als einer der Ganoven Speer anrempelt und jener seinen Kaffee verschüttet, ändert sich das plötzlich…

 

Die Karriere des für seine Komödien der 60er / 70er Jahre berühmten Regisseurs Blake Edwards (Der letzte Zug, USA 1962) reicht bis in die 40er Jahre zurück. Er schrieb das Drehbuch für Richard Quines Film Noir Drive A Crooked Road (USA 1954) und kreierte die TV-Serien Richard Diamond, Private Detective (USA 1957-1960) und Peter Gunn (USA 1958-1961), die den Privatdetektiv des Film Noirs ins Fernsehen brachten. In den 70ern schrieb er das Skript für eine Parodie und Hommage auf den Gangsterfilm und den Film Noir, betitelt Kansas City Jazz. Seinerzeit gab es eine erste Welle der Retro Noirs und komödiantischer Huldigungen des Film-Noir-Kinos, etwa David Gilers Die Jagd nach dem Malteser Falken (USA 1975) oder Robert Moores Der Schmalspurschnüffler (USA 1978). Mit Tote tragen keine Karos (USA 1982) setzte Carl Reimer einen feinen Schlusspunkt, aber Edwards bot sein Skript zu Kansas City Jazz erst an, nachdem ihm Ehefrau Julie Andrews und Freunde dazu geraten hatten. In den späten 70ern gehörten Clint Eastwood und Burt Reynolds zu den erfolgreichsten Darstellern in Blockbustern der Traumfabrik Hollywood. Sie gemeinsam in einem Film auftreten zu lassen, schien eine gute Geschäftsidee. Indessen jedoch Blake Edwards eine Huldigung des Gangsterfilms im Sinn hatte, setzte Warner Bros. auf ein Vehikel für die Stars. Clint Eastwood wiederum kam weder mit dem Werk als Komödie noch mit Edwards zurecht. So sorgte er dafür, dass Blake Edwards als Regisseur gefeuert wurde, setzte Änderungen des Drehbuchs und den Regisseur Richard Benjamin als Ersatz durch und nannte den Film City Heat. Er bestand darauf, dass er auf Plakaten und im Vorspann der Erstgenannte wäre und dass er mehr Gage als Reynolds erhielte: 4 Millionen US-Dollar gestand Warner Bros. ihm zu. Burt Reynolds zufolge hatte Benjamin am Set regelrecht Angst vor Eastwood, der die Produktion beherrschte und als Police Lieutenant Speer beweist, dass er Komödie einfach nicht kann. Was wir sehen, ist “Dirty“ Harry Callahan in Trenchcoat und Fedora. Blake Edwards resümierte später: ”To see it turned into something completely different was very painful for me."

 

An der Kinokasse erwies sich City Heat – Der Bulle und der Schnüffler zwar nicht als Flop, blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Feuilleton und Publikum sparten nicht mit Kritik: “Richard Benjamin (…) showcases a lively ’30s in this frustratingly mismatched amalgamation of gangland caper, buddy cop flicks and screwball comedies (…) and the violent shoot-outs seem to have wondered in from another movie”, schreibt Jason Rugaard in einer Rezension für Movie Mavericks. Tatsächlich liegen die Qualitäten eher im Rahmen der Produktion: Studiokulissen, Ausstattung und Atmosphäre des in den 30ern angesiedelten Films sind fulminant. Richard Roundtree, Jane Alexander und Tony Lo Bianco zeigen darstellerische Qualitäten und werten ihre Szenen deutlich auf. Und… das war es leider schon. Trotz einer soliden Dramaturgie will keine Spannung aufkommen, denn das à la Raymond Chandler verrätselte Skript gibt den Zuschauern so viele Rätsel auf, dass bald weder der Privatdetektiv und sein ex-Kollege, der Cop, noch die Zuschauer genau wissen, worum es hier geht. Aram Strossell (Jack Vance) ist Buchhalter des Mobsters Leon Coll (Tony Lo Bianco) und stiehlt dessen Geschäftsbücher, die er an Murphys Partner Dehl Swift (Richard Roundtree) verhökert, der damit Coll zu erpressen hofft, etc. pp. Ruckzuck ist die Sache so verwickelt, dass kaum nachvollziehbar bleibt, wer was will und wofür steht, auch wenn alle so tun, als täten sie es. Einst hieß es, was City Heat hinabgezogen habe, sei Burt Reynolds‘ Unfall am ersten Drehtag gewesen, als ihm bei einer Prügelszene ein Metallstuhl den Kiefer brach. Doch Reynolds, finde ich, ist deutlich besser als Eastwood, und ich hätte mir selbst kaum träumen lassen, dass ich das mal sagte. Nach meiner Einschätzung waren es die egomanischen Starallüren von letzterem, die Blake Edwards‘ urprüngliches Konzept zu Fall brachten und das Skript einer Mainstream-Umsetzung ohne eigenen Gegenentwurf zuführten. 

 

Es gibt eine fein editierte deutsche BD-Ausgabe (2016), jedoch keine DVD, der Warner Bros. Entertainment GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformal, bild- und tontechnisch topp, dazu den englischen Originalton und die deutsche, polnische, japanische, portugiesische, tschechische, spanische und französische Kinosynchronisation, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Polnisch, Tschechisch, Französisch, Japanisch, Spanisch und Thailändisch, den original Kinotrailer als Extra.

 


 

Neo Noir | 1984 | USA | Richard Benjamin | Blake Edwards | Burt Reynolds | Clint Eastwood | Jack Nance | Richard Roundtree | Tony Lo Bianco | William Sanderson | Joan Shawlee

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