Masatoshi Nagase, Haruko Wanibuchi, Kiyotaka Nanbara, Shirô Sano, Eiji Okada
Vor dem Kino Nichigeki im Stadtteil Koganecho in Yokohama, Japan, hält eine Mercedes-Limousine W124 und eine ältere, mondäne Frau (Sumiko Sakamoto) in einem roten Kostüm steigt aus und betritt das Foyer. In der Nachmittagsvorstellung läuft The Most Terrible Time In My Life, und die Inhaberin des Kinos, Asa (Noriko Sengoku), amüsiert sich, dass in schlechten Zeiten Filme derart Konjunktur haben, verkauft sie doch Tickets am laufenden Meter. Auch die Dame in Rot muss eins erwerben, obwohl sie nicht den Film anschauen sondern den Privatdetektiv Maiku Hama (Masatoshi Nagase) aufsuchen will, der hinter dem Vorführraum des Kinosaals sein Büro hat. Aktuell ist er damit beschäftigt, das letzte ihm verbliebene Geld zusammenzukratzen, wovon er sich etwas zu essen besorgen will. Als es an der Tür klopft, wischt er die zerknitterten Scheine schnell in die Lade des Schreibtischs und gibt sich souverän. Er bietet der Dame einen Stuhl und einen Glückskeks an, und sie erzählt ihm, dass vor zwei Tagen ihre kleine Marie auf und davon sei und sie sich Sorgen mache. Daher solle er sie bitte suchen. Als Maiku Hama den Tagessatz von 50.000 Yen plus Spesen veranschlagt, hat die wohlhabende Dame nicht das geringste Problem damit. Doch als sie ein Foto Maries aus ihrer Handtasche holt, stellt sich heraus, dass Marie kein Mädchen sondern ein Schoßhund ist. Kurz darauf steht Hama mit einem Kescher bewaffnet im Foyer und erklärt Asa, die Dame im roten Kostüm habe ihn beauftragt ihre gestohlenen Diamanten zu finden…
"The Stairway To The Distant Past is the second film in a trilogy of modern noir like stories that follow young detective Maiku Hama as he deals with clients, friends, family”, stellt Bob Turnbull für J-Film Pow-Wow nüchtern fest. Der erste, ebenfalls von Kaizô Hayashi geschriebene und inszenierte Teil einer Trilogie hieß The Most Terrible Time In My Life (JPN/TPE 1993) und war in Schwarzweiß gedreht worden, eine Hommage an den US-amerikanischen Film Noir der 40er und 50er Jahren mit seinen abgebrühten und zynischen Private Eyes. In Anlehnung an Mickey Spillanes New Yorker Privatdetektiv Mike Hammer, mit Biff Elliot in Harry Essex‘ Der Richter bin ich (USA 1953) erstmals auf der Kinoleinwand zu sehen, verkörpert Masatoshi Nagase im zweiten Werk von Hayashis Trilogie den in Yokohama tätigen Maiku Hama. Nach über einem Jahrzehnt taucht die Mutter von Maiku und seiner jüngeren Schwester Akane Hama (Mika Ohmine) in der Stadt auf, eine in die Jahre gekommene Stripperin namens Lily Hama (Haruki Wanibuchi). Zugleich entbrennt ein Kampf einiger Yakuza, die sich ihrem Oberhaupt Masaru Kanno (Shirô Sano) widersetzen, und gegen die seit Jahrzehnten von einem zur Legende stilisierten, unsichtbaren Gangster namens Weißer Mann (Eiji Okada) geführte Organisation ins Feld ziehen, welche die ertragreichen Gegenden um den Tsurumi-Fluss kontrolliert. Hama ist von der Rückkehr seiner Mutter schockiert, zugleich aufgrund seiner prekären Situation durch den Polizisten Nakayama (Akaji Maro) erpressbar… Die Anlage der Geschichte ist vielschichtig und könnte in einen packenden Thriller münden, der auf verschiedenen Ebenen Überraschungen böte. Aber das Drehbuch und vor die Regie sind alles andere als fokussiert oder gar zupackend. Die Handlung eiert vor sich hin und zeigt sich hin und wieder von klischeehaften Action-Szenen durchsetzt. Obgleich mir der Mut zu mehr Drama und Tragik zusagt, hat mich die Hauptfigur Maiku Hama diesmal weder berühren noch überzeugen können. Masatoshi Nagase bleibt zu sehr Hipster und agiert um Längen zu selbstgefällig; vor allem Maiku Hamas Szenen mit Mutter Lily sind kaum zu ertragen.
“I had trouble caring about what I was seeing on the screen, because Hayashi never really gave me a reason to care”, schlussfolgert auch Bill Thompson für Bill’s Movie Emporium, und ich kann es ihm nachfühlen. Solches ist auch auf Schwächen im Schauspiel zurückzuführen, und die zeigen vor allem Haruki Wanibuchi und auch Masatoshi Nagase, die mich beide nicht überzeugten. Die Kameraarbeit und die Kulissen sind wunderbar; Teile der Inszenierung sind eigentümlich surreal, wie solches nur in den 80er und 90er Jahren möglich war, und auch starke Szenen hat der Film, wenn er nach einem etwas zähen und bemüht humorigen Start schließlich Fahrt aufnimmt. Trotz seiner explizit dem Neo Noir verschriebenen Erzählung und auch Erzählweise ließ mich der Abspann jedoch ratlos und auch ernüchtert zurück. Nachdem mir The Most Terrible Time In My Life allemal Lust auf eine Fortsetzung gemacht hatte und in The Stairway To The Distant Past ein Halbdutzend seiner Figuren erneut eine Rolle spielen, bleibt das Werk im Ganzen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Im Mai 1996 brachte Kaizô Hayashi mit The Trap (JPN 1996) den letzten, abschließenden Film über Yokohamas Privatdetektiv Maiku Hama ins Kino.
Es gibt eine vergriffene, bild- und tontechnisch gute (aber nicht brillante) US-amerikanische DVD (2005, RC 1) der Kino Lorber Films mit dem Film ungekürzt im Originalformat inklusive der original japanischen Tonspur und mit optional englischen Untertiteln, dazu den original Kinotrailer als Extra. Unterm Titel Maiku Hama Private Eye Triology erschienen alle drei Werke seinerzeit in den USA (auch via Kino Lorber Films) in einem Box-Set (2005), ebenso längst vergriffen. In Deutschland ist keiner der Filme jemals im Kino aufgeführt oder auf einem Bildträger veröffentlicht worden.