Pat O’Brien, Anne Jeffreys, Walter Slezak, Percy Kilbride, Jerome Cowan
© Warner Bros.
Der Flughafen von El Caribe, Peru, ist heute Nacht nur eine inmitten des Dschungels im strömenden Regen eines Unwetters liegende Piste mit Blechhangar. Hier steht im offenen Einfahrt der Co-Pilot (Robert Andersen) und beobachtet den Nachthimmel, indessen die zweimotorige Transportmaschine vom Typ Douglas DC-3 für den Abflug nach Panama City auf dem Rollfeld bereitsteht. Zwei Passagiere sollen mitfliegen, von denen Charles Hasso (Marc Krah) schon vor Ort ist und ausdruckslos rauchend in die sturmgepeitschte Nacht hinausblickt. Wenige Schritte entfernt sitzt ein Beamter in Zivil (Bonnie Blair) an einem Schreibtisch vor seiner Kladde. Über ihm hängt eine Wanduhr, zu welcher der Pilot (Drew Miller) jetzt emporblickt: es ist kurz vor halb drei. Endlich kommt ein Wagen angefahren, der den zweiten Passagier namens Hernandez (Fred Essler) zu den Wartenden bringt, die ihm zuschauen, als er umständlich aus dem Auto steigt. Hernandez zeigt dem Beamten seine Papiere und der macht auf einem im Klemmbrett fixierten Formular eine Notiz. Dann spannt er einen Regenschirm auf und begleitet die Passagiere zum Flugzeuge, das sie nacheinander besteigen. Der Beamte gibt dem Piloten trotz des Unwetters noch das Zeichen zum Abflug, und indessen die Motoren angelassen werden, hastet er an seinen Schreibtisch zurück. Zwischen Hühnerkäfigen und Kartons voller Küken nehmen die Passagiere auf den Sitzbänken Platz und schnallen sich an. Hinter beschlagenen Brillengläsern wirkt Hernandez sichtlich nervös…
“That guy gives me the creeps.” - “Nah, he’s not permanent.” – “Neither is anyone else.” Nicht bloß die Eingangssequenz von 7 Minuten Spielzeit, während der kaum ein Wort gesprochen wird, ist exzellent. Auch die nadelspitzen und pfeischnellen Dialoge, die Panama Citys Privatdetektiv Dan Hammer (Pat O’Brien) bevorzugt mit der Nachclubsängerin Maxine Manning (Anne Jeffreys) zu führen versteht, sind für jeden Connaisseur klassischen Kinos und seines Film Noirs ein Genuss. Ted Tetzlaff debütiert hier als Regisseur; zuvor war er ein Kameramann und hatte in den 20 Jahren von 1926 bis 1946 im Ganzen 115 Produktionen (!) auf Zelluloid gebannt, die letzte davon Alfred Hitchcocks Berüchtigt / Weißes Gift (USA 1946). Als Regisseur holt er sich den ebenbürtig meisterhaften Kameramann George E. Diskant (They Live By Night, USA 1948), und die gedoppelte Expertise hinter der der Linse erschafft ein Werk, das vor allem durch seine expressionistische Bildsprache und deren Kreativität zu bestechen weiß. Ich bin kein Fan des Schauspielers Pat O’Brien, aber er steckt einiges an Energie und Engagemnent in seine Ausgestaltung der Rolle Dan Hammers, jenes Privatdetektivs, der als “Fixer“ den Verlierern in ihrer Stadt bei Nacht immer wieder aus der Patsche hilft. Im weißen Anzug erinnert er an William Bendix und natürlich wäre jener die bessere Besetzung für die Rolle gewesen, aber O’Brien tut, was er kann, und es ist mehr, als ich erwartet hätte. Sein Problem ist, dass er mit 47 Jahren ziemlich alt aussieht und zu viele Kilos auf die Waage bringt, um ernsthaft als Anne Jeffreys “love interest“ durchzugehen, die mit 24 Jahren halb so alt wie er ist. Das wirkt von Anbeginn gestelzt, und trotz ihrer Chemie und der flotten Dialoge, bleibt der Flirt der beiden US-Amerikaner in der zwielichtigen mittelamerikanischen Stadt unglaubwürdig. Maxine Manning wird uns Zuschauern als good-bad girl dargeboten, für das im Vorjahr Rita Hayworth in Charles Vidors Gilda (USA 1946) zur Blaupause wurde, und auch das funktioniert nicht. Anne Jeffreys ist trotz ihrer geheimen Beziehung zu Jerome Cowan, mit 49 nochmals 2 Jahre älter als Pat O’Brien und im Film als Sektionschef eines Erdölkonzerns ein Klient des Privatdetektivs, kein bisschen Femme fatale.
© Warner Bros.
Eine während des Fluges von Peru nach Panama City gestohlene Karte von Erdölfunden und lukrativen Bohrungsstellen bringt dem Dieb und Mörder des Boten im Auftrag des Erdölkonzerns kein Glück. Er wird selbst ermordet, doch die Karte, welche er zuvor versteckte, bleibt für die rivalisierenden Interessenten verschwunden. Dan Hammer soll sie finden, aber die Sache erweist sich als kompliziert und gefährlich… Zu Teilen ist Riffraff eher eine Parodie des Film Noirs, so übertrieben erscheinen seine Figuren, so hanebüchen entwickelt sich seine Geschichte. Aber das mit Walter Slezak, Lou Lubin, Jerome Cowan und Percy Kilbride bis in Nebenrollen wunderbare Ensemble und die erstklassige Bildsprache halten den Film auf Kurs. Alles andere als ein Meisterstück seiner Zeit ist der allemal obskure Film der RKO Radio Pictures mit einer Laufzeit von 80 Minuten für den Cineasten eine unterhaltsame Zeitreise: Film Noir light mit einem Augenzwinkern und mit Szenen von überraschend expliziter Gewalt, welche die angedeutete Persiflage urplötzlich beiseite wischen.
In den USA gibt es eine DVD-R (2015) der Warner Archive Collection mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch sehr gut und mit der original englischen Tonspur ohne Unteritel und ohne Extras. Als Riff-Raff (im Unterschied zum Vorspann der Filmtitel auf originalen Plakaten) existiert auch eine spanische DVD-Ausgabe (2013) von Vértice Cine S.L.U., ungekürzt und im Originalformat mit englischem Originalton und spanischer Synchronisation, dazu mit optional spanischen Untertiteln und einem 24-seitigen Booklet mit Filmessay auf Spanisch und vielen Standfotos als Extra.