Spielhölle von Las Vegas, Die

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
The Las Vegas Story
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1952
Darsteller

Jane Russell, Victor Mature, Vincent Price, Hoagy Carmichael, Brad Dexter

Regie
Robert Stevenson
Farbe
s/w
Laufzeit
88 min
Bildformat
Vollbild

 


 

The Las vegas Story-Poster-web3.jpg The Las vegas Story-Poster-web1.jpg The Las vegas Story-Poster-web2.jpg The Las vegas Story-Poster-web4.jpg

© Warner Bros.

Der Name Clark County, Nevada, sagt niemandem etwas, sehr wohl die Stadt Las Vegas, die inmitten solcher Wüstenregion ihren Sitz hat, weiß Happy (Hoagy Carmichael), Pianist in The Last Chance, in einem der zahllosen Spiellokale jener Wüstenmetropole, die des Nachts im Glanz der Neonreklamen zu einem bizarren Leben erwacht. Einst stand die hübsche Linda (Jane Russell) zur Seite seines Klaviers und intonierte I Get Along With You Very Well, indessen ein Sergeant der US-Army, Dave Andrews (Victor Mature), andächtig lauschte und seine Augen nicht von ihr abwandte. Aber in der Stadt der raschen Wechselfälle sind sie heute beide nicht hier, und was aus ihrer Zweisamkeit wurde, weiß Happy nicht zu sagen… Indessen rast ein Schnellzug in Richtung Los Angeles durch die Nacht, der die einstige Nachtclubsängerin Linda in einem Schlafabteil mit sich führt. Just kommt ihr Ehemann Lloyd Rollins (Vincent Price), ein mehr als wohlhabender Börsenmakler, zur Tür herein und schlägt vor, da er in Los Angeles noch abkömmlich sei, einige Tage in Las Vegas zu verbringen, wo man in 15 Minuten einträfe. Linda hält nichts von der Idee und will die Stadt, in der sie einst lebte, nicht wiedersehen. Das entfacht Lloyds Neugier, der seine Frau und sich selbst mit ihrer Vergangenheit konfrontiert sehen möchte. So muss Linda einwilligen, mit ihm in Las Vegas den Zug zu verlassen. Letzteres weckt spontan auch die Neugier des Versicherungsdetektivs Tom Hubler (Brad Dexter), der ihnen, selbst ohne Gepäck, per Taxi folgt…

 

“With a woman like you, a man always runs a risk.” Knackige Einzeiler und Dialoge zu schreiben war für die Drehbuchautoren Harry Essex (Der vierte Mann, USA 1952) und Earl Felton (Um Haaresbreite, USA 1952) kein Problem. Und wenn man Sätze, wie den hier zitierten, einem Darsteller à la Vincent Price in den Mund legen kann, ist das für die Kinobesucher schon die halbe Miete. Die übrigen 50% bleibt die Produktion der RKO Radio Pictures unter dem Milliardär Howard Hughes und mit Robert Stevenson auf dem Regiestuhl allerdings schuldig. Die Geschichte um den Besuch einer ehemaligen Nachtclubsängerin, mit einem reichen Börsenmakler verheiratet, in Las Vegas und damit bei ihrem früheren Arbeitgeber im Club The Last Chance, ist mit Blick auf ihre Romantik und ihre Verbrechen mit der Brechstange konstruiert. Dass ein abgebrühter Geschäftsmann, wie Lloyd Rollins einer zu sein scheint, seine finanziell schwierige Lage mittels Glücksspiels zu drehen versucht, erscheint weit hergeholt. Mit seiner Ehefrau Linda zeigt Lloyd wenig Chemie, noch weniger sie mit ihm, die bei all ihren Umarmungen bestenfalls freundschaftliche Wangenküsse zulässt und ihm mit der größtmöglichen Distanz begegnet. Dass ein Aufenthalt in Las Vegas, von dem er (wider ihren Willen) sich Aufschluss über Lindas womöglich zweifelhafte Vergangenheit erhofft, Lloyds Stand in der Ehe verbesserte, ist kaum anzunehmen. Die erste Begegnung zwischen Lloyd Rollins und einem wild und impulsiv auftretenden Police Lt. Dave Andrews gerät zur Farce. Kein Ehemann würde sich (zudem von einem Staatsdiener) in Anwesenheit seiner Frau einen solchen Auftritt bieten lassen… Anders ausgedrückt: Die Geschichte gibt sich kaum Mühe, um dem Zuschauer ihre Prämissen und ihre Verwicklungen als glaubwürdig erscheinen zu lassen. Vincent Price ist als Lloyd Rollins von Anbeginn zum Verlierer gestempelt. Und Brad Dexters Versicherungsdetektiv Tom Hubler, der immerzu wie ein Möchtegern-Gangster agiert, ist ebenso nur das Abziehbild eines Rollencharakters und vollends belanglos.

 

The Las Vegas Story-lc-web2.jpg The Las Vegas Story-lc-web1.jpg The Las Vegas Story-lc-web3.jpg

© Warner Bros.

“This was Stevenson’s last film for RKO, and (…)  it’s too piecemeal, too jumbled, and too muddled to be enjoyed in any significant way”, schreibt Nighthawk in seiner Rezension für Film Noir of the Week und spiegelt damit auch meinen Eindruck. Nur ist für mich auch die weibliche Hauptdarstellerin ein Teil des Problems, die in ihrem sechsten Spielfilm in 9 Jahren erneut kaum schauspielerisches Talent und nicht ansatzweise die Qualität einer Femme fatale erkennen lässt. Jane Russell wurde an der Seite Marilyn Monroes in Howard Hawks‘ konservativem Musical Blondinen bevorzugt (USA 1953) zu einem Sexsymbol der USA während der McCarthy-Ära und des Koreakriegs, und genaugenommen ist sie auch in ihren drei Film Noirs für RKO Radio Pictures nichts anderes. Die starken Frauenpersönlichkeiten der 40er Jahre à la Joan Crawford, Joan Bennett, Barbara Stanwyck oder Audrey Totter hatten im gesellschaftlichen Klima der 50er Jahre ausgedient, als Biederkeit und kleinbürgerliche Rollenmodelle die Oberhand zurückgewannen. Eine Jane Russell, die hier auf Umwegen in die Arme ihres Lt. Dave Andrews findet, symbolisiert genau das, ein perfekt stilisiertes Katalogmuster für Männerphantasien – das Frauenmodell einer USA der Werbeästhetik. Damit verkörpert Russell im Prinzip die Antithese zur Femme fatale, so wie das überbordende Happy End des Films seine Zugehörigkeit zum Filmstil infrage stellt. Einzig wegen des wunderbaren Musikers Hoagy Carmichaels erhält das technisch solide inszenierte Machwerk hier knapp drei Sterne.

 

Unter dem Originaltitel The Las Vegas Story gibt es eine spanische DVD-Edition (2011) von Cinema International Media, S.L. mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch einwandfrei, dazu den englischen Originalton und die spanische Kinosynchronisation mit optional spanischen Untertitel und mit Booklet samt Produktionsnotizen (auf Spanisch) als Extra. Ebenfalls unterm Originaltitel gibt es in der US-amerikanischen Warner Archive Collection eine hochwertige DVD-R (2015) ohne Extras, und als La Citta del Piacere existiert auch italienische DVD-Ausgabe (2004) von Columbia Tristar Home Entertainment, ungekürzt und im Originalformat mit englischem Originalton und italienischer Synchronisation, dazu mit optional italienischen Untertiteln und ohne Extras.

 


Film Noir | 1952 | Robert Stevenson | Harry J. Wild | Brad Dexter | Jay C. Flippen | Robert J. Wilke | Victor Mature | Vincent Price | Will Wright | Jane Russell

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