Robert Mitchum, Jan Sterling, Karin Sharpe, Henry Hull, Emile Meyer
Als Ed Pinchot (Leo Gordon) nach Sheridan City reitet, um im Palace Saloon von ”Frenchy“ Lescaux (Ted de Corsia) einige Kumpanen zu treffen, schlägt der Hund eines Jungen (Peter J. Votrian) an und bellt. Als er sich losreißt und Pinchots Pferd folgt, zückt dieser kurzerhand seinen Revolver und erschießt das Tier. Marshal Lee Sims (Henry Hull) blickt erschrocken von seiner Lektüre auf und wirft einen Blick aus dem Fenster, während der Schmied Saul Atkins (Emile Meyer) und Doc Hughes (Florenz Ames) so wie Virge Trotter (Robert Osterloh), der Inhaber von Trotter’s Bar, die grausige Szene beobachteten. Der Doktor geht zu dem Jungen hinüber, der über seinem toten Hund kniet, und tröstet ihn… Indessen sitzen die Revue-Girls des Palace Saloons beim Frühstück und amüsieren sich über Ed Pinchots sinnlose Tat, was einzig deren Chefin Nelly Bain (Jan Sterling) kalt lässt. Als Ann Wakefield (Barbara Lawrence) die Meinung vertritt, dass das alles nicht so schlimm sei, schließlich töte Pinchot in der Regel Menschen, wirft Nelly ihre Serviette auf den Tisch und verlässt die Runde. Zur gleichen Zeit reitet der in Grau gekleidete Clint Tollinger (Robert Mitchum) am Ortsschild und am Friedhof vorüber und auf der gleichen Straße wie zuvor Pinchot in die Stadt. Er beobachtet, wie Ed Pinchot und drei Männer vor dem Palace Saloon ihre Pferde besteigen und davonreiten. Dann fragt er den Schmied Atkins, wie der Name Pinchots laute und ob er seinen Revolver etwa in einem Schulterhalfter trage, was Atkins bejaht…
“Ponca was a mighty sick town. Clint operated on it. Patient lost a lot of blood, but lived.” Es war ein beliebtes Thema im Western der 50er Jahre und schlägt sich oft in Filmen nieder, die eindeutig vom Film Noir beeinflust wurden und zur Kategorie des Noir Westerns gerechnet werden. Eine Ortschaft wird von “Outlaws“ terrorisiert, denn die Macht des Gesetzes ist aufgrund eines schwachen Marshals, aufgrund von Korruption oder aufgrund anderer Umstände außer Kraft gesetzt, und es regiert einzig der Wille des Stärkeren. Nicht selten hat dann jener Auserwählte, welcher wider die Gangster antritt, selbst keine weiße Weste und wird wegen seiner dunklen Vergangenheit und wegen seines blutigen Handwerks von den Bürgern der Stadt verachtet. “He had more enenmies than bullets“ verriet schon das Filmplakat über Marshal Calem Ware (Randolph Scott) in Joseph Lewis’ Ein Mann wie der Teufel (USA 1955) und auf Robert Mitchum als eisernen Besen von Auftragskiller, der von Stadt zu Stadt seinem schmutzigen Geschäft nachgeht, trifft das in Der Einzelgänger ebenfalls zu. Auch die Rollencharaktere von Sterling Hayden in Unbesiegt (USA 1955) oder von Audie Murphy in Auf der Kugel stand kein Name (USA 1959) wurden exakt nach diesem Modell geschnitzt. Mit Jan Sterling, Emile Meyer, Robert Osterloh und Ted de Corsia in Nebenrollen hat Richard Wilsons Debüt als Regisseur eine Riege exzellenter Nebendarsteller, und einige der pfeilspitzen Einzeiler aus dem Drehbuch von N.B. Stone jr. und Wilson selbst sind erstklassig. So ist Der Einzelgänger, der sich bei Film-Noir-Freunden in den USA großer Beliebtheit erfreut, ein dunkel getönter und keinesfalls mittelmäßiger Western. Wie vier Jahre später Audie Murphy als John Gant ist der Auftragskiller Clint Tollinger nämlich kein Sympathieträger.
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“Mitchum is a grey-clad mystery man, a “town-tamer” who (…) doesn’t clean up towns because he wants to aid the spread of civilization but because it gives him the license to shoot bad guys like clay pigeons”, schreibt Imogen Sara Smith in ihrem Artikel Past Sunset: Noir in the West für das Bright Lights Film Journal und trifft den Nagel auf den Kopf. Wenn die Bürger von Sheridan City und die Zuschauer Clint Tollinger in Aktion erleben, ist der manierliche, ruhige und besonnene Sheriff, zu dem ihn die Bürgersleut‘ unter Vorherrschaft von Schmied Saul Atkins erkoren, plötzlich in Rage. Hasserfüllt, brutal und gnadenlos nimmt er an der Gegenwart Rache für all die Wunden, die seine Vergangenheit ihm schlug, vom Tod des Vaters bis zur unerwiderten Liebe Nelly Bains, die seine abgründige Kälte und Mordlust selbst ängstigen. Es ist ein wenig bedauerlich, dass der oft herausragende Kameramann Lee Garmes (Der Scharlatan, USA 1947) den Film in so graue Bilder taucht, wie Tollingers Anzüge grau sind. Seiner Bildsprache fehlt es an Innovation, welche Drehbuch und Darsteller Robert Mitchum in seiner Rolle so richtig zum Leuchten brächte. Letzterer fand sich 1955 erst seit kurzem aus seinem Knebelvertrag mit RKO Radio Pictures entlassen und trat in jener Zeit pro Jahr in zwei bis drei Filmen auf. Als Clint Tollinger ist er durchgehend solide und teils richtig gut, doch an die Klasse seiner im gleichen Jahr gegebenen Vorstellung als falscher und mörderischer Prediger Harry Powell in Charles Laughtons Die Nacht des Jägers (USA 1955) reicht das nicht heran. Allemal ist Der Einzelgänger kein schlechter Beitrag zum Noir Western und wird deshalb hier empfohlen.
In ihrer Serie Koch Media Western Legenden führt die deutsche Koch Media GmbH Der Einzelgänger als Nr. 56 und zwar sowohl als BD (2018) als auch als DVD. Bildtechnisch erstklassig restauriert, ungekürzt und im Originalformat, das die im klassischen Vollbild gedrehte Fassung ist, die auf der BD und DVD allerdings im Bonusmaterial zu finden ist. Vorsicht! Die Breitwand-Fassung (Bildformat 16:9) ist nicht original sondern eine künstlich in der Nachbearbeitung erstellte Kino-Version, die das Bild oben und unten beschneidet, so dass Bildteile fehlen. Neben der deutschen Kinosynchronisation gibt es die englische Original-Tonspur, dazu den US-Kinotrailer, eine Bildergalerie und ein Booklet mit Filmessay und Fotos als Extras.