Michèle Morgan, Daniel Gélin, Michèle Mercier, François Chaumette, Pierre Leproux
Die Hafenstadt Nizza an der französischen Côte d’Azur an einem späten Sommerabend: Der reiche Topmanager Eric Fréminger (Peter van Eyck) steht betrunken am Straßenrand und taumelt auf die Straße. Fast wäre er von einem Auto erfasst und überfahren worden, aber das beherzte Eingreifen von Robert Montillon (Daniel Gélin), der mit einer Kunstmappe des Weges kommt, rettet ihm das Leben. Montillon hilft dem Betrunkenen, seinen Wagen ausfindig zu machen, ein weißes Cadillac Series 62 Convertible, und weil Fréminger ganz offensichtlich nicht in der Lage ist selbst zu fahren, bietet er sich an, ihn nach Hause zu kutschieren. Solches Haus entpuppt sich als eine gewaltige Villa an der Küste, deren Tor sich durch Photozellen automatisch vor ihnen öffnet, bevor sie die kiesbestreute Einfahrt hinauffahren. Fréminger lässt sich von dem offensichtlich mittellosen, unrasierten jüngeren Mann ins Haus begleiten, wo Schäferhund Arras im Erdgeschoss Wache hält, und schenkt ihm einen Whiskey ein. In einem Ausbruch von Selbsthass äußert Fréminger den Verdacht, dass ihn Montillon womöglich aus Berechnung vor dem Überfahren rettete, doch als der Beschuldigte daraufhin gehen will, bietet er ihm einen Posten als sein persönlicher Chauffeur an. Robert Montillon ist auf dem Weg zum Gästehaus, als er Eric in der Villa nach seiner Ehefrau Hélène (Michèle Morgan) brüllen hört. So erklimmt er einen Aussichtspunkt, von dem aus er beobachten kann, wie Fréminger ins gemeinsame Schlafgemach eindringt und Hélène unsanft ergreift…
“Michèle Morgan plays the classic femme fatale - an icy platinum blonde dressed always in either white or black - in this noir thriller based on the pulp novel by James Hadley Chase“, schreibt Reza Said für Letterboxd und bringt einige wesentliche Bestandteile dieses französischen Klassikers zur Sprache. Und doch ist jener für die 50er Jahre allzu typische deutsche Titel dieses Films schlicht ein Blödsinn, denn die kühle und harte Hélène Fréminger ist keinesfalls die Inkarnation des Bösen, wie sowohl das Drehbuch als auch der Regisseur in subtilen Setzungen verdeutlichen. Ihre Unfähigkeit jene Männer zu lieben, mit denen sie das Bett teilt, seien sie reich, impulsiv und überheblich wie Eric oder arm, gierig und berechnend wie Robert, wurzelt zwar in einer Störung ihrer Persönlichkeit, doch sind die drei zentralen Figuren des Klammerspiels - Eric, Hélène und Robert - allesamt Raubtiere, die einander an die Gurgel gehen. Im Nu teilt der Lebensretter und von beiden Eheleuten mit Geld bedachte Cauffeur mit Hélène das Bett und im Nu ist er bereit, Erics Selbstmord in ein Verbrechen umzumünzen, um gemeinsam mit Hélène die exorbitante Versicherungssumme von 300 Millionen Francs zu kassieren, die von Lloyd’s in London im Fall eines Freitods nicht ausbezahlt würde. Robert verführt das neue Dienstmädchen Jeanne (Michèle Mercier), die er zu lieben vorgibt, um jeglichen Verdacht einer Affäre und Komplizenschaft mit Hélène Fréminger auszuräumen, indessen er und die Witwe Jeanne vorgaukeln, Eric lebe stets im Haus und halte sich aus Angst vor seinen Gläubigern in seinem Zimmer versteckt… Zugleich ist der mittellose Grafiker Robert, der sich mit Aktzeichnungen über Wasser hält, jener typische Film-Noir-Charakter, den sein Schritt vom Weg ab immer tiefer in den Morast ureigener Begierden und Wünsche einsinken lässt.
In den später 40er Jahren verfilmte St. John Legh Clowes No Orchids for Miss Blandish (EA 1939), den ersten Roman von James Hadley Chase, der als König der Unterwelt (UK 1948) auch im deutschen Kino lief. Doch bald waren es vor allem Franzosen, welche die Bücher des englischen Thriller-Autoren für den Film adaptierten. So einige seiner Werke wurden im folgenden Jahrzehnt zu Film Noirs und noch in den 90er Jahren schrieben sich die Verfilmungen Wilder Zauber (UK/FRA/USA 1995) und Palmetto – Dumme sterben nicht aus (GER/USA 1998) in den Kanon des internationalen Neo Noirs. Luzifers Tochter, die Adaption von Chases There’s Always A Price Tag (EA 1956) - erst 1965 als Man zahlt für alles auf Deutsch - besticht durch seine exzellente Besetzung mit Michèle Morgan in einer für sie perfekten Rolle als Femme fatale und mit Daniel Gélin als dem ebenso naiven wie skrupellosen Möchtegern in ihren Händen. Neben der über die Dauer von nahezu zwei Stunden stringenten Dramaturgie durch Regisseur Denys de La Patellière ist vor allem Pierre Montazels (Razzia in Paris, FRA 1955) Kameraarbeit mit ihrem kontrastreich expressionistischen Schwarzweiß zu erwähnen, die den Rollencharakteren und ihrer großteils des Nachts spielenden Geschichte den adäquaten Rahmen setzt. Bis 1959 gab es drei weitere französische Verfilmungen von Chase-Romanen, aber sie alle sind heute mehr oder minder obskur und auch der internationalen Klientel von Film-Noir-Liebhabern kaum bekannt. Eine Femme fatale und eine Versicherungspolice, ein Emporkömmling und ein Betrugsschema: Was ansonsten vermittelte einen solchen Stallgeruch nach Film Noir?
Es gibt eine bild- und tontechnisch einwandfrei restaurierte Fassung des Films auf einer deutschen DVD (2017) der Pidax film media Ltd. mit dem Werk selbst ungekürzt und im Originalformat. Die seinerzeit in der deutschen Kinofassung geschnittenen Szenen sind heute Deutsch untertitelt, neben der deutschen Synchronisation gibt es aber auch die original französische Tonspur (leider ohne jegliche UT), dazu als Extra wie immer bei Pidax einen beigelegten Nachdruck der Illustrierten Film-Bühne mit Text und Szenenfotos des Programmheftes. Für den Connaisseur des Film Noirs und für Liebhaber französischer Filmklassiker sehr zu empfehlen.