Rolf Lassgård, Peter Stormare, Annika Nordin, Kim Tjernström, Lo Kauppi
In Norrland, einer Provinz im Norden Schwedens, gehen Dorfleute mit modernster Ausrüstung auf die Jagd. Ein Jäger (Gunnar Eklund) teilt die Gruppen ein, aber Folke Eldin (Anders Lindgren) hat es mit den Knieen und wird sich daher direkt auf einem Hochsitz postieren. Nun kommen auch der Polizeioffizier Torsten (Peter Stormare) und sein Stiefsohn Peter (Kim Tjernström) etwas verspätet hinzu. Sie sollen in der Nähe auf einem Hochsitz zu zweit Posten beziehen. Schon schwärmen die Jagdgruppen aus und treiben das Wild in Richtung der Hochsitze... Elin Eldin (Ellenor Lindgren), eine Kellnerin im Wirtshaus des Ortes, rennt mit Blutspuren auf ihrer Jacke und in panischer Angst durch den Wald. Sie stolpert und fällt und rappelt sich hoch, als ein erster Schuss die Stille zerreißt… Kurz darauf wird die Jagd von Mats (Johan Paulsen), dem Chef der örtlichen Polizei abgebrochen, und Torsten ist stinksauer. Doch Mats hat einen guten Grund. Der Wagen von Elin Eldin ist mit Blutspuren im Kofferraum aufgefunden worden; die Polzeibeamten Åström (Jesper Barkselius) und Hempo (Olov Häggmark) sind bereits vor Ort. Auch Torsten und Mats machen sich auf den Weg. Es gelingt der Spurensicherung Fingerabdrücke zu finden, die im Labor ausgewertet werden. Auf dem Reviert verhört Torsten den schüchternen, dicklichen Niklas (Jonas Hedlund), der der hübschen Kellnerin oft nachgestiegen ist. Die Fingerabdrücke sind jedoch von Jari Lipponen (Eero Milonoff), einem abseits lebenden Außenseiter, seit langem Torstens Erzfeind…
In den 90er Jahren wurden Kjell Sundvalls Thriller Jägarna (SWE 1996) und Erik Skjoldbjærg Todesschlaf (NOR 1997) zu Vorbildern dessen, was man 10 Jahre später als Nordic Noir oder Scandinavian Noir betitelte und denen man damit eine eigene Kategorie schuf. Darsteller des Stockholmer Kommissars Erik Bäckström war schon in Jägarna der damals 41-jährige Rolf Lassgård, der zuvor in Verfilmungen von Kriminalromanen des legendären schwedischen Autorenduos Maj Sjöwall und Per Wahlöö als Polizeibeamter aufgetreten und in Adaptionen der Kurt-Wallander-Bücher Henning Mankells in der Titelrolle zu sehen gewesen war. Sein grantiger, vom Leben vielfach gezeichneter Kommissar Bäckström passt in beiden als Jägarna betitelten Filmen perfekt in die raue Landschaft und zu den herben Charakteren Norrlands, die Erik Bäckström allein deshalb vertraut sind, weil er mit seinem Bruder Leif (Lennart Jähkel) unter widrigen Umständen und unter der Knute eines verhassten Vaters auf einem Bauernhof der Gegend heranwuchs… In Die Nacht der Jäger, so der deutsche DVD-Titel von Jägarna 2, trifft Erik Bäckström erstmals auf seinen 16 Jahre zuvor noch ungeborenen Neffen Peter, Leifs Sohn und Stiefsohn Torstens, insofern Leif tot und Peters Mutter Karin Johansson (Annika Nordin) inzwischen mit Torsten liiert ist. Bäckström wird von seinem Vorgesetzten (Yngve Dahlberg) in Stockholm gezwungen, sich des Falls der vermissten Elin Eldin anzunehmen, demgegenüber er ein Wiedersehen mit seiner Heimat und mit ihren Bewohnern unbedingt hatte vermeiden wollen. So ist sein Besuch für alle Beteiligten von Anbeginn schwierig. Solches liegt nicht allein an den Ermittlungsarbeiten, die von vornherein in die falsche Richtung gelenkt werden sollen, es liegt auch an Geheimnissen und an Verletzungen einer gemeinsam durchlebten Vergangenheit.
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“Rolf Lassgård gives an assured and understated performance, while Peter Stormare displays acting prowess with intensity (…), but Sundvall’s (…)‘Nordic Noir’ does not reach the heights it could have“, schreibt Gavin Thai-Low für Roobla, und ich stimme zu. Schauplätze und Kameraarbeit, Dramaturgie und Schauspieler, Rollencharaktere und Dialoge - die Einzelbausteine sind in vielen Sequenzen derart zugespitzt und sprühen vor Intensität, dass wir als Zuschauer etwas Außerordentliches, Meisterhaftes erwarten. Doch das findet leider nicht statt. Der Kriminalfall selbst erweist sich zuletzt als zu schlicht und zu banal, das Was reicht an das Wie nicht heran. Und trotz (oder vielleicht gerade wegen) der fast schon Shakespeare-haften Konfrontation im Finale teilt es sich dem Zuschauer mit und sorgt für ein zartbitteres Bedauern. Viel hätte Kjell Sundvall nicht gefehlt, um seinen Thriller Jägarna zu übetrumpfen. Doch bleibt Jägarna 2 ein sehenswerter, ungemein spannender und vorzüglich gespielter Nordic Noir. Erik Bäckström im Clinch gegen alle und Peter Stormares Torsten im Kampf gegen sich selbst: die Charaktere gewähren uns dezidiert Einblicke in Nuancen ihrer komplexen Neo-Noir-Charaktere und Annika Nordin und Lo Kauppi sorgen in ihren Nebenrollen dafür, diese zu vervollständigen. Jägarna 2 ist zwar kein Meistwerwerk, aber alles andere als vertane Zeit und sehr zu empfehlen.
Als Die Nacht der Jäger gibt es je eine deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2012) der Atlas Film Home Entertainment, bild- und tontechnisch exzellent, die den Film ungekürzt im Originalformat präsentiert, dazu den schwedischen Originalton mit optional deutschen Untertitel plus einer deutschen Synchronisation. Die auf der Cover-Rückseite angegebene Laufzeit von 120 Minuten ist falsch, der Film dauert als DVD (= PAL) 125 und als BD 129 Minuten. Als Extras gibt es den schwedischen Kinotrailer und auch den deutschen Trailer zur VÖ auf BD und DVD.