Prince Of The City – Die Herren der Stadt

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
*****
Originaltitel
Prince Of The City
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1981
Darsteller

Treat Williams, Jerry Orbach, Richard Foronjy, Ken Billett, Kenny Marino

Regie
Sidney Lumet
Farbe
Farbe
Laufzeit
167 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© Warner Bros.

New York in den 70er Jahren: Police Detective Daniel Ciello (Treat Williams) gehört mit seinen ebenso italienischstämmigen Kollegen Bill Mayo (Ken Billett), Dom Banno (Kenny Marino) und Joe Marinaro (Richard Foronjy) zu einer Sondereinheit der Drogenpolizei unter Police Sergeant Gus Levy (Jerry Orbach). Die Beamten haben mit der Unterwelt ihr Auskommen gefunden. Sie wissen, wie in den verwinkelten Gassen und Hinterhöfen ihrer Metropole der Hase läuft. Sowohl Junkies als auch Dealer sind ihre Informanten. Im Gegenzug für die eine oder andere Gefälligkeit versorgen die Polizisten ihre Leute mit Drogen oder drücken das eine ums andere Mal ein Auge zu. Vor allem bessern sie ihren eigenen Lohn auf, indem sie bei einem Fahndungserfolg nie die gesamte Summe dessen abliefern, was sie in Beschlag nehmen. Sie alle führen ein bürgerliches Leben, haben Familie und sind als Partner wie Brüder miteinander verbunden… Heute sitzt Ciello zur Mittagsstunde in einem schäbigen Diner und trinkt Kaffee aus einem Pappbecher, als sein Informant Sancho (Lionel Pina) hereinkommt und ihn auf die Telefonzelle auf der anderen Straßenseite hinweist. Ciello steckt ihm eine Banknote zu und geht. Zeitung lesend sitzt er in seinem Wagen vor der Telefonzelle, als der Dealer “The King“ (Robert Christian) neben ihm hält und mitteilt, dass der Termin heute um 15:00 Uhr sei. Die Polizeibeamten um Levy rufen nun hintereinander ihre Partner an und schon bald wissen alle Bescheid. Eine neue Verhaftung steht ins Haus…

 

“Ask me a question, and I feel like I’m lying, even though I’m telling the truth.” Ein Polizist, der als Teil eines korrupten Systems seit Jahren die Rechtsprechung hintergeht und sich bereichert, kann als Sprössling und als Vater und Ehemannn einer Familie und mit Blick auf Veränderungen, die ihn selbst als einen gewaltbereiten, impulsiven Menschen kennzeichnen, dem Druck der Verhältnisse nicht länger standhalten. Als sich Detective Danny Ciello die Gelegenheit bietet, offenbart er sich einem für Internal Affairs der Polizeibehörde in New York arbeitenden Rechtsanwalt (Norman Parker). Obwohl er vereinbart, seine Partner vor jeglichem Zugriff zu schützen, ist sein Leben und das seiner Familie fortan nicht mehr dasselbe, sobald er als verkabelter Spitzel mit Mikrofon Dutzende von Gesprächen mit Gangstern und Polizisten aufzeichnet und schließlich als Kronzeuge vor Gericht aussagen muss… Sidney Lumets episches Drama um einen aufrichtigen Mann von schlichtem Gemüt, der in New York aufwuchs und aus innerer Not die Instanzen der Rechtsprechung anruft, ist ein Meisterwerk und eine Tour de force. Nun ist Sidney Lumet für mich eh ein Meisterregisseur, doch allein die Spielzeit von fast 2 Stunden und 50 Minuten bezeugt bei Prince Of The City – Die Herren der Stadt ein ambitioniertes Großprojekt, dessen nüchtern semi-dokumentarischer Charakter bis heute nichts von seiner bis in Details schmerzhaft genau recherchierten Authentizität und von seiner emotional durchschlagenden Wirkung verloren hat. Als Adaption des gleichnamigen Sachbuchs von Robert Daley (EA 1978) ist der Film nie belehrend und nie reißerisch. Genau das trägt zu seiner über die Grenzen des Kontexts reichenden Zeitlosigkeit bei. Denn wir erkunden zwar ein System, doch wir sehen vor allem jene Menschen, die es gestalten und die ihm ausgeliefert sind.

 

Der Rhythmus einer Dramaturgie, insbesondere über eine solch lange Strecke, ist immer ein Indikator für die Qualität eines Werks. Dass es Lumet bei dem Umfang seines Films gelingt, die Dynamik und Spannung aufrecht zu erhalten, ist bemerkenswert. Aber im Fall dieses Regisseurs zählen stets mehrere Faktoren, die sich dank der einfühlsamen und stilsicheren Wesensart seines Zugriffs aufs Medium ergänzen. Die Drehorte liegen hier fernab von jedweder Studiokulisse, Lumet trat bewusst in die Fußstapfen Jules Dassins (Stadt ohne Maske / Die nackte Stadt, USA 1948) und drehte bevorzugt inmitten der Großstadt. So wie er jede übertriebene Stilisierung vermeidet, so erweist er sich als Meister der Schauspielerführung, der seinen Akteuren immerfort engagierte Leistung abrang, ohne dass sie ins Over-Acting abdrifteten. Dieses hohe Maß an Präsenz und eine Bildästhetik, die sich nie selbst in den Vordergrund rückt, zeichnet viele der Neo Noirs Sidney Lumets aus. Bis ins hohe Lebensalter, als er mit Tödliche Entscheidung (USA/UK 2007) seinen letzten Film ablieferte, wurde er seinem hoch gesteckten Anspruch und den Erwartungen seines Publikums gerecht. In Prince Of The City – Die Herren der Stadt (USA 1981), der auf Filmstars komplett verzichtete, liefern einige Schauspieler die wohl beste Einzelleistung ihrer Karriere. Der Film ist keine leichte Kost, er fordert heraus und er berührt oft mehr, als uns lieb ist. Dennoch gehört er nach meiner Einschätzung nicht nur für den Connaisseur des Film Noirs zur Pflichtkür.

 

Es gibt eine exzellente deutsche 2DVD-Ausgabe (2007 und 2009) der Warner Home Video und alternativ die einzelne DVD (2006) in der Cinemathek der Süddeutschen Zeitung mit dem Film ungekürzt im Orginalformat, dazu den original englischen Ton oder auch die deutsche Kinosynchronisation (allerdings ist dieser Film ein Muss in der Originalsprache) und optional auch Untertitel auf Deutsch oder auf Englisch. Bei der 2DVD erhält man ein fast 30minütiges Making Of mit zahlreichen Interviews und den Kinotrailer als Extras.

 


Neo Noir | 1981 | USA | Sidney Lumet | Jerry Orbach | Lance Henriksen | Richard Foronjy | Treat Williams | Lindsay Crouse

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