Dean Jagger, Kim Hunter, Robert Mitchum, Neil Hamilton, Lou Lubin
Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania: Es ist schon Nacht, als Sportartikelhersteller Sam Prescott (Dick Elliott) in einer Löwenmaske zur Bar des Hotels Philadelphia herein wankt, wo er selbst auch zu Gast ist. Der Lions Club hat heute Abend hier gefeiert und Prescott, der bester Laune ist, bestellt beim Barkeeper Jacob Houser (Lou Lubin) einen Bourbon, von denen er zu viele schon genossen hat. Beim Bezahlen fällt ihm ein ganzes Bündel Geldscheine aus der Tasche und er prahlt vor Houser und einem einzelnen noch in der Bar befindlichen Gast (Dean Jagger), dass er immer gern viel Bargeld bei sich trüge, im Augenblick sogar 10.000 US-Dollar. Houser stellt den einsamen Gast als Handlungsreisenden vor, doch als einen ohne Zimmer, und der betrunkene Prescott lädt den Fremdem ein, doch bei ihm im Zimmer zu nächtigen, was jener gern annimmt… Als am nächsten Vormittag das Zimmermädchen (Virginia Sale) mit ihrem Hoover in Prescotts Zimmer tritt, sieht sie dessen Bewohner doch tatsächlich samt seiner Löwenmaske im Sessel hocken. Doch als sie näher tritt, und er auf ihre Ansprache nicht reagiert, nimmt sie ihm die Maske ab, und es kommt ein Toter zum Vorschein… In einem Zug auf dem Weg nach New York schiebt sich der Schaffner (Sam McDaniel) durch die Passagiere auf dem Gang, gefolgt von der hübschen Millie Baxter (Kim Hunter). Er klopft ans Abteil eines älteren Ehepaars (Claire Whitney, Edward Keane) und bittet darum, die junge Dame ebenfalls in dem Abteil sitzen zu lassen…
“In spite of all this talent the film’s biggest drawback (as was typical of Poverty Row productions) was the script - which is frustratingly cooked-up and calls for a great deal of suspension of disbelief”, resümiert Mark Fertig in seiner ausführlichen Besprechung des Films im Webportal Where Danger Lives. Richtig! Die Schauspieler geben ihr Bestes, der Regisseur erweist sich als einfallsreich und engagiert, der seit 1916 aktive Kameramann Ira H. Morgan (Moderne Zeiten, USA 1936) bezaubert mit Licht- und Schattenkompositionen und Überblendungen. Aber sie alle dienen einer Erzählung, die sich zusehends als ein unausgegorenes Einerlei aus der Schublade der Kriminalfilme und Thriller jener Zeit erweist und seinen Film-Noir-Charakter trotz des exzellenten Fotografie einzig zur Haustür einlässt, um ihn zuletzt mit einem gewaltigen Tritt nach hinten hinaus zu verabschieden. Wie sehr leiden wir eingangs mit Millie Baxter, wenn sie ihren Ehemann, ihr praktisch fremd, in der Weltstadt New York erst nicht zu finden vermag und später von einem furchtbaren Verdacht heimgesucht wird, den er gar nicht zu entkräften sucht. Wer sich hier an Teresa Wright als Charlie Newton in Alfred Hitchcocks Im Schatten des Zweifels (USA 1943) erinnert wähnt, die ihren Onkel Charlie Oakley (Joseph Cotten) ebenfalls im Verdacht hat, liegt mit dieser Vermutung einer Inspiration nicht falsch. Auch an Jack Hivelys Street Of Chance (USA 1942) lässt zumindest ein zentraler Aspekt dieses Films denken, und atmosphärisch fühlte ich mich mitunter an Jacques Tourneurs Katzenmenschen (USA 1942) erinnert, denn Kim Hunter als Millie dominiert diesen Film.
Als das Werk 1944 unterm Titel When Strangers Marry in die Kinos kam, war es vor allem dieser Titel, der Journalisten und Publikum verwirrte, die eine zeittypische Komödie erwartet hatten. Im Jahr 1949 wurde er als Betrayed wiederveröffentlicht, diesmal mit Robert Mitchum im neuen Vorspann und auf Filmplakaten an erster Stelle. Jener war inzwischen bei RKO Radio Pictures fest unter Vertrag und seit Goldenes Gift (USA 1947) und Verfolgt / Späte Rache (USA 1947) spielte er vornehmlich in Film Noirs und in Western jeweils Hauptrollen. Eine zuvor namentlich nicht genannte Rhonda Fleming in einer Statistenrolle, rutschte im Abspann auf Platz 5. Kim Hunter und Dean Jagger war weniger Glück beschieden. Letztere fand sich in den 50er Jahren auf der Schwarzen Liste des Komitees für unamerikanische Umtriebe (HUAC) und war mit Berufsverbot belegt. Trotz eines Oscars für ihre Nebenrolle in Elia Kazans Endstation Sehnsucht (USA 1951) war ihre Filmkarriere praktisch vorüber, bevor sie begonnen hatte. When Strangers Marry / Betrayed überzeugt auch mit der Riege seiner Nebendarsteller, von denen ich besonders Lou Lubin hervorheben möchte, mit dem Kim Hunter bereits in ihrem bemerkenswerten Filmdebüt, in Mark Ronsons The Seventh Victim (USA 1943) gearbeitet hatte. Es ist für den Film-Noir-Freund sicher kein Fehler, sich When Strangers Marry / Betrayed anzuschauen. Die Erwartung, ein verstecktes Juwel der Historie des Film Noirs zu entdecken, sollte man allerdings vorzeitig ad acta legen.
Exzellente DVD-Edition (2010) in der Warner Archive Collection mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch allemal gut, das Ganze wie in der Serie üblich ohne Extras.