Hardy Krüger, Stanley Baker, Micheline Presle, Robert Flemyng, John Van Eyssen
London: Der holländische Kunstmaler Jan Van Rooyen (Hardy Krüger) springt an derThemse aus dem Bus und macht sich zu Fuß auf den Weg zu seinem Rendezvous mit der hübschen, jedoch verheirateten Französin Jacqueline Cousteau (Micheline Presle). Auf dem Weg kauft er bei einer Straßenhändlerin noch eine Blume, die er seiner Geliebten mitbringen will. Er ist bester Laune und rennt die Stufen zu dem Apartment empor, wo das Stelldichein stattfinden soll. Die Wohnungstür ist offen, so wie verabredet, und Van Rooyen tritt ein. Er ruft nach Jacqueline, doch während er durch die verzweigten Räume des überladen barock eingerichteten Apartments schlendert, stellt er fest, dass trotz des flackernden Kaminfeuers niemand anwesend ist. Er betätigt den Plattenspieler und hört laut eine Jazz-LP, er riecht an einem Parfümflacon und wäscht sich die Hände, und er lässt Jacquelines Nachthemd durch seine Finger gleiten, bis er auf dem Glastisch des Wohnzimmers einen Umschlag mit seinem Namen darauf entdeckt. Darin findet er eine größere Menge an Geld und Jan Van Rooyen lässt sich enerviert aufs Kissen des Sofas zurückfallen, als er auf der Treppe hastige Schritte vernimmt. Rittlings auf dem Kanapee, streckt er der erwarteten Jacqueline seinen Arm mit der Blume entgegen, doch im Eingang zum Wohnzimmer stehen zwei uniformierte Polizeibeamte (Gordon Jackson, George Roubicek). Sie machen Jan Van Rooyen unmissverständlich klar, dass er unter Aufsicht steht und die Wohnung nicht mehr verlassen darf…
“I should imagine, you’d have a girl. One of those intense little arts students… with a ponytail, green stockings and dirty fingernails.” Dies könnte ein großartiger Film sein und tatsächlich gibt es vieles daran und darin, was im Rückgriff auf die beteiligten Meister ihres Fachs gelungen ist. Die zugespitzten Dialoge der Autoren Ben Barzman und Millard Lampell, beide US-Amerikaner und nach der Kommunistenhatz durch Senator Joseph McCarthy im Jahr 1959 so wie Regisseur Joseph Losey lange im Exil, sind bis heute ein Hochgenuss. Barzman hatte zuvor schon mit Losey zusammengearbeitet, u.a. bei Teuflisches Alibi (UK 1957), ebenso mit dem Exilanten Jules Dassin und mit dem bereits in den 40er Jahren vom House Committe on Un-American Activities verfolgten Edward Dmytryk. Der Kameramann Christopher Challis, auch er ein Weggefährte Loseys, entpuppt sich einmal mehr als subtil und kunstvoll in seinen Bildkompositionen, Die Regie sorgt für eine flotte Gangart, und das Schauspiel Stanley Bakers und Micheline Presles ist über jeden Zweifel erhaben. Was gleich zu Beginn irritiert, ist die Wahl und das Spiel Hardy Krügers in der Hauptrolle. Der Mann gibt sich ohne Zweifel Mühe, doch er übersteuert und überspitzt seine Darbietung, wirkt mitunter gespreizt, so dass man ihm bestimmte Sätze aus dem Mund seines Rollencharakters nicht abnimmt. Die ersten sechs Minuten, wenn der Zuschauer den in Liebe entflammten Van Rooyen in Jacqueline Cousteaus Apartment begleitet, sind in ihrer jungenhaften Art schlicht albern. Vor allem passen sie nicht zum Charakter einer bereits etablierten Beziehung der Liebenden, darin der Maler gegenüber der reichen Dame oft einen rüden und harschen Ton anschlug. Hier nun erscheint der 30jährige wie ein Teenager. Warum? In mehreren Rückblenden präsentiert er Jacqueline und dem Zuschauer das hohe Arbeitsethos eines bedingungslosen Kümnstlers. Doch anfangs zeigt er sich als Pennäler und Leichtgewicht und Krügers Art ist viel zu sehr à la Hein Rühmann “geschauspielert“, um glaubwürdig zu sein.
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In der Konfrontation mit Stanley Bakers beinhartem Inspektor Morgan verliert sich das. Auch Krüger bekommt etwas mehr Boden unter die Füße. Nun ist es das Drehbuch, was uns stutzig macht. Warum ist Van Rooyen nicht in der Lage, die Leiche, deren Gesicht durch physische Gewalt nicht entstellt ist, als die Person zu identifizieren, welche sie de facto ist bzw. eben nicht ist? Wie kommt ein Kunstmaler, der in einer Gallerie arbeitet, dazu, sich gegenüber den Kunden dergestalt pompös und flegelhaft aufzuführen, wie es Jan Van Rooyen in Anbetracht einer simplen Frage gegenüber Jacqueline Cousteau tut? Auch später nutzt Van Rooyen jede Gelegenheit, um dank seines Kunstverstands und eines im Klassenbewussstsein wurzenlnden Stolzes seine Überlegenheit zu präsentieren und Jacqueline zu erniedrigen. Oder anders gesagt: Das Zusammenkommen der so betont unterschiedlichen Figuren wirkt in der Konfrontation ihrer Gegensätze viel zu übertrieben. Es leuchtet mir als Zuschauer ebensowenig ein wie Inspektor Morgan als Van Rooyens Zuhörer. So ist Die tödliche Falle eine eigentümlich verpasste und verpatzte Chance, ein Post Noir, den ich keinesfalls bereue gesehen zu haben, den ich aber nur denen empfehle, die Micheline Presle und Stanley Baker einmal mehr in Hochform genießen möchten.
Bild- und tontechnisch sehr gute italienische DVD (2013) von Golem Video als L’inchiesta dell’ispettore Morgan mit dem Film ungekürzt im Originalformat und inklusive der englischen Tonspur ohne Untertitel sowie mit der italienischen Synchronisation, das Ganze ohne Extras. Die englische DVD-Edition (2010) als Blind Date von Renown Pictures bietet exakt das Gleiche, lediglich die italienische Synchronisation ist nicht enthalten. Eine deutsche DVD (2016) der Icestorm Distribution GmbH bringt den Film als Die tödliche Falle, jedoch ohne englischen Originalton und nur mit der alten westdeutschen Kinosynchronisation, die aus dem Holländer Jan Van Rooyen kurzerhand einen Deutschen macht. Von dieser Ausgabe ist deshalb abzuraten.