Ride The Pink Horse

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Bewertung
****
Originaltitel
Ride The Pink Horse
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1947
Darsteller

Robert Montgomery, Wanda Hendrix, Andrea King, Thomas Gomez, Fred Clark

Regie
Robert Montgomery
Farbe
s/w
Laufzeit
101 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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© Universal-International Pictures Inc.
 
Mit dem Greyhound-Bus erreicht Lucky Gagin (Robert Montgomery) um 4: 00 Uhr am Morgen von Washington DC kommend die mexikanische Kleinstadt San Pablo. Hier angekommen betritt er mit einem Koffer in der Hand die Busstation, betrachtet die an der Wand hängende Landkarte der Gegend und nimmt sich ein Schließfach, in das er einen beschriebenen Scheck legt. An einem Automaten zieht er ein Paket Kaugummis, beißt auf einem der Streifen kurz herum und klebt damit in einem unbeobachteten Moment den Schlüssel des Schließfachs auf die Rückeite des Rahmens jener Landkarte. Gagin geht in Richtung Ortsmitte, entdeckt ein Kinderkarussell und erkundigt sich bei den jungen Frauen Maria (Iris Flores) und Carla (Rita Condes), wo er das Hotel La Fonda finden könne. Eine dritte namens Pila (Wanda Hendrix) bietet ihm ihre Begleitung an, und als sie angekommen sind, gibt sie ihm eine Puppe als Talismann. Sie drängt ihn, diese in seine Jackettasche zu stecken, denn sie würde ihn vor einer Gefahr beschützen. Gagin betritt das Hotel, wo ein Riesentrubel herrscht. Am morgigen Abend findet in San Pablo die Fiesta statt, ein Volksfest, und so sind alle Hotels der Stadt ausgebucht. Gagin nimmt einen Briefbogen, steckt ihn unbeschriftet in einen Umschlag und schreibt einen Namen darauf. Er gibt dem Portier die Anweisung, ihn in Mr. Hugos Fach zu stecken. Indessen hat er einen Hotelpagen (Tito Renaldo) betraut sein Gepäck unterzubringen. Gagin sieht just im Augenblick, als der ihm seinen Beleg bringt, dass der Portier das Fach von Zimmer 315 nimmt. Gagan klopft an der Tür und Jonathan (Richard Gaines), Frank Hugos Privatsekretär, öffnet ihm, sichtlich verägert, dass Gagin ihn nicht aus der Halle anrief. Der Besucher tritt ungerührt ein, doch als er sich weigert wieder zu gehen, will Jonathan ihn rauswerfen. Gagin schlägt ihn kurzerhand zu Boden…
 
”You tell Uncle Sam to go take a walk for himself. And look, copper! Don’t wave any flags at me. I’ve seen enough flags.“ Robert Montgomerys zweiter Film Noir als Regisseur und Hauptdarsteller, der erste war die Raymond-Chandler-Verfilmung Lady In The Lake (USA 1947), ist ein bemerkenswert einzigartiges Relikt dieses Filmstils, das sich kaum mit etwas vergleichen lässt. Basierend auf dem gleichnamigen Roman (EA 1946) von Dorothy B. Hughes kennzeichnet den Film mit der Wahl seiner Schauplätze und seiner Charaktere und der Vielzahl von Themen, die er mehr oder weniger subtil aufs Tableau bringt, eine ungeheure atmosphärische Dichte. Der keinesfalls sympathische ex-GI des Zweiten Weltkriegs, Lucky Gagin, behandelt alle Mexikaner wie Dienstboten und Menschen zweiter Klasse. Bald sind Pancho (Thomas Gomez) und Pila jedoch die Einzigen, die ihm loyal zur Seite stehen und auf der Flucht vor US-Gangstern sein Leben retten. Robert Montgomery spielt diese Seite seines desillusionierten und verhärmten Charakters voll aus und bringt den Rassismus des Alltags mehrfach zum Tragen. Ebenso verhält es sich mit dem Patriotismus, jener so tief in die US-amerikanische Volksseele eingegrabenen, ersten Bürgerpflicht. Auch hier zeigt sich Gagin ernüchtert und zynisch, ein Kriegsveteran ohne Aussicht auf eine Integration ins spießbürgerliche US-Heldentum oder auf sein Stück vom American Dream, der stattdessen auf eigene Faust und auf eigene Rechnung handelt. Als Lucky Gagin von der Femme fatale Marjorie Lundeen (Andrea King) seine im Kleinbürgerlichen wurzelnde Unfähigkeit zu großen Taten vorgehalten bekommt, wird auch dem Zuschauer klar, wie ihr abgrundtiefer Materialismus solche Spieler in Bestien verwandelt, denen gegenüber die Mexikaner nahezu die Unschuld verkörpern. Das mag etwas plakativ klingen und ist es beizeiten auch, erweist sich aber mit Blick auf den Zeitkontext als unerhört.
 
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Thomas Gomez, der für seine Darstellung für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert wurde, ist grandios, Die bildhübsche Wanda Hendrix zeigt mit 18 Jahren ein wunderbares Charakterportrait. Und Montgomery erweist sich als sensibel in der Rolle des ebenso abgebrühten wie naiven und beschränkten Gauners Gagin. Ride The Pink Horse ist ein ungewönhlich ambitionierter und beizeiten mutiger Film, der seinen Figuren Raum gibt, in mehreren Situationen aus herkömmlichen Mustern der Dramaturgie auszuscheren und an die Grenzen einer kulturell geprägten Kiommunikation zu stoßen. Insofern erinnert er in der Tendenz an europäische Filme der Spätdreißiger, besonders an Marcel Carnés Hafen im Nebel (FRA 1938). Das Finale ist leider recht konventionell, doch der Schluss wartet mit einer ironischen Sequenz in Sachen kultureller Differenz auf und unterläuft gekonnt die via Klischees vorgeprägten Erwartungen. Mit Edmond O’Brien, Robert Culp und Vera Miles in den Hauptrollen wagte sich Don Siegel unterm Titel Einbahnstraße in den Tod (USA 1964) an eine Neuverfilmung des Romans von Dorothy Hughes, die bis heute als dessen seltenstes, obskurstes Werk gelten kann.
 
Ride The Pink Horse erschien als BD und als DVD (2015) in der renommierten Criterion Collection, bild- und tontechnisch hochwertig restauriert mit dem Film ungekürzt im Originalformat, die original englische Tonspur plus optional englische Untertitel, dazu mit einem Audiokommentar der Film-Noir-Autoren Alain Silver and James Ursini, einem Interview mit Imogen Sara Smith, Autorin von In Lonely Places: Film Noir Beyond the City, sowie inklusive des Hörspiels für das Lux Radio Theatre mit Robert Montgomery, Wanda Hendrix und Thomas Gomez in ihren Originalrollen als Sprechern sowie mit einem Essay von Regisseur und Autor Michael Almereyda als Extras.
 

Film Noir | 1947 | USA | Robert Montgomery | Russell Metty | Art Smith | Fred Clark | John Doucette | Robert Montgomery | Thomas Gomez | Andrea King | Wanda Hendrix

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am 2. Oktober 2014 - 11:03

Permanenter Link

Es ist nicht wahr, dass der Film "weltweit niemals auf Video oder DVD erschienen ist."

Es gab in den 80er Jahren auch in Europa eine legale VHS-Kasette "Made in Mexiko" mit englischem O-Ton zu kaufen.

Zur Zeit wird eine lizensierte Originalfassung auf DVD von 'Ride the Pink Horse' aus Indien vertrieben. Diese kann man aktuell mühelos für 20 Dollar (plus 3 Dollar supergünstiger Versand nach Europa) bei einem etablierten Händler über ebay.com beziehen, siehe:

http://www.ebay.com/itm/Ride-The-Pink-Horse-1947-DVD-Robert-Montgomery-…

Der indische Ebay-Händler verweist explizit darauf, dass der Film seit Mitte der 70er Jahre in der "Public Domain" sei, aber er macht auch klar, "it is not an official DVD."

Dennoch vielen Dank für die wertvollen Hinweise zu dieser Quelle und auch zur VHS-Edition, die es einst gab, denn hier geht es schließlich darum, einen ebenso obskuren wie hochwertigen Film auffindbar zu machen.

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