Post Noir
| UK
| 1960
| Joseph Losey
| Edward Judd
| Grégoire Aslan
| Jerold Wells
| Noel Willman
| Patrick Magee
| Sam Wanamaker
| Stanley Baker
| Tom Bell
Bewertung
*****
Originaltitel
The Criminal / Concrete Jungle
Kategorie
Post Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1960
Darsteller
Stanley Baker, Margit Saad, Sam Wanamaker, Grégoire Aslan, Jill Bennett
Regie
Joseph Losey
Farbe
s/w
Laufzeit
93 min
Bildformat
Widescreen
Der zurzeit inhaftierte Johnny Bannion (Stanley Baker) ist ein Gangster der alten Schule. Im Gefängnis sorgt er dafür, dass seine eigene Clique gegenüber den rivalisierenden Banden besteht und auch dem sadistischen Aufseher Barrows (Patrick Magee) die Stirn bietet. Verräter aus den eigenen Reihen werden brutal bestraft. Als Johnny Bannion entlassen wird, trifft er sich mit seinem alten Kumpanen Mike Carter (Sam Wanamaker), der in Bannions Apartment eine Willkommensfeier organisiert. Der grantige Johnny aber wirft seine ex-Freundin Maggie (Jill Bennett) mit der gesamten Bagage kurzerhand hinaus. Zu seiner Überraschung findet er sich noch am gleichen Abend mit der attraktiven Suzanne (Margit Saad) liiert. Mike Carter, der einen anonymen Geldgeber vertritt, plant mit Johnny Bannion den Überfall auf eine Pferderennbahn. Doch die Hintermänner wollen einen großen Anteil an der Beute für sich und lassen durchblicken, dass sie vierschrötige Gangster wie Bannion nicht mehr für zeitgemäß halten. Und während Johnny sich zusehends in Suzanne verliebt, erhält die gekränkte Maggie eine Gelegenheit zur Rache...
Das letzte und vielleicht das beste dem klassischen Film Noir zugeneigte Werk Joseph Loseys ist ein harter, kompromissloser Gangsterfilm. Wie ab den Mittfünfzigern der französische Film Noir platziert er seinen Protagonisten als tragischen Widersacher einer gnadenlos rigiden Gesellschaft. Im Hochkapitalismus - so bereits bei Jules Dassin, Jean-Pierre Melville und Claude Sautet vorgeführt - stecken die Spitzen des Bürgertums und die Schatzmeister der illegalen Schattenwirtschaft unter einer Decke. Das Nachsehen haben jene Handlanger, die einem veralteten Ehrenkodex verhaftet sind, darin Vertrauen und Ehrlichkeit zum Wertekanon zählen. Wer sich außerhalb der Gesellschaft stellt, wird mit allen Mitteln zugrunde gerichtet. Ein klassisches Film-Noir-Thema der Fünfziger: Gesellschaft und Gegengesellschaft wurzeln im gleichen Urschlamm, weshalb es zum Rollentausch kommen kann. In Die Spur führt ins Nichts sympathisiert das Publikum mit dem tragischen Johnny Bannion – einem brutalen, rohen, arachaischen Rollencharakter.
Stanley Baker liefert als Johnny Bannion eine grandiose darstellerische Leistung, die den Film nahezu allein trägt. Sam Wanamaker, Grégoire Aslan, Patrick Magee und der Rest des Ensembles erweisen sich als perfekt gewählt. Joseph Losey inszeniert seine Story in harten Schwarzweißbildern, die an Jules Dassins Zelle R 17 (USA 1947) und an Stanley Kubricks Die Rechnung ging nicht auf / Killing (USA 1956) erinnern. Sowohl die Charakterstudie als auch jene rasante Erzählung, die eine vielschichtige Klaviatur der Emotionen ausspielt, sind in Tempo und Dramaturgie erstklassig eingefangen. Sobald Cleo Laine zu den Titeln des Vorspanns das wunderbare Jazzstück Thieving Boy singt, wird Loseys Handschrift erkennbar. Die Spur führt ins Nichts ist ein Post Noir, der an der Schwelle der Sechziger Akzente setzte, komplementär zu Wenig Chancen für morgen (USA 1959) von Robert Wise und Explosion des Schweigens (USA 1961) von Allen Baron. Unbedingt anschauen!
Die deutsche DVD (2008) von Universal Pictures bringt den Film ungekürzt mit wahlweise englischer, spanischer und deutscher Tonspur, dazu den original Kinotrailer als Extra. Die deutsche Synchronisation ist neu und nicht zu empfehlen, beim original englischen Ton sind deutsche Untertitel nicht auszublenden. Ursprünglich in 1:66:1 gedreht, ist der Film auf Widescreen 16:9 gezogen, was soweit i.O. ist. Eine französische Dokumentation unterm Titel Joseph Losey & The Criminal erweist sich filmhistorisch als erstklassiges Bonus-Feature.