Alex Nicol, Eleanor Summerfield, John Salew, Paul Carpenter, Geoffrey Keen
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London, England: Im West End der Metropole spielt am heutigen Abend ein Jazzorchester (Kenny Baker’s Dozen) mit dem US-Amerikaner James Bradley (Alex Nicol) an der Trompete im London Palladium. Der internationale Star hält sich mit Manager Maxie Margulies (John Salew) zwecks einer Konzertreihe in dem traditionsreichen Haus in Großbritannien auf und hat nach dem Auftritt einen kurzen Disput mit ihm. Maxie hat nach der heutigen Premiere eine Party organisiert und Bradley soll als prominenter Gast im Mittelpunkt stehen. Jener möchte im Anschluss an die Strapazen der Reise, an die Konzertproben und an den ersten Auftritt sein Bedürfnis nach einem Abendessen und vor allem nach Schlaf stillen und verabschiedet sich. Nur mit seiner Trompete in einem Instrumentenkoffer fährt er im Taxi durch die Londoner Innenstadt und sieht sich aufgrund des Autoverkehrs zu einem Umweg gezwungen. Plötzlich hört er durch das Seitenfenster aus einem Nachtclub Jazzmusik dringen, bezahlt den Fahrer und tritt hinaus in eine Gasse. Bradley folgt den Klängen durch eine Tür und eine Treppe hinab, die in den Keller führt, wo ihm ein Angestellter erklärt, dass der Club heute nicht geöffnet sei. Er darf dennoch dem Jazzquintet lauschen, dass die Sängerin Maxine Halbart (Ann Hanslip) bei der Probe zu Got You On My Mind begleitet. Kurzentschlossen packt er seine Trompete aus und spielt souverän mit, so dass er im Anschluss Maxines Bekanntschaft macht, die den US-Musiker James Bradley sofort erkennt…
“Have you lived here all your life?” – “Not yet.” Der Autor der Romanvorlage, die nach Angabe im Vorspann ebenfalls Face The Music betitelt ist, und der Autor des Drehbuchs heißt Ernest Borneman. Als Kind jüdischer Eltern wurde Ernst Wilhelm Julius Bornemann 1915 in Berlin geboren und emigierte mit nur 18 Jahren nach England. Sein Schicksal summierte sich zu einer schillernden Biografie, darin Ernest Borneman, wie er sich fortan nannte, als Anthropologe, Sexualforscher, Musikjournalist, Drehbuchautor, zu guter Letzt sogar Titularprofessor an der Salzburger Universität und eben auch Autor von Kriminalromanen war. Er lebte in Großbritannien und in Kanada im Exil, später in der Bundesrepublik und in Österreich. Bereits 1950 war unter der Regie von Yul Brynner sein Debütroman The Face On The Cutting-Room Floor (EA 1937, auf Deutsch 1969 als Stumme Zeugen lügen nicht) für das US-Fernsehen verfilmt worden. Vier Jahre später folgte Face The Music für die Hammer Film Production unter der Regie des später vor allem mit Horrorfilmen erfolgreichen Terence Fisher. Der Film Noir Face The Music, der in den USA unterm Titel The Black Glove ins Kino kam, war eine jener Produktionen, bei denen Hammer Films mit der US-amerikanischen Lippert Pictures kooperierte. Für deren Reihe an Kriminalfilmen und Film Noirs wurde häufig ein in den 40er Jahren aufstrebender und in der Umbruchsphase der McCarthy-Ära inzwischen in die zweite, dritte Reihe verbannter Filmstar aus den USA in der Hauptrolle platziert. Dan Duryea, Dane Clark, Lizabeth Scott und Paul Henreid werteten einige solcher Produktionen sichtlich auf. Von Larry Parks, Scott Brady, George Raft oder eben Alex Nicol lässt sich das nicht behaupten. Letzter ist einfach zu blass, liefert zwar eine passable Leistung ab, bleibt damit aber nicht in Erinnerung. Obgleich Ernest Borneman als Jazzkenner den Roman und sein Skript punktgenau in der Londoner Jazzszene verortet, fehlt es der Geschichte mit dem unter Mordverdacht geratenen US-Trompeter über die Länge von 85 Minuten an Spannung. Auch wird der Film durch einige kaum mittelprächtige Darsteller, schäbige Studiobauten anstelle von Drehorten in London und durch die uninspirierte Kameraarbeit Walter J. Harveys weiter beeinträchtigt.
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“Face The Music is just too damn cosy to be considered anywhere close to essential film noir (…) it also completely undermines any tension and any interest in the few twists and turns”, schreibt Kevin Matthews für For It Is Man’s Number und zieht damit das definitive Fazit. Neben Terence Fisher hatte außer Geoffrey Keen keiner der Beteiligten vor und hinter der Kamera noch eine Zukunft im Kinofilm. Wie die meisten Powerty-Row-Studios schloss auch Lippert Pictures 1955 seine Pforten, und Akteure und Crew der B-Produktionen wanderten fast geschlossen ins kometenhaft aufsteigende Fernsehen ab - inklusive Alex Nicol, der dort für weitere 20 Jahre ein Auskommen fand. Demgegenüber gelang Terence Fisher noch im gleichen Jahr mit Murder By Proxy / Blackout (UK 1954) ein verblüffend hochwertiger Film Noir, der ebenfalls dem Kanon der Hammer Film Production und Lippert Pictures zurechnen ist, in Hauptrollen Dane Clark und Belinda Lee. Indessen jener wirklich sehenswert ist, kann man Face The Music / The Black Glove guten Gewissens ignorieren.
Das Werk erschien unterm US-Titel The Black Glove bei VCI Entertainment in den USA als DVD (2009, weltweit abspielbar) und zwar als Hammer Film Noir Double Feature, Vol. 6 mit The Deadly Game (UK 1952) als zweitem Film. Die Bild- und Tonqualität ist gut, der englische Originalton kommt ohne Untertitel aus, und das Ganze gibt es ungekürzt im Originalformat. Einziger Vorteil der 4-DVD-Box des sogenannten Collector’s Set Vol.2 der als Hammer Film Noir betitelten VCI-Edition: Man erhält gleich acht mal mehr, mal minder unterhaltsame und auf jeden Fall obskure B-Filme aus den Jahren 1952 bis 1954.