Waise Lee, Wang Tsu Hsien, Matthew Wong, Kwok Tsui, Lo King Wah
Hongkong: Wie eine Bohrmaschine in seine Handfläche eindringt, davon träumt Chief Inspector Wai-Pong Wong (Waise Lee), als ihn die Stimme der Funkzentrale in die Gegenwart zurückholt. Ein chinesischer Räuber (Wong Lik) bedrohe auf der Duddell Street die Wachen eines Geldtransports und habe eine Geisel (Lok Ying-Kwan) in seine Gewalt gebracht, so die Nachricht an alle mobilen Einheiten. Als Wong dort eintrifft, wo bereits zwei der Wachleute den Tod fanden, haben Polizeibeamte den Tatort umstellt. Schwer bewaffnet hält der Räuber, vor dem Geldtransporter stehend und seiner Geisel den Lauf einer Pistole an die Schläfe haltend, die Umgebung in Schach. Der Chief Inspector trifft auf seinen Kollegen Ah Kam (Kwok Tsui) und die beiden verabreden, dass sie wie beim kürzlich erlebten Überfall auf einen Juwelier vorgehen wollen. So schießt Kam die Geisel ins Bein, welche niedersinkt, indessen der Schuss des Räubers sie verfehlt, und zur gleichen Zeit tötet Wong den Killer per Kopfschuss. Im Moment des Abdrückens allerdings verkrampft sich dessen rechte Hand, was dem Polizeioffizier Sorge bereitet. Anstatt mit Ah Kam den Superintendent McDonald (Ken Boyle) zu treffen, übt Wai-Pong Wong auf dem Schießstand, bis seine Hand erneut ihren Dienst versagt und er die Finger mit Gewalt vom Griff der Waffe lösen muss. Die Spinalnerven beinträchtigten die Funktion seiner rechten Hand, diagnostiert der Arzt (Law Shu-Kei) und rät ihm, in Anbetracht des Problems den Polizeidienst zu quittieren…
“Von der inhaltlichen Seite betrachtet, ist The Big Heat allerdings kein (…) Überflieger. Über eine gewöhnliche und sehr überraschungsarm erzählte Revengestory kommt er zu keiner Zeit hinaus“, schreibt Sascha Garthof für Cinema Far East und fällt damit noch ein mildes Urteil über das von Gordon Chan verfasste Drehbuch, der für solchen Thriller auf den Straßen Hongkongs kein Klischee ausspart. Wenn es unter den ostasiatischen Neo Noirs je ein Werk gab, welches man mit Fug und Recht als eines nach Schema F bezeichnen darf, so ist es The Big Heat. Zum ersten sind die Rollencharaktere, sofern man sie als solche bezeichnet, überhaupt keine Charaktere sondern Stereotypen. Sie dienen dazu, den loyalen, heldenhaften und kompromisslos rerchtschaffenen Polizisten zu glorifizieren, der jedwedes private Glück, jedweden Anflug von Persönlichkeit seinem Diensteid unterstellt. Chief Inspector Wai-Pong Wong trägt immerzu die Maske unbedingter Entschlossenheit zur Schau und beflügelt auch seine Kollegen zum Heldentum, wofür kein Opfer zu groß erscheint. So ist die Ermittlung wider den Verbrecher Han Ching (Chu Kong) einerseits ein Feldzug der Rache, andererseits sind gerade der Ehrbegriff, die Freundschaft und die Loyalität Schlüsselelemente des Zusammenhalts der Beamten. Dies könnte ins Fahrwasser von Film-Noir-Traditionalisten à la Jean-Pierre Melville münden, so wie es für späte Filme Johnnie Tos zutrifft, in The Big Heat aber jagt bloß eine überbordend wilde Action-Sequenz die nächste. Ein Blick auf die Figuren bleibt der Kameraauge meist verwehrt. Versucht sie derlei über die für jene Männer jeweils relevanten Frauenfiguren - Verlobte, Mutter, Freundin - zu bewerkstelligen, fällt dies allzu kurz aus. Sofort im Anschluss verwandeln sich die Polizisten wieder zu Kampfmaschinen und damit zu reinen Funktionsträgern. Aber es ist nicht die oft extrem brutale Action, die mir den Genuss am Film vergällte.
Der Handlungsverlauf, darin die polizeilichen Ernmittlungen in ihrer Logik kaum nachvollziehbar sind, ist von erschreckender Absurdität. Schon früh entdecken Wai-Pong Wong und sein malyischer Kollege Ong Chat-Fu (Lo King Wah), dass der ranghohe Polizeioffizier Peter Ng (Lai Bei-Dak) von Han Ching bestochen wurde und mit jenem beim Drogenschmuggel unter einer Decke steckt. Dennoch unternehmen sie nichts gegen ihn. Der kaltblütige Mordbube Han Ching trifft sich aus eigenem Antrieb mit den Polizeioffizieren, die ihm nachstellen, doch nichts gegen ihn in der Hand haben. Warum? Sein Versuch, die Beamten zu bestechen, ist ebenso plump wie erfolglos, was vorhersehbar war. Die Polizisten haben Besprechungsräume und Telefonanlagen der Gangster stets erfolgreich verwanzt und können allerorten mithören. Wie ihnen das gelingt, bleibt ein Rätsel. Der dem Team von Wai-Pong Wong zugeteilte Kwok-Keun Lun (Matthew Wong) steht im Rang eines Inspectors und benimmt sich im Dienst wie ein Teenager, aber seine dem Slapstick geschuldeten komischen Einlagen sind bloß dämlich… Regisseur Johnnie To, der als Ersatz für einen gefeuerten Regisseur in die Produktion einstieg, distanzierte später von dem Film, beurteilte die Zusammenarbeit mit Produzent Tsui Hark, der die harte Brutalität der Kampfszenen einforderte, als schwierig und bezeichnete den Film als chaotisch. Gipfel der Lächerlichkeit ist das Finale, darin die Kontrahenten sich über alles erträgliche Maß bekriegen und eimerweise Kunstblut vergossen wird. Fazit: Der Neo Noir und auch der Hongkong-Film haben um Längen besseres zu bieten.
Es gibt eine BD (2014, Regionalcode 5) aus Hongkong von Joy Sales Films and Video Distributors als Lizenz der Fortune Star mit dem Film angeblich ungekürzt, die bezifferte Laufzeit beträgt 92 Minuten, im Originalformat mit Tonspuren auf Mandarin oder Kantonesisch, optional Untertitel in traditionellem oder einfachem Chinesisch und als dritte Option auch Englisch. Diese Edition ist in Deutschland nicht verfügbar. Ich selbst sah eine DVD von Deltamac (HK, codefree) mit einer Spielzeit von knapp 94 Minuten, bild- und tontechnisch solide, aber nicht brillant, ebenfalls im Originalformat und mit all den auch bei der BD verfügbaren Tonspuren und Untertiteln, letztere inklusive Englisch.