Wenn es Nacht wird in Manhattan

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Cotton Comes To Harlem
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1970
Darsteller

Godfrey Cambridge, Raymond St. Jacques, Calvin Lockhart, Judy Pace, Redd Foxx

Regie
Ossie Davis
Farbe
Farbe
Laufzeit
97 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© United Artists Corporation

 

New York: Prediger Deke O’Malley (Calvin Lockhart) lässt sich in einem goldenen Rolls Royce durch die Straßen der Stadt in Richtung Harlem kutschieren. Dort angekommen wird er von einer begeisterten Menge wie ein Heiliger empfangen. Seine Mission: Die von Armut geplagte und von der weißen Bevölkerung der USA unterdrückte, afro-amerikanische Minderheit in ihre afrikanische Heimat zurückzuführen. Im Dienst des Gottes der Christen will er seine Schwestern und Brüder in der “Black Beauty“, einer modernen Arche gleich, zu  solcher Passage einladen. Lediglich 100 US-Dollar kostet das Ticket für einen Platz an Bord des gesegneten Schiffes… Die Polizeibeamten Gravedigger Jones (Godfrey Cambridge) und Coffin Ed Johnson (Raymond St. Jacques) sind zum Schutz der Veranstaltung abbestellt. Allerdings halten die beiden Deke O’Malley für einen Betrüger, dem sie früher oder später das Handwerk legen wollen. Heute geht ihnen nur der Taschendieb Early Riser (Van Kirksey) ins Netz und auch eine Gruppe schwarzer Polt-Aktivisten, die O’Mailey gleichfalls feindlich gesonnen sind,  müssen sie in ihre Grenzen weisen. Doch als der Ticket-Verkauf seinem Höhepunkt erlebt und die Dollarnoten in Windeseile ihre Besitzer wechseln, stürmt eine Gruppe maskierter Männer heran und eröffnet auf O’Malley und seine Vertrauten das Feuer. Auch Jones und Johnson können nicht verhindern, dass die Diebe mit 87.000 US-Dollar, der gesamten Barschaft des falschen Predigers, auf und davon fahren…

 

“Cotton Comes To Harlem contains many of noir and neo-noir’s recognizable components: the laconic tough-guy detective, the alluring and dangerous femme fatale, the central mystery, and the real-life urban location”, schreibt Isaac Rooks in seinem Artikel “Black Enough For You?” in dem von James J. Ward und Cynthia J. Miller herausgegebenen Buch Urban Noir: New York and Los Angeles in Shadow and Light (2017) über diesen Film von Ossie Davis und seine Schlüsselfunktion für das als Blaxploitation bekannte, afro-amerikanische Kino der 70er Jahre. Tatsächlich ist die hierzulande im Januar 1971 unter dem Titel Wenn es Nacht wird in Manhattan im Kino aufgeführte Produktion der United Artists ein bemerkenswertes Relikt der US-amerikanischen Filmgeschichte. Als Verfilmung des Romans Schwarzes Geld für weiße Gauner (EA 1965, auf Deutsch 1967) aus der Feder von Chester Himes befasst sich das Werk zentral mit der US-amerikanischen Rassenproblematik und den zahllosen Nöten der afro-amerikanischen Bevölkerung in den USA bzw. in ihrem New Yorker Stadtteil Harlem. Dabei werden auch Klischees bedient, doch im Ganzen zeigt sich die Stärke der Buchvorlage und des Films in einer pointierten, von sardonischem Humor gewürzten Auseinandersetzung mit den geradezu hoffnungslos komplexen Verwicklungen, die im Film ihren Niederschlag finden. Der größte Schurke des Films ist ein Schwarzer - “Am I black enough for you?“ - der als ein falscher Prediger die Hoffnungen und Überzeugungen seiner Kommune kalt und berechnend ausnutzt. Ob nun weiß oder schwarz, unterm Strich ist’s ein Zahlenwerk, denn was für alle zählt, ist einzig und allein das Geld. Wenngleich Wenn es Nacht wird in Manhattan oft einen scheinbar leichten und ironischen Ton anschlägt, lauert unter der Oberfläche des Absurden und des Aberwitzigen stets die Bitternis und Vergeblichkeit der Verhältnisse. Schlagartig kippt das vermeintlich Komödiantische in die Härten des Alltags im ebenso lebendigen wie gefährlichen Stadtteil Harlem um. Der Tod kommt schnell und er ist oft zu Gast, wenn Gravedigger Jones und Coffin Ed Johnson einen Tatort räumen lassen - ihre Namen sind Programm.

 

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© United Artists Corporation

 

“They say the badder the woman, the better the smell. Come sniff.“ Auch William Cofey hat in seinem Aufsatz The Genre Don’t Know Where It Came From: African American Neo-Noir Since The 1960’s (2003) auf Ossie Davis’ Werk als wichtigen, frühen Neo Noir im Werkskanon afro-amerikanischen Filmschaffens hingewiesen. Doch wie so vielen Darstellern des Blaxploitation-Kinos war denen von Wenn es Nacht wird in Manhattan kein langfristiger Starruhm beschieden. Der fantastische Godfrey Cambridge starb bereits 1976 im Alter von nur 43 Jahren und Judy Pace, Raymond St. Jacques und Calvin Lockhart kamen ab Mitte der 70er Jahre fast nur in TV-Serien unter, zumeist in Nebenrollen. So hat Wenn es Nacht wird in Manhattan zwar das Blaxploitation-Kino mitbegründet, geriet selbst jedoch etwas in Vergessenheit. Im Jahr 1972 traten Godfrey Cambridge und Raymond St. Jacques noch in der Fortsetzung Come Back, Charleston Blue als Polzisten-Duo Gravedigger Jones und Coffin Ed Johnson in Erscheinung, der Verfilmung von Chester Himes‘ Roman Heroin für Harlem (EA 1966, auf Deutsch 1968). In Deutschland lief diese Adaption erst 1999 als Wenn es dunkel wird in Manhattan einmalig im Fernsehen. Höchste Zeit also für eine Wiederentdeckung und eine Neubewertung von Wenn es Nacht wird in Manhattan, jener eigenwilligen Zeitkapsel, dessen Finale im Apollo Theater in Harlem seine Geschichte mit Pfiff und mit Courage ausklingen lässt.

 

Erstklassige US-BD und auch DVD (2014, Regionalcode 1) von Kino Lorber in deren Reihe Studio Classics und zwar in Kooperation mit Twentieth Century Fox Home Entertainment und mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch topp, dazu die original englische Tonspur mit optional englischen Untertiteln, allerdings ohne Extras. Die spanischen Editionen als Algdón en Harlem auf BD und auf DVD, die ebenfalls die original englische Tonspur bieten und im Regionalcode 2 sind, liegen uns leider nicht vor.

 


Neo Noir | 1970 | USA | Ossie Davis | Chester Himes | Godfrey Cambridge | Raymond St. Jacques

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