Anton Yelchin, Vincent D’Onofrio, Chris Marquette, María Valverde, Thomas Jane
Im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko vor 15 Jahren: Sheriff Gabriel Heckum (Thomas Jane) übt mit seinem Revolver an einem in der staubigen Einöde gelegenen Schießstand. Sein älterer Sohn William (Henry Shotwell), von allen nur Buddy genannt und ein Junge von schlichtem Gemüt, tritt zu ihm und berichtet von seinem ersten, bei seinem Job in Mr. Castillos Diner selbst verdienten Geld. Er wolle es seinem kleinen Bruder Jacob (Nicholas Neve) zustecken, damit jener sich eine neue Violine kaufen könne. Den Vater rührt das Angebot des Ältesten. Er verspricht die fehlende Summe für das Instrument beizusteuern und lässt nun Buddy mit seiner Waffe schießen. Der Junge ist ein exzellenter Schütze und gemeinsam tauschen sie die Schießscheiben aus, als ein aus der Ferne abgefeuerter Schuss den Vater in die Stirn trifft und tötet… Des Sheriffs Deputy Joe (Lenny von Dohlen) begleitet Buddy in die Del Lago Elementary School, wo Jacob Heckum solo vor einer größeren Zuhörerschaft auftritt. Aber der Lehrer unterbricht ihn. Auf Gabriel Heckums Beerdigung gibt Joe den Sheriff-Stern des Vaters an dessen Sohn Buddy… Spät abends fahren bei Castillos Diner mehrere Wagen vor, aber nur Julius Hench (Vincent D’Onofrio) steigt aus, betritt das Café und lässt sich an einem Tisch nieder. Buddy erklärt, dass die Küche geschlossen sei. Hench antwortet, dass auch sein Vater erschossen wurde. Er habe damals leider nichts unternommen, wisse aber sicher, dass Miguel Santion (Greg Serano) Gabriel Heckums Mörder sei…
Im Jahr 1989 schuf der indische Autor und Regisseur Vidhu Vinod Chopra auf den Straßen Bombays das blutige Kriminal- und Familiendrama Parinda (IND 1989), das die indische Filmindustrie erheblich beinflusste. Es war das erste Werk, das mit seiner Sozialkritik, seiner Brutalität und seinen authentischen Rollencharakteren die von klischeebehafteter Romantik und Komödienstadl geprägte Marke “Bollywood“ geradezu erschütterte. Nicht zuletzt der indische Neo Noir der letzten 10 Jahre verdankt sich solcher Initialzündung. Fast 26 Jahre später drehte Vidhu Vinod Chopra mit Broken Horses seinen ersten Film in Hollywood, der nicht exakt ein Remake von Parinda ist, dessen Handlungaber aber zu großen Teilen übernimmt und die Geschichte der beiden ungleichen Brüder, die ein tragisches Ereignis ihrer Jugend zusammenschweißt, in die US-amerikanische Grenzregion nahe Mexiko verlegt. Mit seinen sorgsam ausgewählten Darstellern und mit Clint Eastwoods Kameramann Tom Stern (Gran Torino, USA 2008) lässt der erfahrene Vidhu Vinod Chopra handwerklich nichts anbrennen. Die ersten 10 Minuten sind dramaturgisch stark, ziehen den Zuschauer in ihren Bann, die Erwartung steigt. Dann folgt der Sprung in die Gegenwart, das Tempo wird gedrosselt, was nicht schlimm wäre, doch nach 20 Minuten überzeugt zumindest mich kaum noch etwas. Gerade einmal 8 Jahre haben sich die Brüder Jacob und Buddy Heckum nicht gesehen, tun aber so, als sei ein Vierteljahrhundert vergangen. Vincent D’Onofrio ist ein klasse Schauspieler, sein Bösewicht Julius Hench aber ist ein “bad man“ wie aus einem Film der 30er Jahre. Weder Buddys Bluttaten noch der Hintergrund der Rivalität zischen Hench und Mario Vargas Garza (Jordi Caballero) findet eine Erklärung in einem Landstrich, der außer von Henchs Gangstern und ein paar Polzeibeamten völlig unbevölkert scheint.
“Anton Yelchin gets saddled with playing every scene on an unwavering plateau of concern“, schreibt Nicholas Bell für IOnCinema und trifft einen weiteren neuragischen Punkt. Vor allem das Verhalten und die Entwicklung Jacob Heckums in der Darstellung durch den 2016 tragisch verunglückten Anton Yelchin spiegelt das Fehlen einer Grundlage der Beziehung zwischen den Brüdern, die nicht bloß ungleich sondern im Grunde unverbunden scheinen. Je mehr die Darsteller sich anstrengen, ihr bedingungsloses Füreinanderdasein in Worte und Gesten zu packen, die in Missverständnissen enden, welche ihre Verschiedenheit betonen sollen, desto klarer wird dem Zuschauer, wie verkrampft und lächerlich solche Anstrengungen sind. Vor allem Jacob findet zu keiner Tonlage, die ihn als Bruder glaubwürdig erscheinen ließe. Sein Verhalten ist plan widersprüchlich, sowohl Buddy als auch seiner Verlobten Vittoria (María Valverde ) gegenüber, deren Chemie nach ihrem Wiedersehen so ziemlich gegen Null geht. Jacob beweist weder als leidenschaftlicher Musiker noch als Liebhaber oder als Killer eine Spur von Authentiztät. Er scheint so sehr als ein Fremder in seinem Leben wie Yelchin ein Fremdkörper in dieser Rolle. Auch Chris Marquette bewegt sich auf der Grenzlinie zwischen engagiert und grotesk, so dass lediglich D’Onofrio mit seiner Robert-Ryan-Attitüde das schwankende Schiff auf Kurs hält. Von vielen US-Filmjournalisten heftig verrissen, ist Broken Horses vereinzelt nicht ohne Reiz, aber letzten Endes kaum mehr als eine bizarre Randnotiz, ein Hybrid aus Western Noir und Neo Noir, der nicht ansatzweise wird, was seine Rezeptur verspricht.
Erstklassige DVD-Edition (2015) der Sony Pictures Home Entertainment mit dem Film ungekürzt im Orioginalformat, dazu Tonspuren auf Englisch, Deutsch, Spanisch und Italienisch, optional Untertitel auf Englisch, Deutsch, Hindi, Niederländisch, Spanisch, Italienisch, Deutsch, Englisch, Türkisch und Polnisch, zudem eine Reihe kurzer Features mit „Blicken hinter die Kulissen“ als Extras.