Film Noir
| France
| 1958
| Georges Simenon
| Jean Delannoy
| André Valmy
| Jean Desailly
| Jean Gabin
| Lino Ventura
Bewertung
***
Originaltitel
Maigret tend un piège
Kategorie
Film Noir
Land
FRA/ITA
Erscheinungsjahr
1958
Darsteller
Jean Gabin, Annie Girardot, Jean Desailly, Olivier Hussenot, Jeanne Boitel
Regie
Jean Delannoy
Farbe
s/w
Laufzeit
114 min
Bildformat
Vollbild
In dem Marais benannten jüdischen Viertel von Paris am nördlichen Ufer der Seine sind seit dem 1. Mai drei brünette Frauen erstochen worden. Inspektor Lagrume (Olivier Hussenot) wähnt sich dem Mörder auf der Spur und gibt am heutigen Sommerabend dem Gendarm Simoni (Louis Bugette) seinen Aufenthaltsort im Café Sévigné per Telefon durch. Als Lagrume durch die Arkaden dorthin zurückschlendert, kommt er auch an der Fleischerei von Goudier (Jean-Louis Le Goff) vorüber, der zu später Stunde noch ein Schwein zerhackt. Kurz darauf beobachtet ein Mann den Metzger bei der Arbeit, bevor dieser hört, dass das Gittertor des Eingangs zur Seite gerückt wird. Als Goudier nachsieht, kann er außer dem verschobenen Gitter nichts feststellen, und dass eins seiner Fleischermesser verschwunden ist, bemerkt er auch nicht… Lagrume kehrt inzwischen ins Café zurück, setzt sich auf einen der auswärtigen Plätze und bestellt seiner Erkältung wegen einen Grog. Da kommt die Violinistin Madame Juteau (Dominique Davray) aus dem Haus geeilt, die ihr Kind bereits früh zu Bett brachte, wie sie den Gästen vor dem Café mitteilt, um nun ihrer Arbeit mit dem Orchester zuzustreben. Sie eilt ums Eck in die Rue des Rosiers und ahnt nicht, dass ein Mann in seinem Versteck sie bereits erwartet und seine behandschuhten Hände in der Manteltasche nach Goudiers Messer fassen… Der Mörder wird durch die Scheinwerfer eines Autos über der Leiche kniend aufgeschreckt und flieht dann vor zwei Gendarmen Hals über Kopf in die Rue Caron…
Die französisch-italienische Co-Produktion war der erste von fünf Filmen mit Jean Gabin in einer Hauptrolle, die 1958 ins Kino kamen. Doch ist Gabins erste von drei Verkörperungen des Kommissars Jules Maigret aus der Feder Georges Simenons, den seit 1932 bereits neun andere Darsteller im Film gespielt hatten, unter ihnen Charles Laughton, Michel Simon und Albert Préjean, keinesfalls schlecht. Sie ist um einiges besser als der in solchen Jahren oft steife Standard seiner Darbietungen in allzu vielen Unterhaltungsfilmen mittelprächtigen Zuschnitts. Nein, nicht an den Darstellern, sondern an dem tendenziell biederen Stil der Drehbuchadaption durch Regisseur Delannoy, Rodolphe-Maurice Arlaud und Michel Audiard krankt dieser „Kriminalfilm“ mit seinen Anleihen beim Film Noir. Zu Beginn blitzt noch ein wenig das Potential der Geschichte durch, die seitens Simenons im gleichnamigen Buch (EA 1955) mit einer ganz anderen Härte und Intensität serviert wird, als es hier der Fall ist. Die Atmosphäre der im Quai de Orfèvres versammelten Polizisten kennzeichnet Betulichkeit: Inspektor Lagrume erscheint als eine täppische, schon fast lächerliche Figur und auch Lino Ventura erhält als Torrence wenig Möglichkeit, ein Profil zu entwickeln. Die Inspektoren Lucas, Janvier und Lapointe sind kaum mehr als Statisten und das trotz einer mit 114 Minuten überaus langen Spielzeit. Aber auch daheim geht es gemütlich zu und Madame Louise Maigret bleibt in der Verkörperung durch Jeanne Boitel einfach zu blass.
Jean Desailly ist ein guter Schauspieler, doch sein Marcel zu Seiten der Ehefrau Yvonne Maurin (mit der er seine beste Szene hat) und der Mutter Madame Veuve Adèle Maurin wird trotz seiner Qualitäten zu guter Letzt nicht glaubwürdig. Vor allem aber: Für den Maigret-Leser sind es immer die Charaktere, die ein Buch aus der Feder Georges Simenons zu einem Erlebnis (nicht selten in der Nachbarschaft eines Film-Noir-Szenarios) werden lassen, nie der Kriminalfall an und für sich. In Jean Delannoys Kommissar Maigret stellt eine Falle bleibt aber wenig mehr davon übrig als eben das, man fokussiert sich auf die Mördersuche. Die Regie sucht den Fall in die Atmosphäre der Großstadt einzubinden, was teils gelingt und auch am ehesten Film-Noir-Stil provoziert. Nur ist Delannoy kein Clouzot und kein Melville, er spitzt die Ecken und Kanten der Geschichte nicht zu sondern rundet sie und lässt die Sache im Fahrwasser eines Unterhaltungskrimis auf ihr vorhersehbares Ende zu dümpeln. Dort stellt der beredte Gabin-Maigret dann das Psychogram von Charakteren vor, die der Zuschauer während des Films so nicht gesehen und nicht erlebt hat. In Maigret kennt kein Erbarmen (FRA/ITA 1959) und Kommissar Maigret sieht rot! (FRA/ITA 1963) spielte Gabin noch zweimal den populären Kommissar, doch beide Werke waren sogar schwächer als dieses hier. An der Schwelle zur Nouvelle Vague zeigt solches immerhin passable Jean-Gabin-Vehikel das Dilemma einer in Klischees festgefahrenen französischen Filmproduktion der Spätfünfziger.
Eine zweite, in Bild und Ton nochmals wesentlich verbesserte BD- und DVD-Edition (2014) der Concorde Home Entertainment GmbH ist technisch enorm hochwertig. Sie bringt den Film ungekürzt im Originalformat mit wahlweise dem französischen oder deutschen Ton, optional deutsche Untertitel, den Kinotrailer als Extra. Der Film kann übrigens nur mit Originalton genossen werden, die deutsche Synchronisation ist eine Katastrophe. Stimmen, Hintergrundgeräusche und die "Übersetzung" der Dialoge sind nicht authentisch.