Film Noir
| UK
| 1953
| John Gilling
| Monty Berman
| Edward Underdown
| Martin Benson
| Michael Balfour
| Elizabeth Sellars
Bewertung
***
Originaltitel
Recoil
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1953
Darsteller
Elizabeth Sellars, Kieron Moore, Edward Underdown, John Horsley, Robert Raglan
Regie
John Gilling
Farbe
s/w
Laufzeit
76 min
Bildformat
Vollbild
© Verlag für Filmschriften Christian Unucka
London: Es ist Abend in der verlassenen Straße, darin der Juwelierladen John Talbots (Ian Fleming) liegt, als ein Wagen vorfährt. Ein Mann im Mantel, Nicholas Conway (Kieron Moore), steigt aus und betrachtet scheinbar die Auslagen im Schaufenster des geschlossenen Geschäfts. Tatsächlich beobachtet er, wie Talbot hinterm Tresen einige Schmuckstücke in einen Lederkoffer packt. Indessen ruft dessen Tochter Jean (Elizabeth Sellars) an, um ihn zu treffen. Sie verabreden sich vor dem Clayton House, wo Talbot noch geschäftlich zu tun hat. Als er seinen Laden verlässt und abschließt, nähern sich ihm Nicholas Conway und ein zweiter Mann, der inzwischen aus dem geparkten Wagen ausgestiegen ist. Doch da kommt ein Polizist des Weges. Conway und sein Begleiter ziehen sich rasch zu ihrem Auto zurück; ein Taxi biegt scheinbar zufällig ums Eck und der Fahrer (Mike McCarthy) fragt Talbot, ob er eins brauche. Jener lässt sich zu seinem Abendtermin fahren, doch der Taxifahrer achtet darauf, dass seine Komplizen ihm gut folgen können. Als Talbot vor dem Clayton House ausssteigt, sind auch Conway und seine Kumpanen sofort da. Nicholas Conway spricht Talbot im Eingang an, sein Komplize entreißt Talbot den Schmuckkoffer und Conway schlägt ihn mit seiner Pistole nieder. Jean erreicht in dem Augenblick ebenfalls das Gebäude und stößt mit dem fliehenden Gangster zusammen, der sie beiseite schubst. Die Gangster liefern sich mit der Polizei eine rasante Verfolgungsjagd durchs nächtliche London, die mit einem Unfall endet. Im Hospital stirbt John Talbot im Beisein seiner Tochter Jean und des Inspectors Trubridge (John Horsley)…
“Nice English B/W thriller that occasionally attains something approaching a Film Noir feel”, schreibt Weaverman in seinem stets hochwertigen Blog Fleapit of the Mind über diesen B-Film des nur kurzlebigen Studios Tempean Films. Der Autor und Regisseur John Gilling von Zu Tode gehetzt drehte allein im Jahr 1953 vier solcher Thriller und noch bis in die Mittsechziger weitere Billigfilme der Genres Horror, Abenteuer und Krimi, bevor er sich zuletzt vor allem beim Fernsehen verdingte. In den Frühfünfzigern waren viele der B-Produktionen englischer Studios vom US-amerikanischen Film Noir der Vierziger beeiunflusst und man versuchte, einiges an Charakterzeichnung und an Atmosphäre vor dem Hintergrund englischer Städte und Lebensumstände ebenso erstehen zu lassen. Mitunter waren die Resultaste überaus gelungen, zumal es seit den frühen Nachkriegsjahren eine z.T. herausragende englische Film-Noir-Tradition gab. Doch oft versanken die mit schmalen Budgets im Dutzend produzierten Kriminalfilme samt Film-Noir-Anstrich im Mittelsmaß all der stereotypen Handlungsmuster, deren sich ihre Autoren bedienten. Zu Tode gehetzt ist ein Paradebeispiel für den letztgenannten Fall, da manches zwar solide umgesetzt und doch absolut nichts bemerkenswert ist.
Elizabeth Sellars war eine hervorragende Darstellerin in so manchem Film Noir der Fünfziger, wo sie an der Seite von Größen wie Dirk Bogarde oder John Mills auftrat. Der zweite exzellente Darsteller ist Martin Benson, der den Geschäftspartner John Talbots und hinter solcher Fassade auch den Großkriminellen Henry Farnborough porträtiert und zwar mit Klasse und Elan. Nach Jahren in B-Produktionen avancierte er in den Sechzigern noch zum gefragten Nebendarsteller in Blockbustern wie Cleopatra (USA 1963) oder James Bond 007 – Goldfinger (UK 1964). Doch viel mehr gibt es nicht zu erzählen über einen Film, der den Dreh- und Angelpunkt seiner Handlung, welcher die rachsüchtige Tochter Jean zur Freundin des Mörders ihres Vaters werden lässt, lapidar verschenkt. Auch dümpeln die männlichen Darsteller Kieron Moore und vor allem Edward Underdown knietief im Mittelmaß und zeigen kaum die Ecken und Kanten ihrer Charaktere. Monty Bermans Kameraarbeit ist solide und zeigt mehrere gelungene Film-Noir-Sequenzen, - mit nächtlichem Schusswechsel und einer anschließenden Verfolgung in einem Lagerhaus als Höhepunkt - aber inspiriert meint etwas anderes. Das Drehbuch serviert zu viele hanebüchene Wendungen; das Finale ist leidlich spannend. Alles in allem ist Zu Tode gehetzt trotz seines sensationsheischenden deutschen Titels sicher kein Werk, das der Film-Noir-Freund gesehen haben muss.
Unter seinem Originaltitel Recoil ist der Film heute in der Public Domain und liegt in mehreren Fassungen auf DVD vor. Eine in den USA von VCI Entertainment in Kooperation mit Renown Pictures Ltd. herausgebrachte 2DVD (2009) nennt sich British Cinema – Crime & Noir und bringt neben fünf weiteren Thrillern aus den Jahren 1951 bis 1956 auch Zu Tode gehetzt in einer überraschenden Bildqualität – ungekürzt im Originalformat mit sehr gut verstehbarem englischen Ton ohne Untertitel und ohne Extras.