Neo Noir
| USA
| 1997
| Jim Thompson
| Michael Oblowitz
| Billy Zane
| Seymour Cassel
| Will Patton
| Gina Gershon
| Sheryl Lee
Bewertung
**
Originaltitel
This World, Then The Fireworks
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1997
Darsteller
Billy Zane, Gina Gershon, Sheryl Lee, Rue McClanahan, Seymour Cassel
Regie
Michael Oblowitz
Farbe
Farbe
Laufzeit
96 min
Bildformat
Widescreen
Im Alter von vier Jahren werden die Zwillinge Marty (Christian Durango) und Carol Lakewood (Sloan Cobb) Zeuge eines Verbrechens. Ihr Vater (Philip Loch) erschießt vor ihren Augen und denen ihrer Mutter (Roberta Hanley) den Ehemann seiner Geliebten (Elis Imboden), mit der er soeben noch das Bett teilt, im elterlichen Schafzimmer mit der Schrotflinte. Doch die Kinder, vom Blut des Ermordeten bespritzt, verkennen den Ernst der Lage. Sie finden das Schauspiel lustiger als einen Charlie-Chaplin-Film – man schreibt das Jahr 1926 und Vater Lakewood kommt für seine Tat auf den elektrischen Stuhl. 30 Jahre später muss der Reporter Marty (Billy Zane) Chicago und seine Familie im Stich lassen, als ihm nach Aufdeckung einer Korruptionsaffäre die Polizei auf die Spur kommt und seinen Informanten Joe (Richard Edson) in einer Bar kaltblütig ermordet. Marty flieht nach Kalifornien zu seiner Mutter (Rue McClanahan) und zu seiner Schwester Carol (Gina Gershon). Drei Jahre haben sich die Geschwister nicht gesehen, seit ihrer Geburt die längste Zeit, denn Kindheit und Jugend verbrachten sie in geradezu symbiotischer Eintracht. Mutter Lakewood empfängt Marty allerdings nicht sonderlich begeistert, denn ihr Sohn hat ihr zeitlebens nur Ärger verursacht. Außerdem weiß sie, dass die Beziehung der Geschwister die Grenze des Erlaubten längst hinter sich ließ. Und tatsächlich nehmen Carol und Marty ihr inzestuöses Verhältnis mit Genuss wieder auf…
„Ein ebenso gewagter wie brillanter Film noir, der wie kaum eine Thompson-Verfilmung zuvor den atemlosen, düster-erotischen Stil des Romanciers einfängt“, heißt es im Zitat von Brennpunkt: Film auf der Rückseite der deutschen DVD von Kinowelt. So ist die Vorfreude des Film-Noir-Connaisseurs verständlicherweise groß, wenn er den Silberling in den Player einlegt... und die Enttäuschung umso größer. Es scheint unfassbar, wie es Michael Oblowitz gelingt, diese Verfilmung einer Kurzgeschichte Jim Thompsons in den Teich zu setzen, aber er schafft es. Weder die explizite Gewalt und der Inzest der Geschwister in Bildern einer lasziven Erotik noch deren tiefe Amoralität und die daraus erwachsene Selbstjustiz sind das Problem, allesamt Teile von Thompsons Geschichte, sondern schlicht das Unvermögen vor und hinter der Kamera, daraus einen guten Film werden zu lassen. So wird eingangs das Stilmittel der Erzählung aus dem Off - mit der viel zu weichen Stimme Billy Zanes - derart überstrapaziert, dass man das Gefühl hat, man lausche einem bebilderten Hörspiel. Die Rückblenden erscheinen hastig und ohne Finesse. Allein wie die erste Einstellung der Tötung des Ehemanns seiner Geliebten durch den Vater in die Titel des Vorspanns montiert ward, ist dilettantisch. Zudem zeigt die Ästhetik solchen Vorspanns sich eher als eine der Frühsechziger - einer Zeit, die mit dem Film Noir bereits abgeschlossen hatte. Auch der Jazz aus der Feder von Pete Rugolo, obwohl musikalisch sauber zitiert, ist in seiner Art für den Film Noir der 50er untypisch. So entsteht im Nu der Eindruck von „gewollt und nicht gekonnt“, denn sein Bemühen um eine authentische Film-Noir-Atmosphäre ist dem Film - trotz guter Leistungen von Kameramann Tom Priestley jr. - so aufdringlich stylish wie ein Make-up übergezogen.
© Studiocanal GmbH
"This World, Then the Fireworks" can't decide what it wants to be, and what it turns out to be is awful”, schrieb G. Allen Johnson im August 1997 zur Kinopremiere im San Francisco Chronicle und das trifft es. Neben dem Regisseur und seiner Dramaturgie haben auch die Hauptdarsteller wenig zu bieten. Der seinerzeit gefeierte Billy Zane erweist sich als bestenfalls auf TV-Niveau in seiner Darstellung des mörderischen Reporters ohne Skrupel. Und Gina Gershon ist als beinharte Femme fatale einzig vulgär und banal, so dass trotz aller verkrampfter Anstrengungen absolut nichts an ihre elegant raffinierten Vorbilder der Vierziger und Fünfziger denken lässt – nicht mal die Kostüme. Was den Charakteren in diesem Neo Noir - abgebrüht, verrucht, doppelbödig, gewissenlos sollen sie für den Zuschauer sein - völlig abgeht, ist ein Funken Seele. Folglich erscheinen sie eben nicht als Charaktere sondern als bloße Abziehbilder mit einem Hang zur Karikatur. Für den Film, der durch seine holprige Erzählweise eh schwer in Fahrt kommt, erweist sich das als fatal. Da können auch die Leistungen der Nebendarsteller Seymour Cassel und Rue McClanahan nichts retten. Ohne Gewissen bleibt unendlich flach und lohnt sich absolut nicht.
Gute DVD von Kinowelt / Studiocanal (2008) mit dem Film ungekürzt (FSK 18) im Originalformat, Tonspuren auf Englisch oder Deutsch, optional deutsche Untertitel, den Kinotrailer und eine Fotogalerie als Extras.