Film Noir
| USA
| 1952
| Richard Brooks
| Milton R. Krasner
| Ed Begley
| Humphrey Bogart
| Jim Backus
| Joe De Santis
| Joe Sawyer
| John Doucette
| Paul Dubov
| Paul Stewart
| Tom Powers
| Warren Stevens
| Joyce Mackenzie
| Kim Hunter
Bewertung
****
Originaltitel
Deadline - U.S.A.
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1952
Darsteller
Humphrey Bogart, Ethel Barrymore, Kim Hunter, Ed Begley, Warren Stevens
Regie
Richard Brooks
Farbe
s/w
Laufzeit
83 min
Bildformat
Vollbild
© Twentieth Century Fox Film Corporation
Vor einem Untersuchungsausschuss unter Vorsitz zweier Senatoren (Frank Wilcox, Paul Maxey) muss sich der Mobster Tomas Rienzi (Martin Gabel) wegen des Vorwurfs verantworten, durch eine üppige Zuwendung die Senatswahlen manipuliert zu haben. Zeitgleich wird aus dem Fluss die Leiche einer unbekannten Frau (Ann McGrea) gefischt, die mit nichts als einem Pelzmantel bekleidet war. Im Redaktionsbüro der renommierten Tageszeitung The Day herrscht Hochbetrieb. Ihr Chefredakteur Ed Hutchinson (Humphrey Bogart) gibt Anweisung, die Story über die ominöse Flussleiche auf Seite 2 zu bringen und zwar ohne ein Foto. Zugleich möchte der junge Journalist George Burrows (Warren Stevens) wissen, ob und wie lange er den Fall Rienzi weiter verfolgen soll. Hutcheson sieht wenig Aussicht auf einen Erfolg, gibt Burrows aber drei Tage Zeit, nachdem ihn dieser davon überzeugt hat, dass er für seine Ermittlungen eine gute Quelle hat. Indessen ist Hutchensons Stellverteter Frank Allen (Ed Begley) mit der Nachricht hereingekommen, dass Margaret Garrison (Ethel Barrymore), die Witwe des vor elf Jahren gestorbenen Zeitungsgründers John Garrison, zum Verkauf ihres angesehenen Erbes, der Tageszeitung The Day, gezwungen wird und zwar durch ihre einzig am Geld interessierten Töchter Katherine (Joyce Mackenzie) und Alice (Fay Baker). Ed Hutcheson eilt in den im Penthouse gelegen Konferenzraum, wo die Damen bereits mit ihren Anwälten Greene (William Forrest) und Crane (Carleton Young) auf ihn warten…
In der erzreaktionären McCarthy-Ära zwischen 1950 und 1955 hatten diejenigen, die wie Richard Brooks oder Humphrey Bogart der Zensur mit ihren Schauprozessen und Berufsverboten knapp von der Schippe gesprungen waren, wenig zu lachen. Das House Committee on Un-American Activities leitete als Instrument des Senators Joseph McCarthy und des FBI-Direktors J. Edgar Hoover die Hexenjagd auf Hollywoods Filmschaffende, welche 1952 unter dieser Knute mucksmäuschenstill ausharrten, nachdem so manche Kollegen - Schauspieler, Regisseure und Autoren - die USA verlassen und ins Exil gegangen waren. Umso erstaunlicher ist, wie Die Maske runter! seine Botschaft von Pressefreiheit, Zivilcourage und Bürgerrechten zu vermitteln weiß und dabei gerade noch unters Schafsfell des Patriotismus’ schlüpft, daraus seine Sozialkritik und die Anklage korrupter Verhältnisse ganz offensichtlich hervorlugen. Manche Filmkritiker vertreten die Ansicht, dass genau dies Brooks’ Absicht gewesen sei, seiner Heimat in Zeiten von Zensur und eingeschränkter Meinungsfreiheit einen Spiegel vorzuhalten und an die Wurzeln der Demokratie zu erinnern. Niemand sonst als Präsident Harry S. Truman hat später einmal formuliert: “I think the Un-American Activities Committee in the House of Representatives was the most un-American thing in America.” Und niemand als Publikumsliebling Humphrey Bogart deklamiert in der Rolle des Chefredakteurs Ed Hutcheson in Die Maske runter! Sätze wie diesen: “This paper will fight for progress and reform. We'll never be satisfied merely with printing the news.“
“A tough, cynical urban melodrama about the newspaper business, Deadline - U.S.A. (1952), is much closer to film noir in mood than in plot and character details,” schreibt Jeff Stafford für Turner Classic Movies und liegt damit nicht falsch. Kim Hunter ist eher ein bürgerliches Rollenmodell, keine Femme fatale, und Humphrey Bogart ficht zwar einen einsamen Kampf, bei dem er auf verlorenem Posten scheint, doch ist das keiner komplexen, instabilen psychischen Disposition zu verdanken. Im Gegenteil reaktiviert Bogart, der eine gewohnt engagierte und dynamische Leistung zeigt, den Tough Guy seiner Mittvierziger, obgleich er keine einzige Zigarette raucht - eine Ausnahme für den Kettenraucher. Die wahren Stars des Films sind die Charakterdarsteller in Nebenrollen, die alles tun, um die Riege der Redakteure, Fotografen, Journalisten und anderer Zeitungsleute zu 100% glaubwürdig erscheinen zu lassen. Es ist dem Ensemble - Paul Stewart, Jim Backus, Audrey Christie, Joe De Santis, u.a - zu verdanken, dass dieser Film bis heute in der Zeitungsbranche einen erstklassigen Ruf hat und wegen seiner adäquaten Darstellung des Journalismus’gelobt wird. Als Film Noir zeigt er auch die Verlierer und Gewinner der schmutzigen Ränkespiele rund ums Geld. Materialismus und Ignoranz, Bestechlichkeit und Doppelmoral sind die vorherrschenden Themen. Außer der klischeehaften Nora Hutcheson (Kim Hunter) ist die teils moralisierende Botschaft gerade im Finale etwas plakativ; allerdings ist Die Maske runter! hier stilsicherer als etwa Nicholas Rays Vor verschlossenen Türen (USA 1949). Zeitgleich bewiesen Phil Karlsons Skandalblatt (USA 1952) und Samuel Fullers Park Row - Eine Zeitung für New York (USA 1952) als im Zeitungswesen angesiedelte Film Noir ein ähnlich subversives Engagement wider die reaktionären politischen Kräfte der Zeit: “A free press, like a free life, sir, is always in danger.”
Bild- und tontechnisch ist die deutsche DVD (2014) aus der Reihe Pidax Filmklassiker hervorragend, dazu ungekürzt im Originalformat mit wahlweise der deutschen oder englischen Tonspur, inklusive des Reprints der Internationalen Film-Bühne Nr. 1744 als nostalgischem Extra, obendrein den US-Kinotrailer. Die im Menü angezeigten deutschen Untertitel liefen bei mir nicht, lediglich die Zeitungsschlagzeilen wurden angezeigt. Ich empfehle dennoch den Originalton. Bei der deutschen Synchro sind die Stimmen zu laut abgesmischt und es wimmelt von Ungenauigkeiten in der Übersetzung oder absichtlichen Änderungen. So wird z.B. im Fall von Mrs. Schmidt (Kazia Orzazewski) aus deren Heimat “Germany“ in der Übersetzung “Dänemark“. Ein eklatanteres Beispiel: „Also Abend für Abend zieht sich dieser Mann am offenen Fenster aus. Wir werden darüber schreiben.“ Im Original: “You say this man keeps getting undressed without pulling down his shades... What’s your complaint, Madam?“ Wie so oft verwässert und verharmlost die (alte) deutsche Synchronisation ihren Film.