Sehnsucht der Veronika Voss, Die

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Bewertung
****
Originaltitel
Die Sehnsucht der Veronika Voss
Kategorie
Neo Noir
Land
GER
Erscheinungsjahr
1982
Darsteller

Rosel Zech, Hilmar Thate, Cornelia Froboess, Annemarie Düringer, Armin Müller-Stahl

Regie
Rainer Werner Fassbinder
Farbe
s/w
Laufzeit
99 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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München im Jahr 1955: Der ehemalige UFA-Star Veronika Voss (Rosel Zech) sieht im Kino einen ihrer letzten Erfolgsfilme. Unter Tränen erinnert sie sich an die Zeit, da sie mit dem Drehbuchautor Max Rehbein (Armin Müller-Stahl), ihrem damaligen Ehemann, glückliche Jahre verlebte. Auf dem Weg zur Straßenbahn wird sie im Park vom Regen überrascht, doch apathisch läuft sie weiter. Der Sportreporter Robert Krohn (Hilmar Thate) wird auf die Frau aufmerksam. Er bietet ihr „Schirm und Schutz“ an und geleitet sie zur Haltestelle, an der sie gemeinsam in die Tram steigen. Veronika Voss ist ganz außer sich über die Freundlichkeit Krohns, der seinerseits von der stets attraktiven Schauspielerin, die er aber nicht erkennt, fasziniert ist. Als sie die Bahn verlässt, sieht er sie im Regen einen Hauseingang ansteuern. Robert Krohn lebt zusammen mit seiner Freundin Henriette (Cornelia Froboess) in einer Beziehung, die für beide zu einer Gewohnheit geworden ist. In den frühesten Morgenstunden ruft Veronika Voss ihn an und bestellt ihn zu einem Treffen ins renommierte Café Privileg. Erneut gibt sich der Filmstar bis zur Hysterie erregt, doch Krohn kann ihrer Anziehungskraft nicht entfliehen. Auf ihr Drängen leiht er Veronika Voss 300,- Mark, mit denen sie das Café verlässt, um in einem Juwelierladen eine Brosche zu erwerben, die sie dort angeblich bereits sah und unbedingt haben möchte. Doch im Geschäft, wo die Verkäuferin (Sonja Neudorfer) sie sofort erkennt, verlangt sie irgendeine Brosche zu diesem Preis, die sie ohne Überlegen kauft und mit der sie ins Café Privileg zurückeilt, wo Robert Krohn sie erwartet…
 
“In Germany, R.W. Fassbinder is the greatest figure that advocated the noir approach among other approaches in his films” schreiben Stephen Sze und Yiting Shen in ihrem Essay Contrasting "Infernal Affairs" Hong Kong and "The Departed" Hollywood. “Veronika Voss represents Fassbinder’s biggest and finest tribute to Hollywood noir, with his intimate knowledge of classic-era Hollywood evident even in the film’s striking departures from that template“; urteilen Alexander Ballinger und Danny Graydon in The Rough Guide To Film Noir (2007). Bereits der wunderbare Vorspann und dann die erste Einstellung im Kino machen deutlich, dass Die Sehnsucht der Veronika Voss sowohl eine Geschichte über Menschen in der jungen Bundesrepublik als auch ein Film über Filme ist. Rainer Werner Fassbinder war ebenso das Infant terrible der deutschen Filmkultur der Siebziger wie ein Verehrer klassischen Kinos aus Hollywood - etwa desjenigen von Douglas Sirk, in dessen Film Noir Schlingen der Angst (USA 1948) Alison Courtland (Claudette Colbert) sukzessive vergiftet und wegen ihres Vermögens umgebracht werden soll. Vor allem aber erinnert Fassbinders in kontraststarkem Schwarzweiß, von Kameramann Xaver Schwarzenberger mit Low-Key-Beleuchtung und Film-Noir-Perspektiven inszeniertes Drama an Billy Wilders Boulevard der Dämmerung (USA 1950). Hier war es Norma Desmond (Gloria Swanson), einst ein Stummfilmstar, die mithilfe des Drehbuchautors Joe Gillis (William Holden) - ebenso wie Max Rehbein als Ehemann der Veronika Voss mittellos - ihrem Comeback auf der Leinwand entgegen fieberte.
 
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© Studiocanal GmbH
 
Rosel Zech überzeugt als schillernde Femme fatale Veronika Voss, basierend auf der Geschichte der UFA-Schauspielerin Sybille Schmitz, und Hilmar Thate als heimlich Gedichte schreibender Melancholiker, den die neue Bekanntschaft schließlich auf die Spur eines Kriminalfalls bringt. Aber auch Annemarie Düringer, Rudolf Platte, Erik Schumann und andere holen aus ihren Nebenrollen das Maximale heraus und verleihen dem sorgsam geschriebenen Film eine über die gesamte Spielzeit hohe Intensität. Cornelia Froboess überrascht in der Rolle der durch die Rivalin aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten Freundin Krohns; Günther Kaufmann sorgt als G.I. (im Grunde ist er Drogenhändler) für jenes bizarre Etwas, das Fassbinders Filmen als Markenzeichen eignet. Peer Rabens Musik und einige Rock’n’Roll- und Country-Songs, mit denen der Autor und Regisseur seine Beziehung zum US-Kino unterstreicht, lassen die Konvention der Filmerzählung immer wieder ins unergründlich Abseitige entgleiten. Mit Die Sehnsucht der Veronika Voss beendete Fassbinder seine BRD-Trilogie, eine Auseinandersetzung mit der jungen Bundesrepublik zwischen 1945 und 1955 - individuelle Tragik vs. gesellschaftlich verwurzelte Korruption, die sich mühelos über die schwankende Nachkriegszeit rettet. Die Sehnsucht der Veronika Voss erhielt auf der Berlinale 1982 den Goldenen Bären als bester Film und außer dem dem etwas hastigen Finale gibt es nichts zu beanstanden an einem Werk, das selbst erfahrene Film-Noir-Freunde positiv überraschen dürfte.
 
Eine exzellente DVD-Edition von Arthaus / Studiocanal (2005), die den Film ungekürzt und im Originalformat bietet, bildtechnisch topp mit deutschem Originalton, dazu ein Gespräch mit Rosel Zech, Interviews mit Xaver Schwarzenberger u.a., eine Kurzbiografie R. W. Fassbinders, den original Kinotrailer und Fotogalerien als Extras.
 

Neo Noir | 1982 | International | Rainer Werner Fassbinder | Armin Müller-Stahl | Hilmar Thate

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