Richard Attenborough, Barry K. Barnes, Sheila Sim, Garry Marsh, John Warwick
© Paramount Pictures Corporation
London an einem verregneten, kühlen Abend: Der Taxifahrer Ted Peters (Richard Attenborough) fährt mit seiner Verlobten Joy Goodall (Sheila Sim) in den Nachtclub The Pelican, um Dave Robinson (Bill Owen) zu treffen, ihren gemeinamen Freund aus Kindertagen. Der Türsteher (Norman Shelley) will ihnen den Eintritt verweigern, nur Mitglieder seien zugelassen, als Dave mit einem Trinkgeld dafür sorgt, dass die beiden problemlos mit ihm an der Bar Platz nehmen können. Dave und Peter waren als Soldaten zusammen im Zweiten Weltkrieg, nachdem sie miteinander im gleichen Viertel wie Joy herangewachsen waren. Peters verdingt sich heute, obgleich es nicht viel einbringt, als Taxifahrer und Joy hat erste Engagements am Theater. Dave Robinson hat die Taschen stets voller Geld, er geht dubiosen Geschäften nach, über die seine Freunde nicht viel wissen und nicht viel wissen wollen. Als Joy ihn fragt, warum er nicht endlich eine Arbeit annähme, erwidert er, dass er für so etwas viel zu beschäftigt sei, und sie lachen darüber. Nun muss Joy ins Theater, wo Ted sie später abholen soll, indessen Dave seinen Freund bittet, ihn doch bitte über die Themse zu fahren, da er dort etwas zu erledigen habe. Auf dem Weg versucht Robinson einmal mehr, seinen Freund und Kriegskameraden zu einer Beteiligung an eins, zwei seiner Geschäfte zu überreden doch jener lehnt ab. Ted Peters lässt Dave Robinson vor der Marsh Road Station raus, wo jener im Palais-de-Danse, als er eintritt, sofort auch von Paul Baker (Barry K. Barnes) bemerkt wird…
“Why do people have to get murdered when I’m out with my wife for the first time for years?" Die ersten 15 Minuten dieses Films gehören Bill Owen, der in diesem Frühwerk seiner Karriere als Schauspieler noch als Bill Rowbotham auftrat. Bill Owen nutzt die Gunst der Stunde. Er lässt seinen Schmalspurgauner Dave Robinson zur Hochform auflaufen und spielt das Ensemble an die Wand. Weitere Rollen in Compton Bennets Aus dem Tagebuch eines Henkers (UK 1948) und Alfred Roomes Der Mann ohne Gewissen (UK 1948) folgten. Danach blieb er im Kino und im Fernsehen vor allem der Komödie treu. Überhaupt ist Dancing with Crime ein Film, der mit seinen Schauspielern anhebt. Richard Attenborough und Sheila Sim, er 23 und sie 24 Jahre alt, waren seit 2 Jahren Eheleute und standen am Beginn ihrer Karrieren, darin es vor allem Attenborough weit bringen sollte. Dancing With Crime war sein erster Film mit ihm in der tragenden Hauptrolle. Ende des gleichen Jahres kam Brighton Rock (UK 1947) mit Attenborough als skruppellosem Gangster Pinkie Brown ins Kino und bescherte ihm seinen endgültigen Durchbruch. In John Paddy Carstairs’ Dancing With Crime hatten noch zwei weitere, später international zu Filmstars avancierte Nachwuchsdarsteller frühe Rollen inne. Dirk Bogarde (Ein Kind war Zeuge, UK 1952) ist als Polizist zu sehen, Diana Dors (Umfange mich, Nacht, UK 1956) als Taxi Dancer, beide werden im Abspann nicht genannt. Die Geschichte des hierzulande nahezu unbekannten Film Noirs aus England ist eine klassische. Ein Mordfall setzt eine Kettenreaktion in Gang, auf irrtümlichen Annahmen und Verdachtsmomenten beruhend, und schon bald sind die Konsequenzen unaufhaltsam… Großteils bei Nacht und Nebel im unwirtlichen und zugleich romantischen London der 40er Jahre angesiedelt, profitiert die Inszenierung vom immer zuverlässigen und dynamischen Kameramann Reginald H. Wyer (Die Brücke der Vergeltung, UK 1957).
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Die Rollencharaktere in einem Skript aus der Feder von Brock Williams sind durch die Bank gut ausgearbeitet. Dennoch hätte ich mir auch nach den ersten 15 Minuten etwas mehr der für den Film Noir typischen Ambivalenz gewünscht, wie sie in der Figur Dave Robinsons angelegt ist. Der Brit Noir der unmittelbaren Nachkriegszeit thematisierte ebenso wie der US-amerikanische Film Noir gern und oft die grundlegenden Probleme jener Kriegsheimkehrer, die sich in der Heimat nur schwer wieder eingliederten - Sträfling 3312 (UK 1947) oder Mann im Netz (UK 1949) sind Paradebeispiele für all die daraus entspringenden Konflikte. Regisseur John Paddy Carstairs kehrte im Anschluss nie mehr aufs Terrain des Film Noirs zurück, schuf mit Dancing With Crime jedoch einen zu Unrecht in Vergessengheit geratenen Beitrag zum europäischen Noir, der allen Cineasten und Freunden klassischen Kinos hiermit ans Herz gelegt sei. Deutlich besser als viele der B-Produktionen der 50er Jahre, mit viel Liebe zum Detail und zur Bildsprache ausgearbeitet, sind nicht allein die guten Schauspieler ein Garant für kurzweiliges Vergnügen. Auch die heute vorliegende, exzellent restaurierte Fassung des Films, in dieser Sparte keineswegs selbstverständlich, untermauert solche Empfehlung.
Die englische DVD-Edition (2013) von Simply Media in der Lizensierung durch die Cohen Film Collection LLC bietet in der Kooperation mit dem British Film Institute (BFI) eine bild und tontechnisch herausragende Neufassung, wie man sie bei Filmklassikern aus jener Zeit nur selten zu sehen bekommt, erst recht bei einem tendenziell obskuren Film wie diesem. Ungekürzt im Originalformat mit dem englischen Originalton sind das einzige, was fehlt, mögliche Untertitel sowie einige Extras.