Uwikłanie

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Uwikłanie
Kategorie
Neo Noir
Land
POL
Erscheinungsjahr
2011
Darsteller

Maja Ostaszewska, Marek Bukowski, Danuta Stenka, Andrzej Seweryn, Olgierd Lukaszewicz

Regie
Jacek Bromski
Farbe
Farbe
Laufzeit
122 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Krakau, Polen: In einem außerhalb der Stadt auf einer Anhöhe gelegenen Landsitz führt der Psychotherapeut Cezary Rudzki (Olgierd Lukaszewicz) mit mehreren Patienten eine Familienaufstellung nach Bernd Hellinger durch. Der im Zentrum stehende Henryk Telak (Krzysztof Globisz) weiß, dass ihn seine Frau nach dem Selbstmord der gemeinsamen Tochter verachtet. Ihr Sohn ist krank, eine angeborene Anomalie, er sehnt sich einzig nach Versöhnung. Nachdem die Patientin Hannah Kwiatkowska (Malgorzata Buczkowska), die seine Tochter verkörpert, Telak umarmt hat, zudem Barbara Jarczyk (Dorota Pomykala) als seine Frau ihm ihre erloschene Liebe eingesteht, brennen Telak die Nerven durch. Er verlässt die Aufstellung und eilt aus dem Zimmer. Die Patienten und Rudzki nächtigen in dem Anwesen und führen die Therapie über mehrere Tage fort, so verabredet man sich für den nächsten Morgen... Cezary Rudzki, die Frauen Jarczyk und Kwiatkowska und der vierte Patient namens Kaim (Maciej Wierzbicki) sitzen schon im Sonnenschein beim Frühstück auf der Terrasse; doch von Telak keine Spur. Als Hannah in die Küche will, entdeckt sie ihn tot auf dem Parkett, einen Bratspieß bis zum Schaft im linken Auge… Die junge Staatsanwältin Agata Szacka (Maja Ostaszewska) lässt an dem heutigen Sonntag ihre Familie in der Stadt zurück und eilt zum Tatort. Dort trifft sie zum ersten Mal in Jahren auf den Kriminalpolizisten Slawomir Smolar (Marek Bukowski), ihren ex-Freund aus fernen Studientagen…

 

“Entanglement is all very slick.“ Der Filmkritiker Hemath Kissoon bemängelt für Filmaluation, dass dieser polnische Film so glatt wie einer aus Hollywood daherkäme und seine Handlung bei Stieg Larssons Verblendung abgekupfert, wo ein simpler Mordfall ebenfalls mit einer in der Vergangenheit wurzelnden Verschwörung zu tun habe. Den polnischen Autoren Zygmunt Miloszewski und dessen preisgekrönten Roman Uwikłanie (EA 2007), - in Deutschland 2015 als Warschauer Verstrickungen - den Jacek Bromski hier verfilmte, erwähnt Kissoon mit keinem Wort. Als sei es ein Privileg Hollywoods, technisch hochwertige Filme zu produzieren und ein Privileg Stieg Larssons, komplexe Kriminalromane zu schreiben, dessen Debüt übrigens erst 2008 auch in englischer Übersetzung vorlag. Natürlich darf man Filmwerke kritisieren. Aber zumindest sollte man wissen, dass die “beautiful town“ Krakau heißt und die Hauptdarstellerin nicht Lena Czaplicka ist, die die Tochter Agnieszka spielt, indessen die Staatsanwältin Agata Szacka heißt. Mich wundert auch sonst die allgemeine Missachtung gegenüber dem vielschichtigen Drama mit nicht durchweg originellen, aber für sich jeweils glaubwürdigen und vielseitig miteinander verwobenen Charakteren. Regie und Dramaturgie lassen es zu Beginn geruhsam angehen und sowohl ihre Protagonisten als auch den Zuschauer sich in der heimeligen Nostalgie des malerischen Krakaus in Sicherheit wiegen, bevor sich die Schlinge in der zweiten Hälfte langsam zuzieht. Zygmunt Miloszewski setzt sich in seinen Büchern über den Staatsanwalt Teodor Szacki, aus dem hier Agata Szacka wird, mit der jüngeren Vergangenheit seiner Heimat auseinander. Uwikłanie ist mehr als ein weiterer europäischer Thriller oder ein Krimi mit komplexer Handlung und verborgenen Motiven. Es ist ein Drama über das Unwiederbringliche einer verlorenen Jugend - über die Ohnmacht, den Zorn und die Angst in Anbetracht des Unrechts als Staatsräson.

 

Der Film ist weder sonderlich brutal noch auf rasante Action fokussiert, es gibt keine Explosionen und keine rasanten Verfolgungsjagden. Und doch kriecht einem der Schrecken hin und wieder unter die Haut. Allerdings finden (oder fanden) die furchtbaren Taten nicht direkt auf der Leinwand statt, so wie die wirklich relevanten Dokumente über die Verwicklungen von Staatsmacht und Verbrechen in den Wänden einer Villa verborgen lagern, wo sie denen nutzen, die allein aufgrund ihrer Existenz als Leute der "Versicherung" ein luxuriöses Leben führen. So betritt die Staatsanwältin Agata Szacka das Schattenreich einer Vergangenheit, die sie wie ihre Mitbürger längst für erledigt und begraben hielt, bevor solche Schatten nun ihre Macht offenbaren und ihr Leben bedrohen… Ich persönlich halte Jacek Bromskis Verfilmung von Miloszewskis in Polen so überaus erfolgreichem Buch für gelungen, demgegenüber es sicher kein Meisterwerk ist. Dazu ist mir der Schluss zu sehr ein Thriller-Standard obgleich auch der dem aufmerksamen Zuschauer einen Raum für Spekulationen öffnet. Mit seinen deutlich dem europäischen Film Noir zugewandten Nuancen bietet Uwikłanie dem Cineasten eine Facette, die allemal mich dazu anregt, mich intensiver mit dem zeitgenössischen Kino aus Polen zu befassen. Empfehlenswert!

 

Erstklassige polnische DVD-Edition (2012) von VUE Movie Distribution mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu die polnische Tonspur mit optional englischen Untertiteln, ein Making Of, den Trailer und Bildergalerien als Extras.

 

Neo Noir | 2011 | International | Jacek Bromski | Zygmunt Miloszewski | Maja Ostaszewska

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