Best Offer, The - Das höchste Gebot

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
La migliore offerta
Kategorie
Neo Noir
Land
ITA
Erscheinungsjahr
2013
Darsteller

Geoffrey Rush, Jim Sturgess, Sylvia Hoeks, Donald Sutherland, Philip Jackson

Regie
Giuseppe Tornatore
Farbe
Farbe
Laufzeit
125 min
Bildformat
Widescreen
 

 

Bild Bild Bild  The Best Offer-Poster-web4.jpg
© Warner Bros.
 
Triest, Italien: Der Auktionator Virgil Oldman (Geoffrey Rush) erfreut sich als Gutachter und beim Verkauf privater Sammlungen von Antiquitäten und Kunst einer erstklassigen Reputation. Doch der Exzentriker und Inhaber eines eigenen Auktionshauses gesteht sich dafür jenseits seiner Verträge beizeiten eine Belohnung zu. In Öl gemalte Frauenportraits, die es ihm als Kunstwerke besonders angetan haben, bewertet er gezielt zu niedrig, um sie auf den eigenen Auktionen mithilfe seines Strohmanns Bill Whistler (Donald Sutherland) im Kreis der betuchten Kundschaft selbst zu ersteigern. Über die Jahrzehnte ist es Virgil Oldman auf diese Weise gelungen, eine ansehnliche Sammlung von Gemälden zusammen zu bringen, die er in einem geheimen Zimmer seiner Luxuswohnung, welche der Junggeselle sein eigen nennt, an die hohen Wände hängt. Am Morgen seines Geburtstags lamentiert er beim Betreten des Büros mit seinem Assistenten Lambert (Dermot Crowley) über den dort drapierten Geschenketisch, der so unsinnige Dinge wie Mobiltelefone aufweist, die Oldman bekanntermaßen verabscheut. Einzig über den Büroanschluss nimmt Virgil Oldman den ersten Anruf seines Ehrentags traditionell selbst entgegen. Aber heute kennt er die Anruferin gar nicht. Es ist eine gewisse Claire Ibbetson (Sylvia Hoeks), die sich wegen der Schätzung der umfangreichen Sammlung ihrer vor einem Jahr verstorbenen Eltern an ihn wendet. Sie denkt, mit einem von Oldmans Assistenten zu sprechen, und der Auktionator lässt sie in dem Glauben…
 
“When compared to cartoons like Gangster Squad and Sin City which many (…) seem to enjoy, this film is certainly closer to real noir”, liest man bei reddit Inc. und es zeigt genau, wie das Werk im Kanon des Neo Noirs einzuordnen ist. Gerade im Rückgriff auf die Wurzeln der Film-Noir-Dramen der Vierziger und Fünfziger sind die genannten Hollywood-Blockbuster im Retro-Look bestenfalls Kostümklamotten, ein Mummenschanz für Comic-Fans ohne fundierte Kenntnisse des klassischen Film Noirs. Demgegenüber dreht ein italienischer Regisseur von Rang 2012 mit Darstellern aus England, Australien, Holland, Irland, Kanada, Äthiopien und anderen Ländern in Triest, Rom und Prag einen europäischen Thriller und das Resultat  kann sich wahrlich sehen lassen. Was viele Freunde klassischen Kinos am Film Noir sehr schätzen, ist dessen Stil und so sprechen sie gern vom “film noir style“, auch wenn sie sich beharken, was genau darunter zu verstehen sei. Heutige Filme werden deswegen oft kritisiert, dass sie nämlich ein Zuviel oder ein Zuwenig an Stil aufwiesen, doch exakt damit kann The Best Offer - Das höchste Gebot - ein in der Wiederholung lächerlicher Doppeltitel, zumal der Fim im Original La migliore offerta heißt - über die gesamte Spielzeit punkten. Guiseppe Tornatores Film hat Stil, er beweist Klasse. Doch sollte man ihn als Thriller sehen, nicht als kunstvolles Drama mit einem (oft von Kulturkritikern) hineinprojezierten Anspruch Weltliteratur auf Zelluloid sein zu wollen. Das ist der Film sicher nicht. Dennoch hat er mit Blick auf seine Rollencharaktere und ihr Beziehungsgeflecht viel zu bieten. In Henry Hathaways Feind im Dunkel / Der weiße Schatten (USA 1946) verköperte Clifton Webb den obsessiven Kunstsammler Hardy Cathcart, zu guter Letzt eine Schlüsselfigur. und schon in Laura (USA 1944) hatte das Portrait einer Frau eine zentrale Rolle gespielt. Ebenso tut es das in The Two Mrs. Carrolls (USA 1947), darin Humphrey Bogart den Kunstmaler Geoffrey Carroll darstellt. In seinem Verhältnis zu Frauen zeigt jener so ziemlich die Umkehrung der Obsession, die einen Virgil Oldman antreibt und die ihm zum Schicksal wird.
 
“What's it like living with a woman?” - “Like taking part in an auction sale. You never know if yours will be the best offer.” Die Raffinesse der Dialoge und die der Handlungsweisen aller Protagonisten summiert sich zu einer oft schwer durchschaubaren und deshalb spannenden Entwicklung, deren Konstruktion vom Ende her betrachtet jedoch sehr konstruiert ausfällt. Nicht alle kunsthistorischen Diskurse zwischen Virgil Oldman und Bill Whistler oder dem Restaurator Robert (Jim Sturgess) sind fundiert, manches ist offensichtlich Augenwischerei. Aber der Film zeigt auch Selbstironie. Sein Autor und Regisseur in Personalunion lässt (und das bis zum Schluss) reichlich altersdunklen Humor auftreten, und das wiegt die Vielfalt an Wendungen allemal auf. Ich bin mir fast sicher, dass Giuseppe Tornatore sich von Filmen wie Fabián Bielinskys Nine Queens (ARG 2000) oder Stephen Fears’ Grifters (USA 1990) hat inspirieren lassen. Zu einem Glas Rotwein ist The Best Offer - Das höchste Gebot ein Film, der erfahrene Cineasten sich vor Genuss die Hände reiben lässt, zumal seine Schauspieler an der Sache offensichtlich selbst Vergnügen fanden. Das Ensemble ist perfekt gewählt und spielt in Einzelfällen meisterlich - allen voran Geoffrey Rush (Lantana, AUS/GER 2001) in einer Paraderolle. Für Freunde des Neo Noirs, die der immergleichen Rachethriller mit kaputten Privatdetektiven müde wurden, ist The Best Offer - Das höchste Gebot eine Wahl abseits der ausgetrenen Pfade.
 
Sehr gute deutsche DVD-Edition (2013) der Warner Bros. Entertainment GmbH mit dem Film bild- und tontechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, Tonspuren auf Deutsch und Englisch (= Original, da nicht auf Italienisch gedreht), dazu optional deutsche oder englische Untertitel, allerdings ohne Extras. Sehenswert!
 

Neo Noir | 2013 | International | Giuseppe Tornatore | Donald Sutherland | Geoffrey Rush | Philip Jackson

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