Invisible Stripes

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Bewertung
***
Originaltitel
Invisible Stripes
Kategorie
Pre Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1939
Darsteller

George Raft, Jane Bryan, William Holden, Humphrey Bogart, Flora Robson

Regie
Lloyd Bacon
Farbe
s/w
Laufzeit
78 min
Bildformat
Vollbild
 

 

Bild

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© Warner Bros.
 
Die Strafvollzugsanstalt Sing Sing im Bundesstaat New York: Old Peter (Tully Marshall) begrüßt am Tor die Neuankömmlinge, von denen die meisten alte Bekannte sind. Indessen stehen Chuck Martin (Humphrey Bogart) und Cliff Taylor (George Raft) unter der Dusche und freuen sich über ihre anstehende Entlassung. Beide führen noch ein Gespräch mit dem Gefängnisdirektor (Moroni Olsen), der Taylor viel Glück und Erfolg wünscht und Martin, dem er ein gesetzestreues Leben nicht zutraut, auf den elektrischen Stuhl. Schon auf der Zugfahrt nach New York denkt Chuck vor allem an die Frau, die er sich ausgucken will, und macht Cliff, der ein ehrliches und geregeltes Dasein anstrebt, indessen klar, dass man als Ex-Gefangener immer die unsichtbaren Streifen der Sträflingskluft am Leib trägt, ob man will oder nicht. Cliff Taylor sucht nach Ankunft in New York sofort die Wohnung seiner Mutter (Flora Robson) auf, wo auch sein Bruder Tim (William Holden) lebt und ihn voller Freude begrüßt, demgegenüber Cliffs Freundin Sue (Margot Stevenson) eher kühl bleibt. Tim ist seit zwei Jahren mit Peggy (Jane Bryan) verlobt, er arbeitet als Automechaniker. Doch die geringe Entlohnung lässt ihn nicht genug Geld für ein eigenes Leben ansparen. Neidisch blickt er auf die Reichen und Schönen der Stadt, und als Cliff nach Trennung von Sue seinerseits in seiner alten Werkstatt kleine Brötchen backt, hat er alle Mühe, den frustrierten Tim auf dem rechten Weg zu halten. Chuck Martin trifft indessen den Gangster Ed Kruger (Paul Kelly). Er ist bald nicht nur mit der hübschen Molly (Lee Patrick) liiert sondern auch sonst erfolgreich…
 
“I didn’t feel like a man at all. I felt like a stray dog, wandering around begging for a handout.” Warren Duffs Drehbuch dieses späten und für die 30er Jahre so typischen Gangsterdramas von Warner Bros. beinhaltet viele wunderbare Dialoge, die es seinen Charakteren in den Mund legt. Der Film ist im Ganzen rasant, überzeugt zu Teilen auch mit seinen gesellschaftskritischen Implikationen und kann vor allem ein unerwartet pointiertes Finale für sich verbuchen. Warum gibt es in der Gesamtbewertung also nur drei Sterne? Trotz mancher für den Film Noir der Vierziger relevanter Elemente, die stilistisch und inhaltlich – gerade William Holdens Charakter Tim Taylor kann als temperamentvoller Loser wider Willen einiges davon verbuchen – eine Rolle spielen, wird der Film von der eigenen Tradition überschattet. Dies meint vor allem George Raft in der Hauptrolle, der seit dem mit Paul Muni kongenial besetzten Gangsterfilm Narbengesicht (1932) bei Warner Bros. zur ersten Liga zählte. Wie in Fritz Langs im Vorjahr erschienen Du und ich (1938), wo George Raft ebenfalls einen Ex-Gefangenen auf Bewährung spielte, ist seine Leistung als Schauspieler hölzerne Routine und wird von jedem Einzelnen des Ensembles übertroffen. Vor allem Humphrey Bogart spielt George Raft in jeder ihrer Szenen an die Wand. Von Narbengesicht bis zu Invisible Stripes hatte sich viel getan in Hollywood – nur George Rafts Darstellungskunst wirkt wie eingefroren. Dennoch spielte er in Nachts unterwegs (1940) erneut die Hauptrolle und Bogart die zweite Geige, bevor George Rafts Stern Anfang der Vierziger zu sinken begann.
 

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© Warner Bros.
 
Lloyd Bacon hatte mit Mord im Nachtclub (USA 1937), u.a. mit Humphrey Bogart, bereits gezeigt, wie er mit der richtigen Darstellerin in der Hauptrolle (Bette Davis) ein gutes Drehbuch zu einem klasse Film verwandeln kann. Für den Cliff Taylor in Invisible Stripes war ursprünglich John Garfield vorgesehen, der sicher grandios gewesen wäre, doch 1939 nur im mittelmäßigen Zum Verbrecher verurteilt mitwirkte. Zudem erweist sich der Mittelteil des Films als heavy handed, also mit Blick au seine sozialkritischen Töne überfrachtet, was gerade in der Beziehung von Tim und Peggy und auch in der Redundanz des Werdegangs von Cliff Taylor zum Ausdruck kommt: “Seems to me that the rules only work one way. The businessmen or the judges, whoever makes them.“ An solchen Stellen wäre weniger mehr gewesen, einige klare Signale besser als das permanente Wiederholen von Botschaften zur sozialen Ungleichheit und den daraus erwachsenden Vorurteilen einer vom Materialismus zerfressenen Gesellschaft, der nicht zuletzt Tim Taylor ruckzuck auf den Leim kriecht. Das ist bedauerlich, denn an vielen Stellen zeigt Invisible Stripes sein Potential und sogar Witz, wenn etwa Chuck und Molly aus dem Kino kommen, wo eben You Can’t Get Away With Murder (USA 1939) läuft – eine von Bogarts ersten Hauptrollen. Humphrey Bogart und Lee Patrick traten zwei Jahre später gemeinsam in John Hustons Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941) auf – dem ersten aller klassischen Film Noirs.
 
Erstklassige und heute vergriffene DVD-Edition (2008) von Warner Home Video unterm deutschen TV-Titel Zwölf Monate Bewährungsfrist mit der deutschen und englischen Tonspur, optional deutsche oder englische Untertitel, den Film ungekürzt und im Originalformat, bildtechnisch topp, zudem einige Extras, darunter auch den Kinotrailer You Can’t Get Away With Murder, etc. pp.
 

Pre Noir | 1939 | USA | Lloyd Bacon | Ernest Haller | Bruce Bennett | Frank Faylen | George Raft | Henry O'Neill | Humphrey Bogart | John Hamilton | John Ridgely | Marc Lawrence | Paul Kelly | Tully Marshall | William Holden | Jane Bryan | Lee Patrick

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