Neo Noir
| USA
| 2005
| Mikael Håfström
| Clive Owen
| David Morrissey
| Giancarlo Esposito
| Vincent Cassel
| Melissa George
| Rachael Blake
Bewertung
***
Originaltitel
Derailed
Kategorie
Neo Noir
Land
USA/UK
Erscheinungsjahr
2005
Darsteller
Clive Owen, Jennifer Aniston, Vincent Cassel, Melissa George, Giancarlo Esposito
Regie
Mikael Håfström
Farbe
Farbe
Laufzeit
103 min
Bildformat
Widescreen
© Buena Vista Home Entertainment, Inc.
In einem Gefängnis im US-Bundesstaat Illinois treiben die Wachen die Insassen hinaus auf den Hof. Nur ein Gefangener bleibt allein in seiner Zelle zurück. Er zündet sich eine Zigarette an und beginnt zu schreiben: „The morning it all began…“ Der in einem Vorort Chicagos ansässige Werbefachmann Charles Schines (Clive Owen) wird eines Morgens im Oktober von seinem Hund geweckt und findet sich inmitten der typischen Familienhektik. Beim Frühstück mit seiner Frau Deanna (Melissa George) und Tochter Amy (Addison Timlin) muss er nicht nur bei den Hausaufgaben helfen, sondern auch einen Anruf des Krankenhauses entgegen nehmen. Seine Tochter hat Diabetes und die anstehende, teure medikamentöse Behandlung wird von der Versicherung nicht bezahlt. Durch den Regen hetzt Charles zum Bahnhof. Doch an diesem Montagmorgen verpasst Charles seinen Pendlerzug und muss um 8:15 Uhr den nächsten nehmen. Im Großraumabteil ist er nicht der Einzige, der die Beine einer Geschäftsfrau (Jennifer Aniston) bewundert. Als er von der Kontrolleurin (Sandra Bee) nach seinem Ticket gefragt wird, fällt ihm auf, dass er keins gekauft hat und Deanna das Bargeld aus seiner Börse nahm. Überraschenderweise bezahlt die hübsche Geschäftsfrau seine Strafe, mit der Charles schnell einige Worte des Dankes wechselt. Nach einem überaus schlechten Tag im Büro und der Familienroutine am Abend nimmt Charles erneut den Zug um 8:15 und zahlt seine Schulden zurück. Die Frau stellt sich als Lucinda Harris vor, erfolgreiche Bankerin und selbst Mutter einer Tochter, und die beiden kommen ins Gespräch…
Entgleist ist ein Film-Noir-Thriller, den Jennifer Aniston zu meiner Überraschung nicht zerstören kann, und darin sie sich mit Clive Owen in einer guten Chemie findet. Besonders die ersten dreißig Minuten des Films überzeugen, solches langsame und glaubwürdige Intro ins Verderben, darin nicht zuletzt Rachael Blake (Lantana, AUS/GER 2001) und RZO mit Schauspielkunst auftrumpfen. Später ist Vincent Cassel (Hass, FRA 1995) als Philip LaRoche derjenige, der jede Szene an sich reißt, allerdings auch mit einer dankbaren (und für ihn typischen) Rolle bedacht ist, die er voll ausfüllt. Immer gut ist auch Giancarlo Esposito (Phoenix - Blutige Stadt, USA 1998), der den Police Detective Church spielt und seinen Charakter im Nu zu einem interessanten macht. Ja, beizeiten ist dieser Thriller wunderbar bösartig und fernab jedweder Hollywoodromantik, was er sowohl Cassel als auch der Gewalt verdankt, die unvermittelt brutal und schmerzhaft auftritt. Entgleist ist eingangs ein zeitgemäßer Neo Noir, ein Film mit einer klassischen Film-Noir-Geschichte und man denkt z.B. an André de Toths Pitfall (USA 1948) oder Fritz Langs Straße der Versuchung (USA 1945). Charles Schines tritt aus dem Gleis seiner bürgerlichen Existenz, darin das Familienleben und die Arbeitswelt ihn aufzureiben drohen. Die attraktive Lucinda Harris erscheint wie Nektar und Ambrosia in einem. Mit Philip LaRoche im Nacken wird sein Leben allerdings zu einem Horror, wie er ihn sich niemals vorgestellt hätte.
Nach zwei Drittel des Films verlassen den Regisseur Mikael Håfström und Drehbuchautor Stuart Beattie die guten Geister leider vollständig. In der letzten halben Stunde kehrt man zu allen Klischees der zeitgenössischen Thrillerkost zurück, die sich denken lassen. Aus dem passiven Film-Noir-Helden Charles Schines, den Clive Owen sauber porträtiert und der sich aus Angst vor Entdeckung tiefer und tiefer in eine ausweglose Lage bringt, wird plötzlich ein Rächer. Das doppelte Ende, wie es nun entwickelt und in Action-Manier dargeboten wird, ist vollkommen lachhaft, inklusive der unglaubwürdigen Details, die an dieser Stelle nicht preisgegeben werden können. Charles Schines’ Rückkehr in den Schoß seiner Familie, wie sie einem Entgleist zuletzt verkaufen will, ist ein Fanal fürs konservativ bürgerliche Leben. Aus der Angst vor der Daseinsroutine wird die Angst vor der Wahrheit und schließlich die Angst ums eigene Leben und das der Familie. Aber zum Schluss ist der Böse einfach nur böse und der Gute, obgleich er aus dem Gleis sprang, darf mit Absolution durch die Staatsmacht sogar Rache nehmen. Da denke einer nur ans Ende des genau 60 Jahre zuvor entstandenen Film Noirs Straße der Versuchung (USA 1945), das diesen Konflikt um so vieles triftiger zum Abschluss führte. Schade! Eine gute erste Stunde wird vollkommen verschenkt und das Ganze hinterlässt einen faden Nachgeschmack.
Exzellente deutsche DVD-Edition von Buena Vista Home Entertainment (2006), bildtechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, mit fünf Tonspuren inkl. Deutsch und Englisch und 12 verschiedenen Untertitel, dazu ein Making Of, geschnittene Szenen und den Kinotrailer als Extras.
Entgleist ist ein Film-Noir-Thriller, den Jennifer Aniston zu meiner Überraschung nicht zerstören kann, und darin sie sich mit Clive Owen in einer guten Chemie findet. Besonders die ersten dreißig Minuten des Films überzeugen, solches langsame und glaubwürdige Intro ins Verderben, darin nicht zuletzt Rachael Blake (Lantana, AUS/GER 2001) und RZO mit Schauspielkunst auftrumpfen. Später ist Vincent Cassel (Hass, FRA 1995) als Philip LaRoche derjenige, der jede Szene an sich reißt, allerdings auch mit einer dankbaren (und für ihn typischen) Rolle bedacht ist, die er voll ausfüllt. Immer gut ist auch Giancarlo Esposito (Phoenix - Blutige Stadt, USA 1998), der den Police Detective Church spielt und seinen Charakter im Nu zu einem interessanten macht. Ja, beizeiten ist dieser Thriller wunderbar bösartig und fernab jedweder Hollywoodromantik, was er sowohl Cassel als auch der Gewalt verdankt, die unvermittelt brutal und schmerzhaft auftritt. Entgleist ist eingangs ein zeitgemäßer Neo Noir, ein Film mit einer klassischen Film-Noir-Geschichte und man denkt z.B. an André de Toths Pitfall (USA 1948) oder Fritz Langs Straße der Versuchung (USA 1945). Charles Schines tritt aus dem Gleis seiner bürgerlichen Existenz, darin das Familienleben und die Arbeitswelt ihn aufzureiben drohen. Die attraktive Lucinda Harris erscheint wie Nektar und Ambrosia in einem. Mit Philip LaRoche im Nacken wird sein Leben allerdings zu einem Horror, wie er ihn sich niemals vorgestellt hätte.
Nach zwei Drittel des Films verlassen den Regisseur Mikael Håfström und Drehbuchautor Stuart Beattie die guten Geister leider vollständig. In der letzten halben Stunde kehrt man zu allen Klischees der zeitgenössischen Thrillerkost zurück, die sich denken lassen. Aus dem passiven Film-Noir-Helden Charles Schines, den Clive Owen sauber porträtiert und der sich aus Angst vor Entdeckung tiefer und tiefer in eine ausweglose Lage bringt, wird plötzlich ein Rächer. Das doppelte Ende, wie es nun entwickelt und in Action-Manier dargeboten wird, ist vollkommen lachhaft, inklusive der unglaubwürdigen Details, die an dieser Stelle nicht preisgegeben werden können. Charles Schines’ Rückkehr in den Schoß seiner Familie, wie sie einem Entgleist zuletzt verkaufen will, ist ein Fanal fürs konservativ bürgerliche Leben. Aus der Angst vor der Daseinsroutine wird die Angst vor der Wahrheit und schließlich die Angst ums eigene Leben und das der Familie. Aber zum Schluss ist der Böse einfach nur böse und der Gute, obgleich er aus dem Gleis sprang, darf mit Absolution durch die Staatsmacht sogar Rache nehmen. Da denke einer nur ans Ende des genau 60 Jahre zuvor entstandenen Film Noirs Straße der Versuchung (USA 1945), das diesen Konflikt um so vieles triftiger zum Abschluss führte. Schade! Eine gute erste Stunde wird vollkommen verschenkt und das Ganze hinterlässt einen faden Nachgeschmack.
Exzellente deutsche DVD-Edition von Buena Vista Home Entertainment (2006), bildtechnisch topp und ungekürzt im Originalformat, mit fünf Tonspuren inkl. Deutsch und Englisch und 12 verschiedenen Untertitel, dazu ein Making Of, geschnittene Szenen und den Kinotrailer als Extras.