House On Telegraph Hill, The

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Bewertung
****
Originaltitel
House On Telegraph Hill, The
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1951
Darsteller

Richard Basehart, Valentina Cortese, William Lundigan, Fay Baker, Steven Geray

Regie
Robert Wise
Farbe
s/w
Laufzeit
90 min
Bildformat
Vollbild

 

 

 

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© Twentieth Century Fox Film Corporation
 
Im Jahr 1939 lebt Victoria Kowelska (Valentina Cortese) mit ihrem Ehemann in der Nähe von Warschau auf dem Land. Nachdem die deutsche Wehrmacht auf ihrem Vormarsch gen Ost von Victorias Zuhause nur ein paar Trümmer übrig ließ, wird sie ins Konzentrationslager Bergen-Belsen verschleppt. Dort lernt sie die Landfrau Karin Dernakova (Natasha Lytess) kennen, die einen kleinen Sohn hat, der aus Polen zu seiner Tante Sophie nach San Francisco verschickt werden konnte. Als Karin Dernakova kurz vor der Befreiung durch die US-Amerikaner stirbt, nimmt Victoria ihre Identität an. Nachdem Major Marc Bennett (William Lundigan) ihre Papiere eingesehen hat, wird sie in ein Auffanglager für Heimatlose eingewiesen, denn nach Warschau in Polen will sie keinesfalls zurückkehren. Der New Yorker Rechtsanwalt Joseph C. Callahan (Herbert Butterfield) teilt ihr per Telegramm mit, dass ihre Tante Sophie verstorben ist. Doch Victoria setzt alles daran, in die USA auszuwandern und erreicht im Jahr 1950 per Schiff die Stadt New York. In Callahans Büro trifft sie auf Alan Spender (Richard Basehart), der Karin Dernakovas Sohn Christopher (Gordon Gebert) vor 9 Jahren adoptierte, nachdem man davon ausging, dass dessen leibliche Mutter tot sei. Noch in New York, wo Spender aus Geschäftsgründen verweilen muss, setzt er Victoria/Karen auseinander, dass er selbst der Ehemann der verstorbenen Tante Sophie war. Und während die beiden einige Tage in der Metropole verleben, in deren Verlauf sie deren angenehme Seiten genießen, verliebt sich Victoria/Karen in ihren Wohltäter. Er reist mit ihr nach San Francisco, wo Victoria/Karen mit ihrem angeblichen Sohn Chris zusammen trifft und mit dem Treuhänder Alan Spender in das Haus auf dem Telegraph Hill Einzug hält…
 
"This is the House on Telegraph Hill, where I once thought I'd find peace and contentment”, erwähnt Victoria Kowelska in der Rückblende zu Beginn des Films. Die Parallele zu Alfred Hitchcocks Rebecca (USA 1940) ist offensichtlich. Auch dort steht ein viktorianisches Anwesen im Mittelpunkt der Erzählung, das mit einer einführenden Rückblende als Ort des nun überstandenen Geschehens vorgestellt wird. Zugleich muss man im Verlauf des Films an Hitchcocks Berüchtigt / Weißes Gift (USA 1946) denken, ebenso an George Cukors Das Haus der Lady Alquist (USA 1944) oder Douglas Sirks Schlingen der Angst (USA 1948). Tatsächlich ist The House On Telegraph Hill nach den ersten fünfzehn Minuten, als nun Victoria/Karen endlich in San Francisco eintrifft, mit Blick aufs „Frauenschicksal“ ein zunehmend altmodischer Thriller. Trotz der Regie von Film-Noir-Experte Robert Wise in Zusammenarbeit mit Kameralegende Lucien Ballard und auch trotz der Prämissen, mit denen das Drama anhebt, ist es nicht voll und ganz ein Film Noir. Dabei gibt es im Skript jene so typischen Ingredienzien: die Erzählung aus dem Off, die falsche Identität als auslösendes Schicksalsmoment, die Verarbeitung des Kriegstraumas - Verlust und Konzentrationslager - mit der Flucht aus Europa, der von Habgier bis an den Rand der Psychose getriebene Mörder, in dessen Fall das Motiv der falschen Identität sogar mehrfach zum Vorschein kommt. All das wären Parameter für einen Film Noir nach allen Regeln der Kunst. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass der Umgang des Films hiermit eigentümlich zurückhaltend, oberflächlich bleibt, was ein Signum der Zeit seiner Entstehung, nämlich der McCarthy-Ära sein könnte.
 
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© Twentieth Century Fox Film Corporation
 
Wie Charles Boyer in Das Haus der Lady Alquist (USA 1944) demaskiert sich Richard Basehart als der "Treuhänder“ Alan Spender sukzessive vor den Augen der Zuschauer und vor denen seiner Angetrauten. Zudem spielt William Lundigan als Marc Bennett eine eher untergeordnete Rolle. The House On Telegraph Hill löst im Finale sein durch Akzente einer kontinuierlich sich aufbauenden Spannung gegebenes Versprechen ein. Der Film funktioniert als Thriller durchaus; hier lässt sich Regisseur Robert Wise nicht die Butter vom Brot nehmen. Zudem schlägt er mit der heimatlosen Victoria Kowelska unterm Dach einer falschen Identität eine besondere Note an. Gerade die ersten fünfzehn Minuten sind sehr intensiv und wohl der Grund, warum der Film seinerzeit nicht ins deutsche Kino kam. Die Bundesrepublik Deutschland der Adenauer-Zeit vermied die Berührung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, soweit es irgend ging, insbesondere im Kinofilm als dem Medium der Volksunterhaltung schlechthin. Warum The House On Telegraph Hill bis heute nicht den Weg ins deutsche Fernsehen oder auf eine DVD schaffte, bleibt rätselhaft. Wenn auch kein Meisterwerk ist dieser Robert-Wise-Thriller ein allemal sehenswertes Stück Kinogeschichte am Rande des Film-Noir-Kanons.
 
Exzellente DVD der Twentieth CenturyFox Film Corporation (2006) mit dem bildtechnisch topp restaurierten Film im Originalformat, Tonspuren auf Englisch, Italienisch, Spanisch und fünf verschiedenen Untertiteln, darunter auch Deutsch. Als Extra gibt es den US-Kinotrailer.
 

Film Noir | 1951 | USA | Robert Wise | Lucien Ballard | Richard Basehart | Steven Geray | Valentina Cortese

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