Film Noir
| UK
| 1949
| George King
| Dennis Harkin
| Garry Marsh
| Kenneth Griffith
| Michael Medwin
| Sam Kydd
| Hazel Court
Bewertung
****
Originaltitel
Forbidden / Scarlet Heaven
Kategorie
Film Noir
Land
UK
Erscheinungsjahr
1949
Darsteller
Douglass Montgomery, Hazel Court, Patricia Burke, Garry Marsh, Ronald Shiner
Regie
George King
Farbe
s/w
Laufzeit
87 min
Bildformat
Vollbild
Das Seebad Blackpool an der Südküste Englands hat nahe der Strandpromenade einen Vergnügungspark. Am heutigen Abend rennt Jim Harding (Douglass Montgomery) durch die Menschenmenge, bis er schließlich im Hinterstübchen einer Bude auf Jeannie Thompson (Hazel Court) und deren Vater (Eliot Makeham) trifft. Harding zieht Jeannie mit sich in einen Nebenraum und berichtet ihr, was sich seit ihrem ersten Kennenlernen wirklich zugetragen habe… Professor Jim Harding ist lediglich Chemiker, der sich den Titel „Professor“ rein aus Werbezwecken zum Verkauf seiner Wundermittel zugelegt hatte. Mit seinem Geschäftspartner Dan Collins (Ronald Shiner) hatte er selbst eine Bude auf dem Gelände des Vergnügungsparks angemietet. Doch bei seinem Eintreffen dort machten sich bereits zwei Burschen daran sie herzurichten und gaben ihm zu verstehen, dass er verschwinden solle. In dem Streit erhielt er Unterstützung von Jeannie Thompson, die gegenüber an einem Stand für Getränke und Süßkram arbeitete und sich mit den Jungs anlegte. Doch als einer das Mädchen schlagen wollte, kam es zu einer Prügelei, aus der Jim Harding und Jeannie als Sieger hervorgehen. Dan Collins tritt von nun an als Verkäufer auf und Jim Harding posiert im Talar als Gelehrter. Eines Tages tritt aus der Menge Hardings früherer Lehrmeister Dr. Franklin (Frederick Leister) hervor und äußert sein Befremden über dessen Karriere. Jim Harding gibt ihm zu verstehen, dass er nach dem Krieg geheiratet habe. Seine Frau Dinah Harding (Patricia Burke), ehemals Revuegirl, beanspruche jedoch einen gewissen Lebensstil…
“Suspenseful dark thriller boasting a plethora of well-rounded characters from independent producer/director George King”, heißt es bei Britmovie über diesen nahezu unbekannten Film Noir von der Insel und es stimmt. Das tiefere Vergnügen besteht für den Cineasten darin, sich an der Schar wundervoll porträtierter, schräger Charaktere zu erfreuen, denen die Erzählung reichlich Aufmerksamkeit und Respekt zollt. Forbidden / Scarlet Heaven beeindruckt an vielen Stellen mit seiner Toleranz und mit einer unerwarteten Obskurität des Personals. Allein Ronald Shiner und Kenneth Griffith (Tiger-Bay, UK 1959) sind Charakterdarsteller vom Feinsten, die ihre Figuren mit bemerkenswerter Präzision zum Leben erwecken und deren komische Facetten sie nie überzeichnen. Über weite Strecken bewegt sich auch die Handlung auf konstant solidem Niveau, mit dem Trio der Kontrahenten als ebenbürtig in ihrer Liebe und im Hass füreinander. Die Geschichte ist simpel, aber im Verlauf des zweiten Drittels mit Wendungen gespickt, die in zunehmende Dunkelheit und ins Terrain des Film Noirs führen. Hierbei schafft es Regisseur und Produzent George King das Spannungsmoment und die Attraktivität der B-Produktion oben zu halten, wofür eine Reihe von Faktoren ausschlaggebend ist. Neben seinem erstklassigen Ensemble bestechen die Außenaufnahmen im Seebad Blackpool, das dynamische Setting im Vergnügungspark sowie vor allem die frisch aufspielenden Damen Hazel Court und Patrica Burke. Der US-Amerikaner Douglass Montgomery war in den Dreißigern in Hollywood erfolgreich, bevor er in den Vierzigern vor allem in britischen Produktionen auftrat. Er ist kein großer Schauspieler, aber den passiven, unschlüssigen, zerstreuten Chemiker, dessen Hoffnungen sich nach dem Krieg und besonders nach seiner Heirat nie erfüllten, mimt er überzeugend.
Eine lange Rückblende, ein Erzähler aus dem Off und Blackpool bei Nacht – auch damit bewegt sich Forbidden / Scarlet Heaven über weite Strecken im Kontext der für seine Zeit einflussreichen Stilmittel des Film-Noir-Kinos. Im letzten Drittel wird die Sache leider vorhersehbar. Das “Happy End“ als kalkuliertes Moment des kommerziellen Erfolgs schimmert durch eine Dramaturgie, deren Redundanz zunehmend auffällig wird. Das Finale ist im Ganzen klasse inszeniert, doch in seinen Details nicht überzeugend und das Ende ist leider banal. Zwei Dinge sind erwähnenswert, da sie zur strikten Zensur jener Jahre im Widerspruch zu stehen scheinen. Dass die Liebenden im Nu ein außereheliches Verhältnis miteinander haben, welches sie die Nächte gemeinsam verbringen lässt, - “Six o’clock comes awfully early, doesn‘t it?“ – wird in keiner Weise moralinsauer verurteilt. Dass der Protagonist seine Tötungsabsicht entschlossen umsetzt, ohne mit einer Verurteilung dafür büßen zu müssen, erweist sich zuletzt ebenfalls als ein Fakt, aus dem keine Zerknirschung oder Sühne entspringt. Sicher kein Meisterwerk, doch ein im Ganzen sehenswerter Film Noir des britischen Nachkriegskinos, der zu Unrecht in Vergessenheit geriet und zeitenweise sogar verloren schien.
Bildtechnisch hervorragende DVD-Edition (2008) von Odeon Entertainment (UK) in deren Reihe The Best of British Collection mit dem Film ungekürzt im Originalformat, den englischen Originalton ohne Untertitel und einem exquisiten Essay von Alan Byron und John Cohen im beigelegten 4-seitigen Booklet als Extra.