schwarze Buch, Das / Dämon von Paris

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
The Black Book / Reign Of Terror
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1949
Darsteller

Robert Cummings, Arlene Dahl, Richard Basehart, Richard Hart, Arnold Moss

Regie
Anthony Mann
Farbe
s/w
Laufzeit
86 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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Frankreich im Juli 1794, fünf Jahre nach der Revolution: Das Land versinkt im Chaos der Willkürherrschaft von Maximilien Robespierre (Richard Basehart) und dessen Getreuen Georges Jacques Danton (Wade Crosby) und Louis Antoine de Saint-Jus (Jess Barker). Mit seiner rigoros betriebenen Strategie der Entmachtung und Eliminierung politischer Gegner aller Lager strebt Robespierre nach der Alleinherrschaft. Sogar seinen Weggefährten Danton lässt er kaltblütig und ohne Gerichtsverhandlung durch die Guillotine enthaupten… Indessen reitet Charles D'Aubigny (Robert Cummings) nach Österreich, wo er an einem verlassenen Ort den Marquis de Lafayette (Wilton Graff) trifft, einen Erzfeind Robespierres und Kopf einer Verschwörung gegen ihn. In Straßburg sorgt der dortige Ankläger und Richter der Revolution, ein Mann namens Duval, für eine blutige Ernte, die Robespierre und den Chef seiner Geheimpolizei, Joseph Fouché (Arnold Moss), sehr beeindruckt. Robespierre beschließt, sich den Bürger Duval für einen Spezialauftrag nach Paris zu bestellen, denn er fürchtet die starke Stellung von Paul François Barras (Richard Hart) in der Nationalversammlung. Zum Zweck des Treffens steigt Duval in Straßburg in einer Herberge ab, wo ihn jedoch die Häscher Lafayettes erwarten und ermorden. Niemand als Charles D’Aubigny soll nun in Paris die Rolle Duvals übernehmen, dem weder Robespierre noch Saint-Jus jemals begegneten…
 
“This black-comedy treatment of the French Revolution as gangster film is like a nonstop devil-wind of shrapnel, its paranoid compositions and camerawork so charged it has to explode”, schreibt Richard T. Jameson über dieses Machwerk und seine bilderreiche Sprache wird dem seinerseits völlig unglaublichen Film gerecht. 15 Jahre bevor Susan Sontag mit dem Essay Notes on Camp (EA 1964) ihren Durchbruch als intellektuelle Kapazität ihrer Zeit erlebte, ist Anthony Manns Das schwarze Buch / Dämon von Paris ein früher Meilenstein jener Camp-Kultur. Retrospektiv hat die Kulturrezeption gerade in den überbordenden und dekadenten 50er und 60er Jahren das Zentrum der kulturellen Strömung diagnostiziert, da die Populärkultur sich augenzwinkernd und ihrer selbst bewusst jenseits tradierter Spielregeln von Kulturschaffen inszenierte – ironisch, opulent, verquer, provokant. Solch rabenschwarzes Kostümdrama ist kein Historienfilm, eine mit Mitteln der Zeit inszenierte Spielhandlung, die eine semidokumentarische Bebilderung der Epoche liefern soll. Er ist geradezu alles, nur eben das nicht. Was Regisseur Anthony Mann, Produzent Walter Wanger und der großartige Kameramann John Alton schufen, ist ein drastisch absurdes Spektakel, das auf seiner historischen Matrize inmitten der restaurativen, erzkonservativen politischen Dämmerung der aufziehenden Ära von Edgar J. Hoover, Joseph McCarthy und Dwight D. Eisenhower das Mahnmal einer Willkürherrschaft staatlichen Terrors heraufbeschwört.
 
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© Koch Media GmbH

 
„Es wäre unsinnig, den Film auf eine „linke“ oder „rechte“ Lesart festnageln zu wollen, ihn nach seiner wahren Gesinnung zu befragen“, schreibt der Kulturjournalist Thomas Willmann in seinem Essay zur deutschen DVD in der Film Noir Collection der Koch Media GmbH, der weltweit besten Edition. Und das trifft natürlich zu, denn Das schwarze Buch / Dämon von Paris ist zwar ein Film Noir, der die politischen Ränkespiele eines vergangenen Zeitalters bebildert, sich andererseits in seiner eigenen Zeit vor dem Generalverdacht einer ideologischen Nähe zum Kommunismus schützen musste. Und dies war, wie Dutzende Verurteilungen und Berufsverbote in jenen Tagen belegen, eine heikle und schwierige Sache. So sprechen seine motivischen und thematischen Setzungen, die in eine abstruse, historisch inakkurate Thrillerhandlung gebettet sind – Das schwarze Buch / Dämon von Paris ist Hollywood in Reinkultur und es ist nicht abwertend gemeint – eine ganz eigene Sprache. Niemand kann seinem nächsten vertrauen, kein Tag und keine Nacht sind sicherer Grund vor einem Anschlag, Attentat, Umsturz. Von den falschen Identitäten über die Schatten der Vergangenheit bis zum Erzähler aus dem Off ist dieser von John Alton in tiefe Nacht getauchte B-Film Anthony Manns ein Opus Noir. Richard Basehart und Arnold Moss sind wunderbar besetzt, Robert Cummings ist solide, obgleich etwas schwächer, Arlene Dahl ist rein dekorativ. Man kann Das schwarze Buch / Dämon von Paris wegen seiner abstrusen Handlung ablehnen und geringschätzen. Oder man kann den Film aufgrund seiner Bilderwelten und seiner beklemmend surrealen Atmosphäre mit knapp vier Sternen bewerten, was ich vorziehe. Obwohl Teil der frühen Camp-Kultur blieb er in vieler Hinsicht ein einzigartiges Phänomen.
 
Erneut eine exzellente DVD-Edition (2013) in der Film Noir Collection (Nr. 14) der Koch Media GmbH im Digipack mit eingeklebtem 11seitigen Booklet, das den Filmessay Thomas Willmanns und Szenenfotos enthält: der Film selbst ungekürzt im Originalformat mit wahlweise deutschem oder englischem Ton, dazu optional englische Untertitel. Sehr empfehlenswert!
 

Film Noir | 1949 | USA | Anthony Mann | John Alton | Charles McGraw | Dan Seymour | John Doucette | Richard Basehart | Robert Cummings | Royal Dano | Russ Tamblyn | Arlene Dahl

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