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Zelle R 17

Bewertung
*****
Originaltitel
Brute Force
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1947
Darsteller

Burt Lancaster, Hume Cronyn, Charles Bickford, Ella Raines, Yvonne de Carlo

Regie
Jules Dassin
Farbe
s/w
Laufzeit
102 min
Bildformat
Vollbild
 

 

Bild  Zelle R 17-Poster-web1.jpg Bild
© Universal-International Pictures Inc.
 
Das Staatsgefängnis Westgate Penitentiary an einem verregneten Morgen: Joe Collins (Burt Lancaster) ist ein Gefangener in der Zelle R 17 – zusammen mit vier weiteren Häftlingen. Sie alle leiden unter dem sadistischen Aufseher Captain Munsey (Hume Cronyn), den der schwächliche Anstaltsdirektor A.J. Barnes (Roman Bohnen) nicht unter Kontrolle halten kann. Auch die übrigen Angestellten wie der Gefängnisarzt Dr. Walters (Art Smith), ein desillusionierter Alkoholiker, hassen Munseys Regime und stehen den Häftlingen näher als ihrem Kollegen. Der von Ehrgeiz zerfressene Munsey hat es darauf abgesehen, den Willen aller Inhaftierten zu brechen und sie sich gefügig zu machen. Ein sadistisches System aus Belohnung und Bestrafung, aus Versprechen und Sanktionen obliegt seiner Willkür und seinem unstillbaren Hass. Bei den Gefängnisinsassen schüren solche Zustände Angst, Misstrauen und Resignation, wovon wiederum Munsey profitiert. Deshalb hat er es auf Joe Collins, der sich weder einschüchtern lässt noch unterordnet, besonders abgesehen. Getrieben vom Abscheu vor Munsey und den sehnsüchtigen Erinnerungen an ihre Frauen und die Freiheit, planen die fünf von Zelle R 17 einen Ausbruch. Doch Munsey hat seine Spitzel überall und setzt sie unter Druck, um alle ihm dienlichen Informationen zu erhalten…
 
Zelle R 17 (ein nichtssagender deutscher Titel) ist einer der härtesten Film Noirs seiner Zeit und einer der brutalsten Hollywoodfilme der Vierziger. Im gleichen Jahr in den Kinos wie der ebenso subversive Film Noir Der Scharlatan (USA 1947) hat dieses Werk mit Burt Lancaster in der Hauptrolle - in direkter Nachfolge seines Debüts in Robert Siodmaks Rächer der Unterwelt / Die Killer, 1946 - das US-Publikum schockiert. Seinen Regisseur und mehrere Schauspieler brachte Zelle R 17 ins Visier des Komitees für unamerikanische Umtriebe (HUAC) und Jules Dassin als einen der Hollywood Ten schließlich ins europäische Exil. Als Auftakt seiner bis 1950 insgesamt drei in den USA plus eines in England gedrehten Film Noirs ist Zelle R 17 sowohl ein Meisterstück Dassins als auch eines des Drehbuchautors Richard Brooks (Kaltblütig, USA 1967) und des couragierten Produzenten Mark Hellinger (Stadt ohne Maske / Die nackte Stadt, 1948). Perfekt in der Besetzung, intensiv in der Darstellung, beklemmend in der Inszenierung und in seiner schlussendlichen Konsequenz hat Brute Force (= Originaltitel) nie die Anerkennung und Verbreitung gefunden, die ihm zukommen sollte. Meist fungiert er als Fußnote des Frühwerks von Brooks, Dassin und Lancaster, obwohl er in den USA in einer edlen Ausgabe längst ein Bestandteil der renommierten Criterion Collection ist.
 
Zelle R 17 spielt in der Gegenwart seiner Filmhandlung durchgehend im Gefängnis und zeichnet sich wie im Fall von Jacques Beckers Das Loch (FRA/ITA 1960) durch einen klaustrophobischen und deprimierenden Grundtenor aus. Zugleich gibt es Rückblenden, die das Vorleben von vier Häftlingen zeigen, vor allem die Beziehungen zu ihren Frauen. Ann Blyth (Solange ein Herz schlägt, 1945), Yvonne de Carlo (Gewagtes Alibi, 1949), Ella Raines (Zeuge gesucht, 1944) sowie das Model Anita Colby sind dafür wunderbar ausgewählt – lauter Frauen mit jeweils einer für den Film Noir perfekten Aura. Die Sehnsuchtsräume der Rückblenden öffnen den Film dramaturgisch und erschließen dem Zuschauer die Rollencharaktere nochmals präziser. Captain Munseys Bühne bleibt das Westgate Penitentiary – er ist der Gefangene seiner Zwänge und Obsessionen. In Cameo-Rollen spielen Charles McGraw und Edmond O'Brien (beide mit Lancaster in Rächer der Unterwelt / Die Killer, 1946) als namenlose Häftlinge.
 
Bild Bild Bild
© Concorde Home Entertainment GmbH
 
Doch wie hat der Film 1947 die von John Breen geleitete Production Code Administration, die alle Filme vor Kinostart abzusegnen hatte, in dieser Version passieren können? Schon in der Vorphase der McCarthy-Ära unterlag deren Zensur politischen Einflüssen, wie das Schicksal Jules Dassins und anderer Hollywoodgrößen bald verdeutlichte. Während bei Orson Welles und Alfred Hitchcock aller Schrecken (noch) von einem Ende gekrönt wurde, das dem Zuschauer als Wiederherstellung der bürgerlichen Ordnung erscheinen konnte, gehört Brute Force zu den wenigen Beispielen, die im Finale - inspiriert von einem Aufstand auf der Gefängnisinsel Alcatraz im Mai 1946 - konsequent ans Eingemachte gehen. Unbedingt ansehen!
 
Schon die erste in den USA codefree erschienene DVD-Edition (Image Entertainment, 1998) sowie natürlich die nachfolgende in der Criterion Collection (2007) zeigen den Film bildtechnisch exzellent restauriert, ungekürzt und im Originalformat, sowie mit original englischem Ton und reichlich Extras. Die auch in Deutschland bei der Concorde Home Entertainment GmbHin in jeweils einer qualitativ hochwertigen Editionen veröffentlichten BD und DVD (2013)sind leider schon wieder vergriffen.
 

Film Noir | 1947 | USA | Jules Dassin | William H. Daniels | Art Smith | Burt Lancaster | Charles Bickford | Charles McGraw | Edmond O'Brien | Howard Duff | Howland Chamberlain | Hume Cronyn | James Bell | Jay C. Flippen | Jeff Corey | John Harmon | John Hoyt | Ray Teal | Sam Levene | Vince Barnett | Whit Bissell | Ann Blyth | Ella Raines | Yvonne De Carlo
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